Büchmann Georg

Geflügelte Worte: Der Citatenschatz des deutschen Volkes


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der Macht Jesu über die "unsauberen Geister", oder "den unsauberen Geist", welcher Luk. 4, 33 "unsauberer Teufel" heisst, ist die Rede Matth. 10, 1; Mark. 1, 23-27; 5, 2-9; 9, 25; Luk. 4, 33-35; 8, 29; Mark. 3, 11; vom Ausfahren des "unsauberen Geistes" ausser an einigen der citierten Stellen: Matth. 12, 43 u. Luk. 11, 24.—

      Ihre Zahl ist Legion

      beruht auf Mark. 5, 9, wo der "unsaubere Geist" spricht: "Legion heisse ich, denn unser ist viel" und Luk. 8, 30, wo der Teufel sagt, dass er "Legion" heisse; "denn es waren viel Teufel in ihn gefahren".—

      Mark. 6, 26 heisst es vom Herodes "er ward betrübt", weil Herodias ihn um des Täufers Haupt gebeten, "doch um des Eides willen und derer, die am Tische sassen, wollte er sie nicht lassen

      eine Fehlbitte thun".

      Im Text aber steht gerade diese Wendung nicht, so dass wir damit nicht Markus, sondern Luther citieren.—

      Das Scherflein der Witwe

      beruht auf Mark. 12, 42 und Luk. 21, 1-4, wo jedoch von "zwei Scherflein" (= einem Heller) die Rede ist;

      der Glaube macht selig

      auf Mark. 16, 16: "Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden: wer aber nicht glaubet, der wird verdammet werden". ("Wer's glaubt, wird selig", sagt das Volk zu einer wenig glaubwürdigen Erzählung.)—

      Mit Zungen reden

      ist Mark. 16, 17 entnommen; auch kommt es Apostelgeschichte 2, 4; 10, 46; 19, 6 und 1. Korinth. 14 vielmals vor. In den ersten beiden Stellen, wo es "mit neuen" und "mit andern Zungen" lautet, bedeutet es "in fremden Sprachen reden", in den folgenden Stellen ohne Beiwort hat es den Sinn "vom heiligen Geist erfüllt reden".—

      

      Aus Lukas 1, 66 citieren wir:

      Was wird (eigentlich: will) aus dem Kindlein werden!

      aus Luk. 2, 13:

      Die Menge der himmlischen Heerscharen;

      aus Luk. 2, 52:

      Zunehmen an Alter und Weisheit;

      und aus Luk. 6, 38:

      Gebet, so wird euch gegeben. Ein voll, gedrückt, gerüttelt und überflüssig Mass (wird man in euren Schoss geben: denn eben) mit dem Mass, da ihr (mit) messet, wird man euch wieder messen.

      (vrgl. Matth. 7, 2 u. Mark. 4, 24.)—

      Nach Luk. 9, 55: "Welches Geistes Kinder" citiert man:

      Wess Geistes Kind.—

      Luk. 10, 7 und 1. Tim. 5, 18 heisst es:

      (Denn) ein Arbeiter ist seines Lohnes wert,

      während es Matth. 10, 10 "seiner Speise" lautet.—

      Das Gleichnis vom

      barmherzigen Samariter,

      Luk. 10, 30-37, schliesst Jesus:

      (So) gehe hin und thue desgleichen.

      Wir reden danach auch von einem

      Samariterdienst.—

      Nach Luk. 10, 34 citieren wir:

      Öl in die Wunden giessen,

      und nach 10, 40 und 41 sprechen wir von der

      geschäftigen Martha.—

      Wenn wir sagen, dass wir

      das bessere Teil erwählt haben,

      so gestalten wir den Ausdruck in Luk. 10, 42 um: "Maria hat das gute Theil erwählet".—

      

      Luk. 10, 42 steht:

      Eins aber ist not.—

      Aus Luk. 12, 19: "Liebe Seele . . ., habe nun Ruhe" ist abgeleitet:

      Nun hat die liebe Seele Ruh'.—

      Das "Nötige sie, hereinzukommen", Luk. 14, 23, übersetzt die Vulgata mit:

      Compelle intrare.

      In dieser Form wurde es zur Rechtfertigung der gegen die Ketzer angewendeten Gewalt gebraucht und dient noch heute dazu, um die Ausübung irgend eines Zwanges auszudrücken. Viel wird auch citiert das sich unmittelbar an diese Worte anschliessende:

      auf dass mein Haus voll werde.—

      Auf Luk. 15, 11-32 beruht:

      der verlorene Sohn,—

      welcher V. 18 heimzukehren und zum Vater zu sagen beschliesst:

      pater, peccavi[12] (Vater, ich habe gesündiget).

      V. 21 führt er diesen Vorsatz aus, worauf der verzeihende Vater

      ein fettes Kalb

      (wörtlich: "ein gemästetes" V. 23) zu Ehren des Wiedergefundenen schlachten lässt.—

      [12] So ruft schon der goldgequälte Midas bei Ovid ("Met." 11, 132) zum Bacchus: "Da veniam, Lenaee pater; peccavimus . . ." "Vater Lenaeus, verzeih'; ich habe gesündiget . . ."

      Aus Lukas 16, 8 (vrgl. 20, 34): ". . . die Kinder dieser Welt sind klüger, denn die Kinder des Lichts...; leiten wir die Worte her:

      

      Kinder der Welt, Weltkind, Weltklug und Weltklugheit.—

      Lukas 16, 9 und 11 bietet das Wort:

      Ungerechter Mammon.—

      Aus Lukas 16, 19 ist:

      Herrlich und in Freuden leben;

      aus Lukas 16, 20:

      Arm wie Lazarus

      (dessen Name in "Lazareth" und "Lazzaroni" verewigt ist);

      aus Lukas 16, 22 und 23:

      In Abrahams Schoss.—

      Lukas 16, 26 sagt Abraham, den Lazarus im Schoss liegend, vom Himmel herab zu dem aus der Hölle emporflehenden Reichen: ". . über das Alles ist zwischen uns und euch

      eine grosse Kluft

      befestiget, dass die da wollten von hinnen hinab fahren zu euch, können nicht, und auch nicht von dannen zu uns herüber fahren".—

      Moses und die Propheten haben

      dient uns als scherzhafte Hindeutung auf den Geldbesitz der Juden. Luk. 16, 29 sagt nämlich Abraham zu dem aus der Hölle für seine fünf Brüder bittenden Reichen: "Sie haben Moses und die Propheten; lass sie dieselbigen hören". Hieraus ist das Wort entlehnt und dessen falsche Anwendung mag daher rühren, dass "Moos haben" für "Geld haben" damit verquickt wurde.

      Das jüdische Wort "Moos" für "Geld" ist der schlecht gesprochene Pluralis eines nur im Junghebräischen der Mischna vorkommenden Wortes, welches im Singularis eine kleine Münze = 1/6 Denar bedeutet (Buxtorf, Lexikon Talmud. S. 1236).—

      

      Auf Grund der Evangelien überhaupt und besonders nach Lukas 18, 10ff. ist uns der

      Pharisäer

      zum Typus der Selbstgerechtigkeit geworden, dessen Gebet Lukas 18, 11:

      Ich danke dir Gott, dass ich nicht bin wie andre Leute

      wir solchen Selbstgerechten gern ironisch in den Mund legen; während das Gebet des Zöllners, Lukas 18, 13:

      Gott sei mir Sünder gnädig!

      noch heut mit bescheidenem Ernst aus dem Herzen des Demütigen quillt. Aus demselben Verse citieren wir im Sinne des zerknirscht Insichgehens das Wort:

      an seine Brust schlagen,

      das