Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman


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davon hören.«

      *

      An einem der nächsten Tage ist es.

      Sie sitzen am gemütlichen, nett gedeckten Frühstückstisch, während draußen ein häßlicher Wind die Bäume biegt und der Regen gegen die Scheiben prasselt.

      »Jetzt habe ich auch eine Bitte, Kind«, wendet er sich an Stefanie. »Fliege doch mit uns nach Rom. Du sollst meinen und Philipps Wirkungskreis kennenlernen. Willst du?«

      »Sehr gern, Vater, und Milchen kommt mit.«

      Vor Schreck hätte diese beinahe die Kaffeekanne fallen lassen.

      »Was? Ich soll mitkommen?« Dann bricht sie in lautes Weinen aus. »Ich soll noch einmal die Plätzchen sehen, wo ich mit Nina war?«

      Alles bleibt still, und Milchen hastet aus dem Raum. Die Vergangenheit ist mit leisem Flügelschlag durch das Zimmer geschwebt.

      Professor Keller bricht zuerst das Schweigen.

      »Was wird dann aus dem Haus? Kehren Sie wieder nach hier zurück?«

      Hollweg blickt hinüber zu seiner Tochter. Die sieht gedankenverloren vor sich hin.

      Das Haus, das geliebte Haus! Es schmerzt, es verlassen zu müssen. Aber ihr winkt ein noch viel größeres Glück.

      »Das liegt an Stefanie«, hört sie ihren Vater sagen. Sie hebt den Kopf.

      »Ich habe mich schon entschieden«, sagt sie. Weiter nichts.

      Aber am nächsten Tag ruft sie Professor Keller zu sich, und sie haben eine längere Unterredung.

      *

      Der fünfte November ist gekommen und damit Marittas Geburtstag, zu dem auch Dr. Rösler eingeladen ist. Schon am Morgen wird sie mit guten Wünschen und Geschenken überhäuft. Als Keller ihr zum Schluß ein großes Schreiben überreicht, nimmt sie es mit zitternden Händen entgegen. Sie fühlt aller Augen auf sich geheftet und kann es vor Aufregung kaum öffnen. Dann liest sie, stößt einen Laut aus und fliegt Keller in die geöffneten Arme.

      »Das Haus gehört mir? Stefanies Haus ist unser?«

      Sie weint vor Freunde, und Hollweg und seine Tochter wechseln einen verständnisvollen Blick. In Hollwegs Augen schimmert es ebenfalls feucht. Er geht hinüber zu seiner Tochter und nimmt sie in die Arme.

      »Jetzt bin ich ganz ruhig, Stefanie, liebes, gutes Kind. Du wirst mich für immer nach Rom begleiten? Das ist beinahe zu viel. Soviel habe ich nicht erwartet. Du und Philipp bei mir.«

      Philipp legt den Arm um Stefanie.

      »Da hast du wirklich ein Opfer gebracht, Liebes«, sagt er dicht an ihrem Ohr. »Wo du das Stückchen Erde so unsagbar liebst.«

      »Wo du bist, ist meine Heimat«, entgegnet sie einfach.

      Maritta kommt angestürmt und umhalst Stefanie.

      »Die Mansarde wird dauernd für euch reserviert. Ihr, könnt jederzeit hierher kommen, wenn ihr einmal Sehnsucht nach den Bergen, nach dem See und nach uns habt.«

      Stefanie legt ihre Hand in die Marittas.

      »Das soll ein Wort sein. Davon werden wir jedes Jahr Gebrauch machen, nicht wahr, Phil?«

      »Mir ist alles recht, Liebling«, sagt er, nicht ohne Stolz auf seine Braut.

      Am Abend steigt die Verlobungsfeier und gleichzeitig Marittas Geburtstagsfest.

      Es wird viel gelacht und gescherzt und unermüdlich getanzt. Dr. Rösler ist sehr zufrieden, daß seine Nichte, dieser unruhige Geist, endlich seßhaft wird und noch dazu in energische Hände kommt.

      Er weiß jetzt schon: wenn einer sie bändigen kann, dann dieser sympathische Maler Thomas Keller, auf den er sehr stolz ist.

      Bis spät in den Tag hinein wird geschlafen, und als sie sich am Frühstückstisch wieder alle zusammenlinden, herrscht immer noch ausgelassene Stimmung, dafür sorgen schon Maritta und Keller.

      In den nächsten Tagen setzen dieVorbereitungen für die Reise ein. Milchen hat wieder alle Hände voll zu tun, Koffer werden mit den Dingen gepackt, die Stefanie ans Herz gewachsen sind und von denen sie sich nicht trennen kann.

      Stefanie läßt sie lächelnd gewähren. Sie ist sehr froh, daß Milchen mitkommt. Für sie stellt sie ein Stück Heimat dar.

      Sie fahren nach München zum Flughafen. Jetzt sind sie alle still. Als die Lautsprecher zum Einsteigen auffordern, liegen Stefanie und Maritta sich in den Armen.

      »Vergiß uns nicht!«

      »Auf Wiedersehen in einem Jahr!«

      Dann rollt der silbergraue Vogel auf, erhebt sich in die Luft und zieht seine Kreise, wird kleiner und kleiner, bis auch das Motorengeräusch verstummt und neue Maschinen zum Einflug gemeldet werden.

      Da erst verlassen Keller und seine Braut den Flugplatz. Maritta weint.

      »Man könnte eifersüchtig werden«, grollt Keller, »wenn man das Mädel nicht selbst so lieb gewonnen hätte.«

      Sie lächelt unter Tränen. »Ich habe ja noch dich«, sagt sie leise.

      »Gott sei Dank, daß du endlich darauf kommst«, meint er trocken. »Ich dachte schon, ich sei abgemeldet.«

      *

      Wie ein Lauffeuer hat sich im Hollwegschen Sanatorium die Nachricht verbreitet: der Professor kehrt mit seiner Tochter und Doktor Titanus als Schwiegersohn zurück.

      Montelli hat nicht dichthalten können. Er meint, die beiden verehrten Ärzte hätten einen festlichen Empfang verdient.

      Sie lieben und verehren alle Hollweg. Keiner wagt zu fragen, wie er plötzlich zu dieser Tochter kommt, aber die Spannung, wie sie aussieht, wie sie sich gibt, wächst immer mehr.

      Doch auch die längste Wartezeit geht einmal vorüber, so auch ihre. Der Wagen fährt vor der Auffahrt vor. In der großen Halle haben sie sich versammelt. Blumen tragen sie in den Händen, und Montelli macht den Sprecher.

      »Wir freuen uns, daß Sie wieder da sind, Herr Professor. Und herzlichen Glückwunsch.«

      Hollweg stellt seine Tochter vor. Stefanies tiefblaue Augen gleiten forschend über die kleine Versammlung. Überall sieht sie herzliches Entgegenkommen. Reihum gibt sie ihnen die Hand und murmelt einen Gruß.

      Sie sind restlos begeistert. Ihr Urteil: ›Schön, liebreizend und sehr natürlich. Der Titanus ist ein Glückspilz.‹

      *

      »Und wo wollt ihr wohnen?« fragt Hollweg, nachdem sie den Reisestaub abgeschüttelt haben und Milchen und Hollwegs Haushälterin einen netten Tisch gedeckt haben.

      Ratlos sehen sich die beiden Liebenden an, dann lachen sie fast gleichzeitig heraus.

      »Daran haben wir noch gar nicht gedacht. Natürlich bei dir, Vater.«

      »Soso«, sagt der Professor. »Ich weiß etwas viel Besseres.« Er weist mit der Hand auf das Nebengrundstück. »Dort werdet ihr wohnen. Ich kaufte es schon vor einigen Jahren. Ich wollte Geld anlegen und meinen Besitz vergrößern.«

      Stefanie springt auf, läuft zu ihm und legt die Arme um seinen Hals.

      »Das weiße Haus soll uns gehören? Oh, Vater. Das ist doch genauso schön wie ›Haus Stefanie‹.«

      »Ja«, murmelt der Professor. »Dieses heißt ›Haus Nina‹.«

      »Vater!« Stefanie erdrückt Hollweg fast.

      »Ich danke dir, Vater«, raunt sie ihm ins Ohr. »Du bist so lieb zu mir.«

      Er streichelt zärtlich über ihre Wange.

      »Du verdienst es, mein Kind. Du und Philipp, ihr macht meinen Lebensabend schön und friedvoll. Und wenn ich noch Enkelkinder erleben sollte, ich weiß nicht…«

      Am nächsten