J. (Hrsg.), HdJ (2013), Abt. I/3, International Financial Reporting Standards: Bedeutung und System der internationalen Rechnungslegungsregeln, Rn. 72–78. 131 Vgl. hierzu etwa Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung (2003), S. 323–325; Wüstemann, J., Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen (2002), S. 66–70. 132 Die hier angeführte Literatur bezieht sich auf den gleichlautenden Wortlaut des IAS 18.30 (c), der sich nunmehr in IFRS 9.5.7.1A befindet: vgl. Ordelheide/Böckem, in: Baetge u.a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach International Accounting Standards (2002), IAS 18, Rn. 93 f. 133 Vgl. IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zur Anwendung von IAS (IDW RS HFA 2), WPg 1999, S. 591 (S. 593). 134 Ordelheide/Böckem, in: Baetge u.a. (Hrsg.), Rechnungslegung nach International Accounting Standards (2002), IAS 18, Rn. 94 (beide Zitate, i.O.z.T. hervorgehoben). 135 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1995), S. 211. 136 Vgl. hierzu etwa Wüstemann, J./Wüstemann, S., Why Consistency of Accounting Standards Matters: A Contribution to the Rules-Versus-Principles Debate in Financial Reporting, Abacus 2010, S. 1. 137 Vgl. IDW, Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zur Anwendung von IAS (IDW RS HFA 2), WPg 2005, S. 1402 (S. 1403, auch Zitat). Auch ablehnend: Theile, in: Heuser/Theile (Hrsg.), IFRS-Handbuch (2012), Teil B. I. § 11., Rn. 10; Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), in: Haufe IFRS-Kommentar (2017), § 28, Rn. 318 i.V.m. § 4, Rn. 41; Boecker/Zwirner, Erfassung von Beteiligungserträgen bei abweichendem Geschäftsjahr, IRZ 2012, S. 139 (S. 139); Lüdenbach, Erfolgsunwirksamkeit und Realisationszeitpunkt empfangener Ausschüttungen?, PiR 2007, S. 233 (S. 234).
Fall 2: Aktivierung immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens – Beispiel Domain-Name
Sachverhalt:
Eine Werbeagentur übernimmt gegen Zahlung eines Entgelts den Domain-Namen (Internet-Adresse) eines Konkurrenten. Der Erwerb wird vollzogen, indem zunächst der bisherige Domain-Inhaber seinen Registrierungsvertrag bei der zentralen Registrierungsstelle für Internet-Domains (DENIC) kündigt und die Werbeagentur als Nachfolger benennt; anschließend erteilt die Agentur der DENIC einen Auftrag zur Registrierung. Aus technischen Gründen ist es der DENIC nicht möglich, Domain-Namen mehrfach zu vergeben. Wirtschaftlicher Hintergrund des Erwerbs ist es, die unternehmenseigenen Dienstleistungen im Internet anbieten und auf diese Weise die Umsätze steigern zu wollen.138
Aufgabenstellung:
– Ist der Domain-Name nach handelsrechtlichen GoB als immaterieller Vermögensgegenstand bzw. nach IFRS als immaterieller Vermögenswert anzusetzen?
– Fallergänzung: Die Werbeagentur erstellt die unter der erworbenen Internetdomain abrufbare Unternehmenswebseite intern. Ist die Webseite nach handelsrechtlichen GoB als selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstand bzw. nach IFRS als selbst geschaffener immaterieller Vermögenswert anzusetzen?
I. Lösung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung
1. Vermögenswertprinzip
a) Vermögenswertprinzip als Ausprägung des Prinzips wirtschaftlicher Betrachtungsweise
Ein Vermögensgegenstand stellt nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung (GoB) einen vermögenswerten Vorteil dar, der greifbar und selbstständig bewertbar ist.139 Das Vermögenswertprinzip als Ausfluss der im deutschen Bilanzrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise verlangt die Existenz eines wirtschaftlichen Vorteils i.S. eines positiven Ertragswertbeitrags140 für das Unternehmen.141 Dies folgt aus dem Realisationsprinzip, wonach Ausgaben, die Einnahmenüberschüsse erwarten lassen, durch Aktivierung in die künftigen Geschäftsjahre der Umsatzerzielung zu übertragen sind.142 Das Vorliegen von Sachen und Rechten ist hierbei weder notwendiges noch hinreichendes Kriterium.143 Es wird vielmehr auf den wirtschaftlichen Vorteil aus dem Vermögenswert abgestellt.144 Auch „tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb“145, wie etwa der Kundenstamm, das Know-How146 oder rechtlich ungeschützte Erfindungen,147 können im Einzelfall das Vermögenswertprinzip erfüllen.
Das Vermögenswertprinzip bedarf aufgrund seiner „allgemeinen Formulierung“148 einer Einschränkung durch konkretisierende Unterprinzipien.149 Die Rechtsprechung stellt in diesem Zusammenhang auf das Tätigen einer „feststellbare[n] und abgrenzbare[n] Ausgabe“ ab, um den Zugang eines vermögenswerten Vorteils objektiviert beurteilen zu können.150 Es gilt im Zuge einer Erwerberfiktion festzustellen, ob ein potenzieller Käufer des gesamten Unternehmens die Ausgabe unter der Annahme der Unternehmensfortführung bei der Kaufpreisbemessung berücksichtigen würde.151 Darüber hinaus ist es notwendig, dass der Vermögenswert einen unternehmensspezifischen Nutzen für den Bilanzierenden entfaltet.152 Dabei ist es irrelevant, ob ein Dritter den Vermögenswert zur Einnahmenerzielung nutzen könnte.153 Zudem muss der potenzielle Vermögenswert einen nachhaltigen154 und längerfristigen, sich über mehrere Wirtschaftsjahre erstreckenden Nutzen generieren.155
b) Anwendung auf den Fall: Prüfung des Domain-Namens hinsichtlich des Vermögenswertprinzips
Der Domain-Name ist eine technische Adresse im Internet, deren ausschließliche Stellung sich daraus ergibt, dass sie von der DENIC aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden kann. Diese „rein faktische Ausschließlichkeit begründet [jedoch] kein absolutes Recht“,156 wie dies bei Patenten, Marken oder Urheberrechten der Fall ist.157 Der Domain-Name „ist allerdings mit einem gewerblichen Schutzrecht inhaltlich vergleichbar“158. Diese Vergleichbarkeit resultiert daraus, dass die Ausschließlichkeitsstellung des Domain-Inhabers durch seinen Registrierungsvertrag mit der DENIC schuldrechtlich abgesichert ist.159 Es handelt sich im vorliegenden Fall aber auch um einen wirtschaftlichen Vorteil, den ein potenzieller Erwerber des gesamten Unternehmens kaufpreiserhöhend berücksichtigen würde, weil mittels des Domain-Namens in der Zukunft höhere Umsätze generiert werden können, der Domain-Name somit einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern darstellt. Das sog. Erwerberfiktionsprinzip ist mithin erfüllt. Ferner ist ein unternehmensspezifischer und längerfristiger Nutzen durch den Erwerb eines Domain-Namens anzunehmen. Denn durch dessen Erwerb ist die Werbeagentur dauerhaft im Internet präsent. Es liegt im vorliegenden Fall demnach ein rechtlich abgesicherter wirtschaftlicher Vorteil vor. Das Vermögenswertprinzip ist folglich erfüllt.
2. Prinzip der Greifbarkeit als Objektivierungsprinzip
a) Ausprägungen des Greifbarkeitsprinzips
aa) Typisierungsvermutungen
Für die Konkretisierung von Vermögensgegenständen genügt das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils allein nicht.160 Der Vermögenswert muss vor dem Hintergrund einer objektivierten Betrachtung dem Grunde nach abgrenzbar vom Geschäfts- oder Firmenwert,161 mithin greifbar sein.162
Eine typisierte Greifbarkeitsvermutung, wie sie in der älteren Rechtsprechung vorzufinden ist,163 legt nahe, werthaltige Sachen und Rechte, also Gegenstände des bürgerlichen Rechts, grundsätzlich als greifbare Vermögenswerte anzuerkennen, bei rein wirtschaftlichen Gütern, also vermögenswerten Vorteilen, die nicht rechtlich