war wirklich schön in diesem Augenblicke, und obgleich Anzoleto nicht unter einem künstlerischen Gesichtspunkte dessen gewiss war, so konnte er doch nicht unterlassen, es zu sagen, weil sein Herz es lebhaft fühlte.
– Was soll das aber nur, sagte Consuelo, in dem nämlichen Augenblicke ganz bleich geworden und ganz abgespannt, was soll es nur, dass du mich heute durchaus schön finden willst?
– Möchtest du es denn nicht sein, teure Consuelo?
– Ja, für dich.
– Und für die anderen?
– Ich frage nichts danach.
– Wenn es nun aber eine Bedingung für unsre Zukunft wäre?
Anzoleto fing nun an, weil er die Unruhe sah, welche er seiner Freundin verursacht hatte, ihr ganz unbefangen zu erzählen, was zwischen dem Grafen und ihm vorgegangen war, und als er an die wenig schmeichelhaften Ausdrücke kam, in welchen Zustiniani sich über sie geäußert hatte, schlug Consuelo, welche nach und nach wieder ruhig geworden war, denn sie glaubte jetzt zu sehen was es gab, ein helles Gelächter auf, während sie sich noch die letzten Tränen aus den Augen wischte.
– Wie? rief Anzoleto voll Erstaunen, dass er sie so frei von aller Eitelkeit fand, mehr regt dich das nicht auf, mehr Verdruss macht es dir nicht? Aha! ich sehe, Consuelina, Sie sind eine kleine Kokette: Sie wissen es wohl, dass Sie nicht hässlich sind.
– Höre, entgegnete sie lachend, weil du nun einmal solche Possen ernst nimmst, muss ich dich doch ein bischen beruhigen. Ich bin niemals kokett gewesen: ich bin nicht schön und ich will mich nicht lächerlich machen. Aber hässlich, siehst du, hässlich bin ich nicht mehr.
– Fürwahr, das hat dir jemand gesagt. Wer hat dir das gesagt, Consuelo?
– Erstlich meine Mutter, die sich um meine Hässlichkeit nie gegrämt hat. Sie sagte oft, das würde sich schon geben und sie wäre als Kind noch hässlicher gewesen, und doch weiß ich von vielen Leuten welche sie früher gekannt haben, dass sie zu zwanzig Jahren das schönste Mädchen von Burgos war. Du erinnerst dich auch wohl, dass in den Cafés wo sie sang, mancher der sie ansah, sagte: Diese Frau muss schön gewesen sein. Siehst du, mein armer Freund, so geht es mit der Schönheit, wenn man arm ist; ein Augenblick ist’s: erst ist man noch nicht schön, und gleich nachher ist man es nicht mehr. Vielleicht werd’ ich’s noch, wer weiß? wenn ich mich nicht zu sehr anzustrengen brauche, wenn ich schlafen kann und nicht zu viel hungern muss.
– Consuelo, wir verlassen einander nicht; bald werde ich reich sein und es wird dir an nichts fehlen. Dann kannst du schön sein nach Herzenslust.
– Nun wohl. Gott helfe uns dazu!
– Aber das alles nutzt uns für den Augenblick zu nichts, es kommt nur darauf an, ob dich der Graf schön genug finden wird um aufzutreten.
– Verwünschter Graf, wenn er nur nicht zu viel Schwierigkeiten macht.
– Also erstlich, hässlich bist du nicht?
– Ich bin nicht hässlich. Neulich hörte ich, wie der Perlenmacher drüben zu seiner Frau sagte: Weißt du wohl, die Consuelo ist nicht garstig; sie hat eine schöne Taille, und wenn sie lacht, hüpft einem das Herz im Leibe, und wenn sie singt, sieht sie allerliebst aus.
– Und was sagte darauf des Perlenmachers Frau?
– Sie sagte darauf: Was schiert das dich, Dummkopf? guck’ auf deine Arbeit: was hat ein verheirateter Mann die jungen Mädchen anzugaffen?
– Sah sie böse dabei aus?
– Ganz böse.
– Das ist ein gutes Zeichen. Sie gestand sich, dass ihr Mann nicht unrecht hatte. Und dann noch weiter?
– Und dann noch weiter, die Gräfin Mocenigo, welche mir Arbeit gibt und sich meiner immer angenommen hat, sagte letzte Woche zu dem Doctor Ancillo, der, als ich eintrat, gerade bei ihr war: Sehen Sie doch, Herr Doktor, wie diese Zitella gewachsen ist, und sie ist recht weiß und hübsch geworden!
– Und was sagte der Doctor darauf?
– Er sagte darauf: In der Tat, Madame, beim Bacchus! ich hätte sie nicht wieder erkannt; sie gehört in die Klasse des phlegmatischen Temperaments, und diese Personen werden weiß, wenn sie ein wenig zunehmen. Sie wird noch ein schönes Mädchen werden, das sollen Sie sehen.
– Und dann noch weiter?
– Und dann noch weiter, die Superiorin von Santa-Chiara, die mir Stickereien für ihre Altäre zu machen gibt, sagte zu einer Schwester: Da, sagt nun einmal selbst, ob ich nicht recht hatte, dass die Consuelo unsrer heiligen Cäcilia gleicht? So oft ich vor dem Bilde bete, muss ich unwillkührlich an diese Kleine denken, und dann bete ich für sie, dass sie nicht in Sünde fallen möge und dass sie immer nur für die Kirche singen möge.
– Und was sagte die Schwester darauf?
– Die Schwester sagte darauf: Es ist wahr, Mutter, es ist wahrhaftig wahr. Da bin ich denn geschwind in ihre Kirche gelaufen und habe mir die heilige Cäcilia angesehen, die ist von einem großen Meister und ist schön, sehr schön!
– Und sieht dir gleich?
– Ein wenig.
– Und das hast du mir nie erzählt?
– Ich habe nicht weiter daran gedacht.
– Liebe Consuelo, also bist du schön?
– Ich glaube nicht, aber ich bin nicht mehr so hässlich als es immer gesagt wurde. So viel ist gewiss, dass es jetzt nicht mehr gesagt wird. Freilich könnte dies auch daher kommen, dass die Leute glauben, es würde mich jetzt schmerzen.
– Komm, Consuelina, sieh mich einmal recht an. Deine Augen sind erstlich die schönsten von der Welt!
– Aber ich habe einen großen Mund, sagte Consuelo lachend und nach einem Stück von einem zerbrochenen Spiegel langend, welches ihr als Psyché diente.
– Klein ist er nicht, erwiderte Anzoleto, aber die schönen Zähne! es sind lauter Perlen, und du zeigst sie alle, wenn du lachst.
– Nun, dann musst du mir etwas sagen, das mich lachen macht, wenn wir bei dem Grafen sein werden.
– Hast du nicht prächtige Haare, Consuelo?
– Das, ja! willst du sie sehen? Sie zog ihre Nadeln heraus und ein Strom schwarzer Haare, worauf die Sonne wie in einem Spiegel blitzte, rann bis zum Boden nieder.
– Du bist breit in der Brust, schmal über den Hüften und deine Schultern sind … oh! gar schön, Consuelo! Warum verbirgst du sie mir? Ich verlange ja nur zu sehen, was du doch bald dem Publikum wirst zeigen müssen.
– Ich habe einen ziemlich