lautete: »Was ist ein Hurenkind?«. Seither verfolge ich gespannt jede Sendung, aber meine Frage kommt und kommt nicht.
»Solch ordinäre Sachen«, erklärt meine Nachbarin, Frau Wegscheider, »scheiden die sicher aus.« – »Aber woher denn! Der Niavarani und die Marold schweinigeln doch unentwegt! Letztens wurde gefragt, was ein ›Hofschlauchührer‹ ist, und Nia hat im ›Kulturnagel‹ den ›Zipfel von Holender‹ vermutet.«
»Ja«, gab Frau Wegscheider zurück, »aber ein Hurenkind ist doch ganz etwas anderes!« Genau: Beim »Hurenkind« handelt es sich nämlich um einen Spezialbegriff aus der Setzer- oder Druckersprache. Der Setzer spricht von einem »Hurenkind«, wenn ein Absatz auf der ersten Zeile einer neuen Seite endet. Das ist schriftbildlich unschön und soll vermieden werden. Analog dazu gibt es auch den »Schusterbub(en)«: Davon spricht man, wenn ein neuer Absatz auf der letzten Zeile einer alten Seite beginnt.
Trotzdem wurde meine Frage nicht gestellt. Dabei wollte ich nur für mein neues Buch Werbung machen, in dem es weder Schusterbuben noch Hurenkinder gibt.
Publikumsliebling
Mirjam Weichselbraun ist ein Publikumsliebling. Denn sie ist zuckersüß und superlieb und zauberschön, und deswegen darf sie die »Dancing Stars« moderieren. Hat sie die »Große Chance« nicht auch schon moderiert? Und den Opernball? Und die Song-Contest-Quali? Mirjam W. moderiert im Grund alles, was sich bewegt. Und deswegen darf sie auch werben, und zwar für denselben Supermarkt wie James Bond. Sie, die Castingshowmoderatorin, wurde selber nicht gecastet, jedenfalls nicht in einer Castingshow, in aller Fernsehöffentlichkeit. Wir lernen: Ein Publikumsliebling wird nicht vom Publikum ausgesucht. Er wird ihm vorgesetzt.
Wer war eigentlich vor Mirjam? Genau, Arabella K. Die war auch einmal blutjung und langbeinig und zauberschön. Und wer war die Vorvorzauberschöne? Keine Ahnung mehr! Sind im Lauf der Zeit eben etwas weniger zauberschön und daher plötzlich weg gewesen! Sind nicht zurückgetreten. Haben sich nicht verabschiedet. Wurden einfach kommentarlos abserviert und ausrangiert. Ehe das Publikum bemerken konnte, dass der Publikumsliebling fehlte, war er auch schon vergessen und ersetzt. Wir lernen: Eine Karriere wird von wenigen gemacht. Und sie wird auch von wenigen wieder beendet. Gesichter sind eben schnell verbraucht, liebe Verbraucherinnen und Verbraucher!
Clarissa Stadler war eine der ganz wenigen, die sich in ihrer letzten Sendung kurz und bündig verabschieden durfte. Ihre »neuen Aufgaben« wurden schon nicht mehr näher erläutert. Das heißt: Sie war kein Publikumsliebling. Wie auch – in der Kultur?
Pax für Fux
Manche Zufälle sind so kurios, dass die Gedanken daran unwillkürlich hängen bleiben: etwa, wenn ein Schauspieler stirbt und am selben Tag im Fernsehen nochmals stirbt. Herbert Fux ist das nun passiert: Ausgerechnet an seinem Todestag wurde er in der jüngsten Folge von »Pfarrer Braun« ermordet.
Der Zuschauer sah den Klosterbruder, den Fux verkörperte, nicht nur ausführlich sterben. Man sah ihn auch aufgebahrt und sein unbewegliches Gesicht in Großaufnahme. Einerseits wusste man: Das ist gespielt. Das ist nicht echt. Der steht gleich wieder auf. Andererseits musste man nur den Teletext zuschalten, um zu wissen: Das ist echt. Der steht nicht wieder auf. Herbert Fux ruht in Frieden. Eine so aktuelle In-memoriam-Sendung hat es in der gesamten Geschichte des Fernsehens noch nicht gegeben, fast eine Live-Sendung, wenn das Wort hier nicht so geschmacklos wäre: Aber derartige Paralleltode gehören zum Berufsrisiko von Schauspielern.
Vor zwanzig Jahren hat sich Helmut Qualtinger bei den Dreharbeiten zu Umberto Ecos Klosterkrimi »Der Name der Rose« eine tödliche Krankheit zugezogen – und jetzt hat es Fux bei der Parodie erwischt. Da kann man jungen Schauspielern nur den guten Rat geben: Hüte dich, bei Klosterkrimis die Leiche zu spielen! Es könnte deine eigene sein.
Biene für Lugner
Die Wiener U-Bahn-Zeitung »Heute« sucht für den großen ATV-Fernsehstar, den »Mörtel-King« und »Bagger-König« Richard Lugner (76), nach seinen gescheiterten, unglücklichen Beziehungen zu Mausi, Hasi, Käfer und Bambi nun eine »flotte Biene«, die wirklich zu ihm passt.
Der Bericht hat mich so berührt, dass ich mich noch in meinem Wiener Hotelzimmer schlaflos im Bett wälzte, schließlich mitten in der Nacht wieder aufstand und eine Liste mit möglichen »lugnerischen Traumfrauen« erstellte, die Richard Lugner (76) »in den siebenten Liebeshimmel entführen« könnten.
Also, lieber Herr Lugner, da wäre einmal Kandidatin Nummer 1: Lotte Tobisch. Nein? Dann eben Lotte Ingrisch (mit der können Sie sich sogar im Jenseits noch weitervergnügen!). Oder: Erni Mangold. Außerdem hätten wir für Sie Annemarie Berté. Monika Lindner. Johanna Dohnal. Elisabeth T. Spira. Elisabeth Gehrer. Anneliese Rothenberger. Freda Meissner-Blau. Hilde Sochor. Edith Klinger. Elisabeth Waldheim. So, lieber Richie (76), wer soll dein Herzblatt sein? Einfach casten! Einfach zugreifen! Die Unter-Vierzigjährigen lass bitte uns Unter-Fünfzigjährigen!
Aura
»Was soll ich machen? Die Frauen stehen auf mich! Kaum war die Beziehung mit Bettina vorbei, die daran gescheitert ist, dass sie sich für den größeren Star als mich hielt, ist schon wieder eine 20-jährige per Sms sehr direkt geworden! Es ist die Aura, die ich verströme. Das wirkungsvollste Aftershave ist seit jeher der Erfolg. Ich bin halt berühmt. Jeder kennt mich. Das törnt Frauen irgendwie an. Ich mach eben nur, was mir Spaß macht. Das ist sexy. Ich hab mir einen Hometrainer gekauft und mache jedes Jahr eine Meyer-Kur. Bei Laune hält mich der Appetit auf Sex ...«
Dieses bemerkenswerte Zitat stammt nicht von Brad Pitt, Pierce Brosnan oder Johnny Depp. Dieses Zitat stammt von Herrn Richard Lugner, 76, jener Gespenstergestalt, die schwarz wie das Ableben Woche für Woche nicht zum Kaiser vorgelassen wird, obwohl er doch genauso lächerlich wäre wie alle übrigen Gäste. Seit Herr Lugner das Wort »Aura« in den Mund genommen hat, bedeutet es nachweislich genau überhaupt nichts mehr! Daher an dieser Stelle ein scharfer Protest an alle Frauen des Landes, die auf Herrn Lugner stehen: Ihr beleidigt den Rest der männlichen Menschheit!
Torbergs Tante Jolesch sagte: Alles, was ein Mann fescher als ein Aff’ ist, ist ein Luxus. Mag sein. Aber alles, was er peinlicher als ein Aff’ ist, macht ihn noch nicht zum Depp. Nur zum Trottel.
Die Masse macht’s
Vor der Generalprobe der »Starnacht am Wörthersee«, dem Weltfestival der plastischen Chirurgie, betritt der glitzernde Alfons Haider die Bühne der Werzer Arena und instruiert sein Publikum: »Wir zeichnen auf für den Fall, dass morgen schlechtes Wetter ist. Dann senden wir einfach die Generalprobe. Falls Sie neben jemandem stehen, neben dem Sie im Fernsehen nicht gesehen werden wollen, gehen Sie jetzt weg!«
Wie lenkt man eine Masse? Wie macht man es, dass die Masse macht, was man will? Haider beschreibt den Weg der Welle: Die Welle funktioniert.
Haider: »Wir lieben die ...«;
Masse: »STARNACHT!!!«
Haider: »Linke Tribüne: Jubeln & trampeln!« (Linke Tribüne folgt brav.)
Haider: »Rechte Tribüne: Jubeln & trampeln!« (Rechte Tribüne folgt brav.)
Haider: »Parkett: Jubeln & trampeln!« (Parkett folgt brav.)
Haider gibt ein Klatschkommando. Das Massenklatschen funktioniert.
Haider: »Klatschen aus!« (Klatschen hört abrupt auf.)
Haider: »Wir lieben die ...«
Publikum: »STAR-NACHT!!!«
Haider: »Ihr seid ein Superpublikum hier in Kärnten! Ich heiße wie?«
Publikum: »ADOLF! Äh, Alfred. Äh, Alfons.«
Haider: