in Betracht, weil ein sachlich begründbarer Aufteilungs- und Bewertungsmaßstab nicht ersichtlich ist“208. Bei im Rahmen von Unternehmenskäufen übertragenen Kundenstämmen bejahte der BFH in der Vergangenheit die selbstständige Bewertbarkeit nur dann, wenn für die Kundenstämme ein gesondertes Entgelt vereinbart wurde209 oder wirtschaftlicher Hintergrund der Unternehmensübertragung die Erlangung des Kundenstamms war und somit der gesamte Kaufpreis den Anschaffungskosten des Kundenstamms zugerechnet wurde210.
b) Anwendung auf den Fall: Prüfung des Domain-Namens hinsichtlich des Prinzips selbstständiger Bewertbarkeit
Findet ein Unternehmensverkauf statt, bei dem ein Domain-Name zur getrennten Verwertung zurückbehalten wird, oder wird lediglich ein Domain-Name veräußert, so ist dieser eindeutig vom Unternehmenswert trennbar, eine Zugangsbewertung folglich unproblematisch. Die selbstständige Bewertbarkeit wird – wie im vorliegenden Fall – durch das gezahlte Entgelt bekräftigt. Die Prüfung der Vermögensgegenstandskriterien tritt durch das Vorliegen eines entgeltlichen Erwerbs jedoch nicht in den Hintergrund.211 Nur wenn ein greifbarer, selbstständig bewertbarer Vermögenswert vorliegt, kann der entgeltliche Erwerb einen Hinweis auf den wertmäßigen Ansatz in der Bilanz liefern.212
Problematischer gestaltet sich indes die selbstständige Bewertbarkeit eines Domain-Namens, der im Zuge eines Unternehmenskaufs erworben wurde. Wird ein Vermögenswert zusammen mit anderen übertragen, ist er selbstständig bewertbar, wenn sein Wert „als Unterschiedsbetrag zwischen dem (feststellbaren) Marktwert einer bestimmten Gesamtheit von Vermögensteilen und dem (ebenfalls feststellbaren) Marktwert anderer, in dieser Gesamtheit enthaltenen Vermögensteile“213 bestimmt werden kann. Dies ist regelmäßig der Fall bei einem derivativen Geschäfts- oder Firmenwert.214 In Analogie zum Kundenstamm wäre dies möglich, wenn ein gesondertes Entgelt für den Domain-Namen gezahlt wurde oder der gesamte Kaufpreis im Wesentlichen für den Domain-Namen gezahlt wurde.
4. Ergebnis nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung
Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung ist im vorliegenden Fall ein Vermögensgegenstand gegeben. Das Vermögenswertprinzip sowie die objektivierenden Prinzipien der Greifbarkeit und der selbstständigen Bewertbarkeit sind erfüllt.
5. Fallergänzung: selbst geschaffene Vermögensgegenstände
a) Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
aa) Vorliegen eines Vermögensgegenstands
Nach § 248 Abs. 2 S. 1 HGB können „[s]elbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens […] als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden“. Damit das Aktivierungswahlrecht greift, muss gemäß Gesetzeswortlaut zunächst ein Vermögensgegenstand i.S.d. BFH-Rechtsprechung vorliegen, also ein vermögenswerter Vorteil, der greifbar und selbstständig bewertbar ist. Das Gesetz schließt sogar explizit bestimmte selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens, die sich der Höhe nach nicht vom originären Geschäfts- oder Firmenwert abgrenzen lassen und somit das Kriterium der selbstständigen Bewertbarkeit nicht erfüllen, von einer Aktivierung aus:215 Für „Marken, Drucktitel, Verlagsrecht, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände“ besteht gemäß § 248 Abs. 2 S. 2 HGB ein Aktivierungsverbot, sofern sie nicht entgeltlich erworben wurden.216
Da die Vermögensgegenstandseigenschaft von Forschungsergebnissen „regelmäßig sehr unsicher ist“217, weil über „deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können“, scheidet eine Aktivierung von immateriellen Werten in der Forschungsphase aus (§ 255 Abs. 2 S. 4 HGB). Im Rahmen der Entwicklung ist eine Aktivierung wahlrechtsweise möglich (§ 255 Abs. 2a S. 1 HGB i.V.m. § 248 Abs. 2 S. 1 HGB), allerdings nur dann, wenn alle Vermögensgegenstandskriterien erfüllt sind.218 Anders als in der Regierungsbegründung zum BilMoG behauptet, reicht es nicht aus, dass „mit hoher Wahrscheinlichkeit“219 von der Entstehung eines immateriellen Vermögensgegenstands ausgegangen werden kann.
Oftmals ist eine zweifelsfreie Trennung von Forschungs- und Entwicklungsphase „aufgrund alternierender Prozesse oder anderer Umstände“220 nicht möglich. In diesen Fällen sind sämtliche Aufwendungen entsprechend dem Vorsichtsprinzip der Forschungsphase zuzurechnen (§ 255 Abs. 2a S. 4 HGB).221
bb) Immaterialität des Vermögensgegenstands
Weiterhin muss der selbst erstellte Vermögensgegenstand „immaterieller Natur“222 sein. Die Immaterialität ist dabei anhand einer teleologischen Auslegung zu bestimmen.223 Immaterielle Vermögensgegenstände zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, unsicher zu sein. Diejenigen Vermögensgegenstände, die diese Unsicherheit nicht aufweisen, sind folglich als materiell einzuordnen.224 Häufig besteht ein Vermögensgegenstand jedoch sowohl aus materiellen als auch aus immateriellen Komponenten. Die BFH-Rechtsprechung hat insoweit Kriterien entwickelt, um die dominierende Komponente zu bestimmen, gemäß der eine Einordnung als immaterieller oder materieller Vermögensgegenstand stattfindet.225 Dient der körperliche Teil des Vermögensgegenstands lediglich dazu, den immateriellen Wert festzuhalten und zu dokumentieren, ist der Gegenstand als immateriell einzuordnen. So werden etwa Computerprogramme in der neueren Rechtsprechung grundsätzlich als immaterielle Vermögensgegenstände gewertet, sofern es sich nicht um Datensammlungen handelt, die „allgemein bekannt und jedermann zugänglich sind“.226 Nichts anderes ergibt sich, wenn man auf ein wirtschaftliches Interesse abstellt. Besteht dieses Interesse vorrangig an der immateriellen Komponente, ist von dem Vorliegen eines immateriellen Vermögensgegenstands auszugehen.227 Eine weitere Einordnung kann anhand der Wertrelation stattfinden. Ist der Wert der materiellen Komponente unwesentlich, wird der Vermögensgegenstand als immateriell qualifiziert. Diese Möglichkeit der Bestimmung des überwiegenden Wertanteils findet erst durch das Ansatzwahlrecht des § 248 Abs. 1 S. 1 HGB seine Berechtigung, denn das Ansatzverbot vor BilMoG gründete gerade darauf, dass immateriellen Gegenständen in vielen Fällen kein eigenständiger Wert zugerechnet werden kann228. Wird hingegen ein immaterieller Gegenstand standardisiert und oftmals vervielfältigt, tritt die immaterielle Komponente hinter der materiellen zurück.229
Die Abgrenzung von materiellen und immateriellen Vermögensgegenständen hat unter Berücksichtigung und Wertung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu erfolgen.230 Lediglich wenn eine Abgrenzung der Komponenten nicht möglich ist, ist der Vermögensgegenstand vor dem Hintergrund des Vorsichtsprinzips als immateriell anzusehen.231
cc) Zugehörigkeit zum Anlagevermögen
Neben der Qualifikation als selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstand ist die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen Anwendungsvoraussetzung des § 248 Abs. 2 S. 1 HGB. Darunter fallen diejenigen Vermögensgegenstände, die dazu „bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen“ (§ 247 Abs. 2 HGB). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sie – anders als Güter des Umlaufvermögens, die zur Veräußerung bestimmt sind und für die durch das Vollständigkeitsgebot (§ 246 Abs. 1 HGB) eine uneingeschränkte Aktivierungspflicht gilt – zum mehrmaligen Gebrauch bestimmt sind.232 So kann bspw. auch der Vorführwagen eines Autohauses dauerhaft dem Geschäftsbetrieb dienen und folglich dem Anlagevermögen zugeordnet werden.233
Soweit Zweifel bei der Zuordnung des Vermögensgegenstands zum Anlage- oder Umlaufvermögen bestehen, wird der Vermögensgegenstand gemäß dem Vorsichtsprinzip dem Anlagevermögen zugeordnet, da eine mögliche Aktivierung an strengere Anforderungen geknüpft ist.234
b) Anwendung auf die Fallergänzung: Prüfung der selbst geschaffenen Webseite hinsichtlich des Ansatzwahlrechts