welche er ihr zeigte, um ihren Geliebten mit ihrer Nebenbuhlerin in wollüstigem Beisammensein zu erblicken.
Sie wandte sich augenblicklich wieder ab und Porpora, der, voll Furcht, dass in der Verzweiflung ein Schwindel sie ergriffe, mit übermenschlicher Kraft sie festhielt, führte sie wieder in das untere Stockwerk hinab und ließ sie in sein Zimmer treten, wo er Tür und Fenster schloss, um den Ausbruch, welchen er erwartete, in Heimlichkeit zu begraben.
3.
Es gab aber keinen Ausbruch. Consuelo war stumm und zerschmettert. Porpora redete sie an. Sie antwortete nicht, und deutete ihm mit der Hand an, nichts zu fragen; dann stand sie auf, trank in heftigen Zügen eine ganze Karaffe mit Eis gekühlten Wassers aus, welche auf dem Klavier stand, ging ein paar Mal im Zimmer auf und nieder und setzte sich wieder ihrem Lehrer gegenüber ohne ein Wort zu sprechen.
Der starre Greis begriff die Tiefe ihres Leidens nicht.
– Nun, sprach er, hatte ich dich getäuscht? Was denkst du jetzt zu tun?
Ein Schmerzensschauder durchzuckte die Bildsäule; sie fuhr mit der Hand über ihre Stirn, dann, sprach sie:
– Nichts denke ich zu tun, bis ich begreife, was mir geschieht.
– Was ist denn noch zu begreifen?
– Alles! denn ich begreife noch nichts. Sie sehen mich sinnen, um die Ursache meines Unglücks zu entdecken, und ich finde nichts was es mir erklären könnte. Was habe ich denn dem Anzoleto Leides getan, dass er mich nicht mehr liebt? Welche Schuld habe ich auf mich geladen, dass ich in seinen Augen verächtlich worden bin? Sie können es mir nicht sagen, Sie können nicht, denn ich, die ich mein Gewissen frage, ich sehe nichts darin was mir den Schlüssel dieses Rätsels gäbe. Oh, ein unbegreifliches Wunder ist es. Meine Mutter hat an die Kraft von Liebestränken geglaubt: ob diese Corilla, ob sie vielleicht zu zaubern versteht?
– Armes Kind! sagte der Maestro, wohl ist hier eine Zauberin im Spiele, aber sie heißt: Eitelkeit! jawohl ein Zaubertrank, aber er heißt: Neid. Mag diesen die Corilla eingeschenkt haben, angesteckt damit hat sie diese Seele nicht, die so empfänglich dafür war. Anzoleto’s unreine Adern durchströmte dieses Gift schon längst. Eine Dosis mehr hat ihn aus einem Betrüger, was er war, zu einem Verräter, aus einem Undankbaren, was er immer war, zu einem Treulosen gemacht.
– Was für Eitelkeit? Was für Neid?
– Die Eitelkeit alle anderen zu übertreffen, der Neid, dich zu übertreffen, die Wut von dir übertroffen zu sein.
– Ist das glaublich? Kann ein Mann eifersüchtig sein auf die Vorzüge einer Frau? Kann ein Liebender den Erfolg seiner Geliebten hassen? Gibt es denn wirklich dergleichen, was ich gar nicht weiß, was ich durchaus nicht begreifen kann?
– Du wirst es nie begreifen, aber erfahren wirst du es in jeder Stunde deines Lebens. Wisse, dass ein Mann in der Tat ein Weib beneiden kann, wenn dieser Mann ein eitler Künstler ist, und dass ein Liebhaber die Erfolge seiner Geliebten hassen kann, wenn das Theater dies Sphäre ist, in der sie sich bewegen. Ein Schauspieler ist kein Mann, Consuelo! ein Schauspieler ist ein Weib. Er lebt nur von krankhafter Eitelkeit, er denkt an nichts als an die Befriedigung seiner Eitelkeit, er ringt nach nichts als sich in Eitelkeit zu berauschen. Die Schönheit eines Weibes tut ihm Schaden. Das Talent eines Weibes sticht das seinige aus. Ein Weib ist sein Nebenbuhler, oder vielmehr er ist die Nebenbuhlerin eines Weibes; er vereinigt in sich alle Kleinlichkeiten, Launen, Ansprüche und Lächerlichkeiten einer Kokette. Sieh, das ist der Charakter der meisten Männer vom Theater. Es gibt große Ausnahmen, aber sie sind selten, sie sind so verdienstlich, dass man sie fußfällig verehren und sie höher schätzen sollte als die gelehrtesten Doctoren. Anzoleto gehört nicht zu den Ausnahmen, vielmehr ist er unter den Eiteln der Eitelsten einer: das ist der Schlüssel zu seinem ganzen Betragen.
– Aber wie unbegreiflich ist diese Rache! wie armselig, wie wirkungslos diese Ausflucht! Was kann denn die Corilla ihm zur Entschädigung bieten für das was ihm beim Publikum fehlgeschlagen ist? Wenn er mir sein Leid offen bekannt hätte … ach, es brauchte nur ein Wort! vielleicht würde ich ihn begriffen haben, jedenfalls mit ihm gelitten; ich hätte auf mich selbst verzichtet, um ihm Raum zu machen.
– Eiteln Seelen ist es eigen, die Menschen um des Glückes willen zu hassen, das diese ihnen wegnehmen. Und die Liebe, ach! ist es ihr nicht eigen, dem Geliebten die Freuden zu missgönnen, die man ihm nicht selbst bereitet? Während dein Liebhaber das Publikum verabscheut, welches dich mit Ruhm überhäuft, hassest du nicht die Nebenbuhlerin, welche ihn mit Freuden berauscht?
– Sie sprechen da ein tiefes Wort, lieber Meisters und ich will es weiter bedenken.
– Ein wahres Wort. Während dich Anzoleto um dein Glück auf der Bühne hasst, hassest du ihn um seine Freuden im Boudoir der Corilla.
– Nein, das nicht. Ihn könnte ich nicht hassen, und Sie überzeugen mich, dass es schwach und schimpflich wäre, meine Nebenbuhlerin zu hassen. Bleibe ihm denn dieses Vergnügen, womit sie ihn berauscht; und doch kann ich nicht daran denken ohne zu schaudern. Warum? Ich weiß es nicht. Ist nun dies ein unwillkürliches Vergehen, so ist auch wohl Anzoleto nicht so strafbar, wenn er meinen Triumph hasst.
– Du bist sehr bereit, die Dinge so auszulegen, dass sein Betragen und seine Gesinnung entschuldigt scheinen. Aber nein! Anzoleto ist nicht schuldlos und achtungswert in seinem Leiden wie du. Er betrügt dich, er erniedrigt dich, während du dich anstrengst, ihn zu rechtfertigen. Übrigens habe ich nicht Hass und Rache dir einflößen wollen, sondern Ruhe und Gleichgültigkeit. Die Handlungsweise dieses Menschen ist durch seinen Charakter bestimmt. Nie wirst du ihn ändern. Hiernach entschließe dich und denke an dich selbst.
– An mich selbst! das heißt an mich allein? an mich ohne Hoffnung und ohne Liebe?
– Denke an die Musik, an die göttliche Kunst, Consuelo! Möchtest du behaupten, dass du diese nur um Anzoleto’s willen liebst?
– Ich liebe die Kunst auch um ihrer selbst willen, aber ich habe in meinen Gedanken nie diese beiden unzertrennlichen Dinge voneinander geschieden: mein und Anzoleto’s Leben. Und ich sehe nicht ein, wie etwas von mir übrig bleiben soll um irgend etwas zu lieben, wenn die notwendige Hälfte meines Lebens mir entrissen wird.
– Anzoleto war für dich nur eine Idee und diese Idee gab dir Leben. An ihre Stelle wirst du eine größere, reinere, noch mehr lebendig machende Idee setzen. Deine Seele, dein Geist, kurz dein Wesen wird nicht mehr einer zerbrechlichen, täuschenden