Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman


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gemeint!« sagte er ergriffen.

      »Nicht allein das Schicksal«, bekannte sie mit feinem Lächeln. »Ich muß dir ein Geständnis machen!«

      »Ein Geständnis?« fragte er erstaunt zurück.

      »Ja – Ullrich. Ich wollte dich unbedingt sprechen. Ullrich Andersen wollte ich begegnen, nicht dem Jugendfreund: dem Verlobten meiner Jutta – und fand dich! Ich durfte mir alles Leid von der Seele reden. Jetzt will ich nicht mehr an mich denken – nur an zwei junge Menschen, denen ich die Not von der Seele nehmen wollte. Du kennst Klaus Heimburg – er muß dir auch gefallen haben mit seinem ritterlichen Wesen.«

      »Allerdings«, unterbrach er sie. »Ich wollte ihm sogar die Zukunft ebnen –. Er war damals für mich der kleine Angestellte in den Dahlen- Werken.«

      Und dann voll Staunen, da ihm alles in Erinnerung kam:

      »Aber dann ist doch Klaus Heimburg der Nachfolger deines verstorbenen Mannes! Wie kommt es, daß Klaus in diese Stellung ging?«

      »Das will ich dir erklären. Jedes Jahr war eine Reise nach Deutschland nötig. Klaus führte sie aus.

      In Berlin lernte er Jutta kennen – und lieben. Er fuhr ihr nach, nahm die Stellung in den Werken an, um ihr nahe zu sein. Alles hatte er vergessen, die Besuche unserer Kunden, sogar mir zu berichten –. Da packte mich die Angst. Kurzerhand reiste ich nach Deutschland und kam zur richtigen Zeit bei Klaus an.

      Bis in die Tiefen seiner Seele aufgewühlt, fand ich ihn – er mußte zusehen, wie Jutta sich dir anverlobte!«

      »Herrgott!« stöhnte Andersen. »Davon hatte ich keine Ahnung! Wahrhaftig, ich hätte verzichtet – aber Jutta – liebte sie ihn auch?«

      »Ja.« Sie reichte ihm Klaus’ Brief. »Da, lies! Kurz vor Juttas Reise nach Berlin haben sich die beiden gefunden – um für immer auseinanderzugehen. – Jutta brachte es nicht über sich, das dir gegebenen Wort zu brechen.«

      »In jeder Beziehung deine Tochter«, sagte Ullrich ernst.

      »Ich weiß, daß Jutta gut geworden ist, trotz des schlechten Einflusses meiner Schwester, unter dem sie gestanden hat. – Das ist das Werk Bernhard Dahlens, und dafür verzeihe ich ihm, daß er mich um das Köstlichste betrogen hat!«

      Nun erst vertiefte sich Andersen in das Schreiben – und die Verzweiflung, die aus den Zeilen sprach, erschütterte ihn; nicht zuletzt überschüttete er sich mit den bittersten Vorwürfen. – Nie hätte er geglaubt, so selbstsüchtig handeln zu können – und doch war es geschehen! Wäre ihm sonst nicht aufgefallen, daß Jutta litt?

      Sein Verlobungstag stieg vor ihm auf – nein, er war nicht blind gewesen! Damals war er stutzig geworden. Und nun entrollte sich ihm Bild für Bild: Juttas aufgelöstes Wesen, ihre tiefe Ohnmacht, das heiße Erschrecken nach ihrem Erwachen – alles sprach dafür!

      »Melitta!« Er fuhr ihr über das lockige Haar. »Wollen wir Glücksspender sein? – Wollen wir die Hände der beiden Menschen ineinanderlegen?«

      Sie blickte zu ihm auf, so voll Liebe und grenzenloser Dankbarkeit, daß er sich niederbeugen mußte, um seine Lippen auf ihr Haar zu drücken.

      Kein Wort sprach sie. Als er sich hochrichtete, spülten die Tränen das letzte Bangen in ihr fort.

      Ein heißes Gebet sandte sie empor, zu dem, der alles Geschick der Menschen lenkt, und alles zu einem glücklichen Ende führt!

      *

      In den Werken ging alles seinen Gang. Wenn es Klaus auch ganz lieb war, Jutta nicht in der Nähe zu wissen, so hatte doch ein zukünftiges Zusammentreffen an Qual verloren. Im Gegenteil, noch recht oft wollte er Gelegenheit nehmen, ihr Bild tief in sein Inneres zu graben.

      An Härtigs Seite verließ er heute sein Büro. Dieser meinte zu ihm:

      »Haben Sie gehört, Heimburg, der Chef hat eine Auseinandersetzung mit Pegau gehabt! Es soll sich um die Erfindung handeln –. Helmer hat mir etwas zugeflüstert von absolut mangelnder Durchführung. Nun zerbrech’ ich mir den Kopf – warum zögert Pegau eigentlich? Meiner Meinung nach gibt es keine Hindernisse! Oder doch?«

      »Pegau kommt nicht voran? Hm – eigenartig. Und was gibt er als Grund an?«

      Härtig zuckte die Achseln.

      »Keine Ahnung!«

      Klaus zerbrach sich noch lange den Kopf darüber. – Pegau hatte sich ihm gegenüber in letzter Zeit sehr anständig benommen –. Dessen ganzes Augenmerk schien sich auf einen bestimmten Punkt zu konzentrieren, so daß alles andere Nebensache geworden war.

      Die Unruhe ließ ihn nicht los. Während er in letzter Zeit wieder öfter bei Mutter Helmer in der Wohnküche gesessen hatte, ging er heute nach dem Abendessen aus dem Hause.

      Ob nun absichtlich oder unabsichtlich – er fand sich plötzlich in der Nähe der Werke.

      Langsam umging er das große Gelände. – Da entdeckte er plötzlich einen neuen Wagen. Wie kam das Auto in die um diese Zeit verlassene Gegend – und ohne Fahrer?

      Langsam ging er weiter. – Wer weiß, wer den Wagen hier abgestellt hatte.

      Er kam in die Nähe des Verwaltungsgebäudes, und blieb plötzlich stehen. In Pegaus Arbeitszimmer glaubte er einen Lichtschein wahrzunehmen, der einmal verschwand, dann wieder auftauchte.

      Das war zu seltsam.

      Er mußte sich unbedingt Gewißheit verschaffen.

      Schnell legte er die wenigen Schritte zum Pförtnerhaus zurück und klingelte.

      Der alte Werner öffnete ihm.

      »Ah – der Herr Heimburg?« begrüßte er ihn fragend. »Das ist nett, daß Sie mich wieder mal aufsuchen! Wollen Sie nicht eintreten?«

      »Nicht lange, Herr Werner«, sagte Klaus harmlos, »Ich will einen kleinen Spaziergang machen«, klärte er Werner auf.

      »Rauchen Sie eine Zigarre?« fragte er dann, als er auf einem Stuhl Platz genommen hatte, und reichte dem Alten seine Zigarrentasche. Dieser griff zu, sich vielmals bedankend.

      Klaus überlegte dabei, wie er aus Werner heraushorchen konnte, was er gern wissen wollte. Dann fragte er:

      »Kommt es manchmal vor, daß einer der Herren nach Schluß noch einmal herkommt – ich meine, wenn er etwas vergessen hat oder so?«

      »O doch – das passiert schon. Für mich ist das ganz angenehm, da gibt es meist einen kleinen Schwatz. Sehen Sie – heute habe ich wieder Glück, da sind Sie gekommen.«

      Klaus wußte genug. Also war keiner zurückgekommen.

      »Wer von unseren Herren fährt denn einen neuen Wagen, Werner?« forschte Klaus weiter.

      Der Alte dachte angestrengt nach. »Direktor Pegau fährt seit kurzem einen. Ich habe ihn erst einmal flüchtig gesehen. Er stand vor dem Tor.«

      Klaus erhob sich.

      »Nun will ich Sie wieder verlassen, Werner; ich komme gelegentlich mal wieder zu einem kleinen Plausch. Doch halt«, Klaus überlegte. »Da fällt mir eben ein, ich hätte mir gerne ein Buch aus meinem Schreibtisch geholt.«

      Er verließ den Raum.

      »Der Lichtschalter ist gleich rechts!« rief der Alte ihm nach. Doch das hörte Klaus kaum; in großen Schritten überquerte er den Hof und kam an die Tür zum Verwaltungsgebäude.

      Da fiel ihm ein, daß er den Schlüssel vergessen hatte. Seine Hand lag schon auf der Klinke – und, merkwürdig, sie gab dem Druck seiner Hand nach: unverschlossen!

      Sollte Werner vergessen haben –? Nein, Werner war äußerst gewissenhaft.

      Etwas war also nicht in Ordnung. Im Schein seiner schwachen Taschenlampe stieg er vorsichtig die Stufen hoch – jedoch nicht seinem Büro, sondern dem Pegaus zu.

      Er erreichte auch glücklich den Vorraum zu Pegaus Zimmer;