mit dem furchtbaren Garten!
Sie stellte die Rosen in eine Vase und betrachtete ihr Werk sehr zufrieden. Doch, das Wohnzimmer konnte sich bereits sehen lassen! Dann fiel ihr ein, daß Alexander natürlich Hunger haben würde, wenn er kam, und daß sie bisher überhaupt noch nicht über das Essen nachgedacht hatte – dabei war das doch viel wichtiger als ein aufgeräumtes Wohnzimmer!
Aus mir wird nie eine gute Hausfrau, dachte sie unglücklich, während sie in die Küche stürzte und hastig ihre kargen Vorräte begutachtete. Schließlich entschied sie sich für Kartoffelsalat mit
Würstchen und machte sich mit Feuereifer an die Arbeit.
*
»Ich dachte schon, Sie hätten mich vergessen!« Karl Zapfmanns Stimme war so vorwurfsvoll wie der Blick, mit dem er Adrian Winter empfing.
»Wie kommen Sie denn auf die Idee, Herr Zapfmann? Jemanden wie Sie vergißt man doch nicht!«
Diese Antwort besänftigte den Patienten, und ruhiger fuhr er fort: »Ich kann nicht hierbleiben, Herr Dr. Winter. Es ist wirklich nett hier, und alle kümmern sich sehr gut um mich, aber Cora wird verrückt, wenn ich heute abend nicht nach Hause komme. Ich kenne sie. Das kann ich ihr nicht antun.«
»Cora ist Ihre Hündin, nicht wahr?«
»Der klügste Dackel, den es gibt«, erwiderte Herr Zapfmann voller Stolz. »Und sehr empfindsam. Sie weiß schließlich, daß mir etwas passiert ist, und niemand wird ihr gesagt haben, daß sie sich keine Sorgen zu machen braucht. Also wird sie verrückt sein vor Kummer und Sorge.«
Es gelang Adrian, völlig ernst zu bleiben. »Wie hätte man es ihr auch sagen sollen?« erkundigte er sich.
»Oh, sie versteht durchaus, was man ihr sagt, wenn man sich nur etwas Zeit nimmt«, versicherte sein Patient. »Meine Nachbarn sind sehr nette Leute, aber sie haben keine Ahnung von Hunden, Herr Dr. Winter.«
»Gibt es nicht noch mehr Nachbarn?« erkundigte sich der Arzt. »Vielleicht gibt es ja andere, die mehr von Hunden verstehen?«
»Das Haus auf der anderen Seite steht noch leer«, berichtete Herr Zapfmann. »Und die Leute von gegenüber sind zu alt, um für einen temperamentvollen Dackel zu sorgen. Nein, wirklich, ich muß nach Hause, Herr Dr. Winter.«
Adrian erkannte die Notlage, in der sich der alte Herr befand, und er sagte: »Ich rede mit den Kollegen. Aber damit eines klar ist: Sie gehen auf eigene Verantwortung, und Sie lassen sich jeden Tag hier blicken, bis wir völlig zufrieden mit Ihrem Zustand sind, verstanden?«
»Verstanden, Chef.« Karl Zapfmann lächelte sein sonnigstes Lächeln. »Ich wußte gleich, daß ich mit Ihnen reden muß, der andere macht sich ja vor Angst fast in die Hose, wenn er was entscheiden soll.«
Adrian sah ihn streng an. »Das war jetzt aber nicht nett, Herr Zapfmann. Der Kollege ist noch sehr jung, und ich finde es richtig, daß er vorsichtig ist.«
»Tut mir leid«, meinte sein Patient zerknirscht. »Ich wollte nicht schlecht über ihn reden, aber er ist wirklich schon immer ganz blaß geworden, wenn ich wieder was von ihm wollte.«
»Sie sind ihm also den ganzen Tag auf die Nerven gegangen?« erkundigte sich Adrian.
»Na ja«, Herr Zapfmann genierte sich sichtlich, »ein bißchen schon, glaube ich. Ich dachte ja, dann läßt er mich vielleicht endlich gehen, weil er froh ist, mich loszuwerden. Aber irgendwie hat das nicht so geklappt, wie ich gehofft hatte.«
»Natürlich nicht!« Irgendwie schaffte Adrian es, noch immer mit strenger Stimme zu sprechen, obwohl ihm das Lachen in der Kehle saß. Der alte Mann gefiel ihm. Er gefiel ihm sogar sehr. »Wir entlassen unsere Patienten doch nicht, weil wir sie loswerden wollen, sondern weil wir glauben, daß sie wieder gesund genug sind, um nach Hause zu gehen. Bei Ihnen sind wir der Ansicht, daß es besser wäre, wenn Sie noch hierblieben, aber ich sehe ein, daß die Sache mit Cora ein bißchen schwierig zu behandeln ist.«
Er stand auf. »Ich rede jetzt mit den Kollegen, und bis wir eine Entscheidung getroffen haben, bleiben Sie schön in Ihrem Bett liegen, Herr Zapfmann! Versprochen?«
»Versprochen«, antwortete der Patient so lammfromm, daß Adrian sich heftig auf die Lippen beißen mußte, um nicht doch noch in Gelächter auszubrechen, bevor er das Zimmer verlassen hatte.
Er war tatsächlich der Ansicht, daß man Herrn Zapfmann entlassen konnte. Der alte Herr war offenbar sehr gut in der Lage, auf sich selbst aufzupassen, und er würde bestimmt vorsichtig sein, wenn man ihm einschärfte, daß das notwendig war. Es schien ihm auf jeden Fall besser zu sein, wenn sich Herr Zapfmann um seine Hündin kümmern konnte, anstatt sich vielleicht die ganze Nacht Sorgen um sie zu machen. Das würde ihn nur unnötig aufregen und seiner Gesundheit weit mehr schaden als eine falsche Bewegung.
*
Alexander entschied sich, den Wagen auf der Straße stehen zu lassen. Zwar hatte das Haus auch eine Garage, aber er war nicht sicher, ob sie überhaupt leer war, und er war zu faul, um nachzusehen. Langsam ging er auf die Haustür zu, während er alles auf sich wirken ließ. Das Haus war klein, aber hübsch, ebenso wie der Garten. Er hatte es durch die Vermittlung seines Arbeitgebers bekommen, sonst wäre es ihm niemals gelungen, ein solches Schmuckstück in so kurzer Zeit zu finden – und dann noch in einer so ruhigen Straße. Es schien wie gemacht zu sein für eine kleine Familie…
An dieser Stelle befahl er seinen Gedanken, eine andere Richtung einzuschlagen, denn die vorherige war gefährlich, und er wußte, was geschah, wenn er diesen Fehler machte. Das war ihm schon einige Male passiert, und auf eine Wiederholung legte er besonders heute keinen Wert. Er brauchte seine Kräfte, denn sein neuer Job würde ihm viel abverlangen, und er wollte das Vertrauen, das man in ihn setzte, rechtfertigen. Er konnte sich jetzt nicht mit quälenden Gedanken beschäftigen, die sowieso am Ende zu nichts führten.
Er schloß auf und sah sich unvermittelt Jessica gegenüber, die ihn erwartungsvoll anblickte. »Hallo!« sagte er. »Du siehst munterer aus, als ich dachte nach einem solchen Tag.«
»Ich seh’ vielleicht so aus«, erwiderte sie, »aber ich bin’s nicht. Nicky hat dauernd geweint, solange die Umzugsleute noch im Haus waren, und ich konnte nichts Richtiges machen, weil ich denen immer im Weg stand. Aber seit sie weg sind, ist es besser. Hast du Hunger?«
»Großen sogar.«
»Ich hab’ Kartoffelsalat und Würstchen gemacht. Wie war dein erster Arbeitstag?«
»Ganz gut. Hätte schlimmer sein können. Ich wasch’ mir nur schnell die Hände.«
Jessica nickte und lief in die Küche. Alexander stellte seine Tasche ab, verschwand kurz im Bad und ging dann ins Wohnzimmer. »Hier sieht’s ja schon richtig gut aus!« staunte er.
»Findest du?« Sie lächelte schüchtern und errötete. »Ich habe versucht, wenigstens einen Raum ein wenig gemütlich zu machen. Oben ist es noch ziemlich schrecklich, das kannst du dir ja vorstellen.«
Er nickte, und dann setzten sie sich zum Essen. Beide schwiegen eine ganze Weile, bis Alexander sagte: »Schmeckt gut, wirklich.«
»Freut mich.«
Wieder breitete sich Schweigen aus, und sowohl Jessica als auch Alexander suchten verzweifelt nach einem weiteren Gesprächsthema, über das sie sich möglichst unbefangen unterhalten konnten. Doch ihnen fiel einfach nichts ein, und so beendeten sie die Mahlzeit ohne ein weiteres Wort gewechselt zu haben.
Danach stand Alexander auf und sah sich um. »Was soll ich tun?« fragte er. »Wobei brauchst du am dringendsten Hilfe?«
»Lampen anschließen, Fernseher und Stereoanlage aufstellen«, antwortete sie prompt. »Und die Gardinen sollten wir schnell aufhängen, sonst nehmen sämtliche Nachbarn hautnah an unserem Leben teil.«
Daran konnten sie nun wirklich kein Interesse haben, und so nickte Alexander bereitwillig. »Dann mal los!« sagte er. »Laß uns heute abend noch so viel wie möglich erledigen.«
Sie waren jetzt beide erleichtert, daß es