Jens Wüstemann

Bilanzierung case by case


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Dies ist jedoch lediglich eine hinreichende, nicht aber notwendige Voraussetzung, denn die Kontrolle des künftigen wirtschaftlichen Nutzens kann auch „auf andere Weise“ (IAS 38.13) ausgeübt werden. Eine derartige faktische Beherrschung eines Vermögenswerts ist jedoch ungleich schwieriger nachzuweisen.241 Als Beispiel nennt das Rahmenkonzept das Know-how aus einer Entwicklungstätigkeit, dessen erwarteten zukünftigen Nutzen das Unternehmen durch Geheimhaltung kontrolliert (RK.4.22). Bei künftigem wirtschaftlichem Nutzen aus Qualifikationsmaßnahmen von Mitarbeitern oder aus „bestimmte[n] Management- oder fachliche[n] Begabung[en]“, die nicht rechtlich abgesichert sind, ist Verfügungsmacht i.S.d. IAS 38 hingegen nicht gegeben (IAS 38.15), da der Vorteil, wenn der betreffende Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, nicht zurückbehalten werden kann. Wird allerdings das Wissen der Arbeitnehmer geschützt, bspw. durch rechtlich auferlegte Vertraulichkeitsverpflichtungen, ist das Kriterium der Verfügungsmacht erfüllt (IAS 38.14).242

       (2) Anwendung auf den Fall: Prüfung des Kriteriums der Verfügungsmacht im Fall des Domain-Namens

      Im vorliegenden Fall ist der Zugriff Dritter auf den erworbenen Domain-Namen beschränkt, da dieser von der DENIC aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden kann; diese Beschränkung ist aufgrund der schuldrechtlichen Absicherung des Erwerbers in Form des Registrierungsvertrags auch juristisch durchsetzbar. Die Werbeagentur hat folglich die Kontrolle über den zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Domain-Namen und kann über den Vermögenswert i.S.d. IAS 38 verfügen.

       b) Zusätzliche Definitionsmerkmale eines immateriellen Vermögenswerts

       aa) Definitionsmerkmal der Immaterialität

       (1) Kriterium „fehlende physische Substanz“ sowie „Nicht-Monetarität“

      Als weiteres Kriterium eines immateriellen Vermögenswerts wird in IAS 38.8 die „Nicht-Monetarität“ genannt. Durch die Definition von monetären Vermögenswerten als „im Bestand befindliche Geldmittel und Vermögenswerte, für die das Unternehmen einen festen oder bestimmbaren Geldbetrag erhält“ (IAS 38.8), wird eine Negativabgrenzung vorgenommen.

       (2) Anwendung auf den Fall: Prüfung des Domain-Namens hinsichtlich seines immateriellen Charakters

      Im vorliegenden Fall besteht der Domain-Name sowohl aus einem physischen als auch einem nicht-physischen Element. Das nicht-physische Element, also der Domain-Name an sich/die Adresse im Internet, ist in diesem Fall wesentlicher Bestandteil; das physische Element, der Datenserver, auf dem der Domain-Name gespeichert ist, tritt mithin zurück.

      Darüber hinaus ist das Kriterium der Nicht-Monetarität erfüllt, da es sich bei dem Domain-Namen weder um Geldmittel noch um einen Vermögenswert handelt, der einen Anspruch auf Geldmittel verkörpert. Der Domain-Name ist folglich zweifelsfrei als immaterieller Vermögenswert zu qualifizieren.

       bb) Identifizierbarkeitsmerkmale

       (1) Bedeutung und Konkretisierung des Kriteriums

       (2) Anwendung auf den Fall: Prüfung des Domain-Namens auf seine „Identifizierbarkeit“

      Der gesonderte Erwerb des Domain-Namens im vorliegenden Fall belegt die Einzelverwertbarkeit; der Domain-Name ist folglich vom Geschäfts- oder Firmenwert zweifelsfrei separierbar. Das Kriterium der Identifizierbarkeit ist aber auch i.S.d. Contractual-Legal-Kriteriums gegeben, denn durch den Registrierungsvertrag mit der DENIC hat die Werbeagentur einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Nutzung des Domain-Namens.

      Im Ergebnis liegen alle Definitionsmerkmale eines immateriellen Vermögenswerts i.S.d. IAS 38 vor.

       c) Zusätzliche (kumulativ zu erfüllende) Kriterien für den Ansatz eines immateriellen Vermögenswerts

       aa) Kriterium „Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses“

       (1) Bedeutung und Konkretisierung des Kriteriums

      Bei einzeln erworbenen immateriellen Vermögenswerten besteht die typisierende Vermutung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses (IAS 38.25). Dieser Typisierung liegt die Annahme zugrunde, dass der Bilanzierende nur deshalb bereit ist, einen bestimmten Preis für das Gut zu zahlen, weil er einen Zahlungsmittelrückfluss in mindestens gleicher Höhe erwartet. Die gleiche Typisierungsvermutung gilt auch bei im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbenen immateriellen Vermögenswerten (IAS 38.33).

       (2) Anwendung auf den Fall: Prüfung des Domain-Namens hinsichtlich des Kriteriums des wahrscheinlichen Nutzenzuflusses

      Da es sich bei dem Domain-Namen um einen