rel="nofollow" href="#fb3_img_img_0d0ba19c-09ad-56ba-b78b-440bceaf5bc4.jpg" alt="image"/> Kap. 12.2.2).
Risikoverhalten und Krankheit am Beispiel der koronaren Herzerkrankung (KHK)
• Krankheitserscheinungen
Die Angina pectoris ist das Leitsymptom der koronaren Herzerkrankung. Sie ist in der Regel gekennzeichnet durch reversiblen, belastungsabhängigen, retrosternalen Schmerz. Er wird – im Gegensatz zum Schmerz bei Herzneurosen (
• Epidemiologie
Die KHK betrifft ca. ein Prozent der Bevölkerung. Über die Hälfte der Männer über 45 Jahre haben eine Koronarsklerose.
• Psychosomatische Faktoren
Die Koronardurchblutung wird durch emotionale Belastungen und Risikoverhalten beeinträchtigt. Das Verhalten entspricht dem sog. Typ A. Psychodynamisch lässt es sich als eine Abwehr von Abhängigkeits- und Hingabewünschen und als Schutz vor narzisstischer Kränkung verstehen. Daneben bestehen weitere psychisch (mit)bedingte Risikofaktoren: Rauchen, Hypertonie, Übergewicht, hektische Lebensweise und deren Folgen. Infarktauslösend sind oft psychosoziale Situationen, die als Niederlagen, Verluste (z. B. Todesfälle) und narzisstische Kränkungen erlebt werden.
• Therapeutische Beziehung
Sie ist im chronischen Krankheitsstadium durch leichte Kränkbarkeit, Angst vor Abhängigkeit und Dissimulation gekennzeichnet. Beim akuten Infarktpatienten richten die Patienten Wünsche nach Geborgenheit, Stützung und Trost auf den Arzt bzw. klinischen Psychologen. Allerdings sind sie oft hinter einer Abwehr der Verleugnung verborgen und schwer zu erkennen.
• Psychotherapie
Therapeutisch stehen bei chronisch Koronarkranken die Aufklärung, Förderung der Compliance, Entspannungsmaßnahmen und verhaltensmedizinische Beeinflussung des Lebensstiles im Vordergrund. Beim akut Kranken müssen die fast immer vorhandene reaktive Depression und Angst durch stützende Gespräche aufgefangen und ggf. konfliktzentriert aufgearbeitet werden. In der Rehabilitation können psychotherapeutisch geführte »Koronar«-Gruppen dazu beitragen, dass hypochondrische Ängste abgebaut werden und die Verleugnung von Ängsten und Depressionen gemildert wird.
Risikopersönlichkeit
Als Risikopersönlichkeiten werden Muster von Einstellungen, Haltungen und Verhaltensweisen beschrieben, die auf lebensgeschichtliche Zusammenhänge, insbesondere auf früh verinnerlichte Beziehungserfahrungen zurückgehen und zu bestimmten Formen von Erkrankungen disponieren. So ist z. B. als Risikopersönlichkeit für die Entwicklung eines chronischen somatoformen Schmerzsyndroms eine sog. Schmerzpersönlichkeit (»Pain-prone-personality«) bekannt. Auch bei der Erforschung der koronaren Herzerkrankung (
Kritische Lebensereignisse (Life events)
Lebensveränderungen werden zum Krankheitsrisiko, wenn sie nicht voraussehbar und nicht kontrollierbar sind. Das geschieht, wenn innere und soziale Ressourcen nicht ausreichen, um die Beunruhigung oder das Gefühl der Bedrohung auszugleichen, das mit gravierenden Veränderungen des Lebens verbunden ist. Man spricht dann von kritischen Lebensereignissen, sog. Life events.16
Beispielhaft wurde der Einfluss von kritischen Lebensereignissen in der Herzinfarktforschung untersucht17. Danach gehen der Manifestation der koronaren Herzerkrankung häufig nicht bewältigte Lebensereignisse voraus. Als stärkstes Risiko gilt dabei der Tod der Partnerin oder des Partners.
Bei entsprechender neurotischer Disposition werden kritische Lebensereignisse zur Auslösesituation für die Krankheitsentstehung. Maßgeblich ist dabei ihre subjektive Bedeutung. Als Auslösesituationen wirken sie, wenn sie einen Konflikt aktualisieren, den die Betroffenen in ihrer Entwicklung nicht gelöst und stattdessen verdrängt haben. Misslingt die Konfliktlösung auch bei der aktuellen Wiederholung, dann werden neurotische Konfliktstörungen gebahnt.
1.1.2 Komorbidität
Krankheiten und Störungen können einzeln bestehen. Es können aber auch mehrere nebeneinander vorliegen. So können körperliche und seelische Erkrankungen gleichzeitig bestehen, ebenso wie mehrere seelische seelische Störungen zusammen auftreten können. Dieses Zusammentreffen von zwei oder mehreren Erkrankungen bezeichnet man als Komorbidität.
In der Psychotherapie bestand lange die Neigung, psychische Symptome einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer einzigen, möglichst ätiologisch begründeten Hauptdiagnose zusammenzufassen. Es bestand Zurückhaltung, Symptome auf mehrere diagnostische Entitäten und Achsen zu verteilen. Dahinter stand die Vorstellung, dass es zu einer gegebenen Zeit nur eine psychodynamische Dekompensation geben könne, aus der sich auch nur eine psychogene Erkrankung speisen könne.
Mit den Klassifikationssystemen ICD und DMS hat sich das Komorbiditätsprinzip der Diagnostik durchgesetzt. Es zentriert auf die Ebene der Phänomenologie. Das Zusammentreffen von zwei oder mehreren Erkrankungen wird danach – unabhängig von der Ätiologie – in Mehrfachdiagnosen dokumentiert.
Im Bereich der Psychotherapie ist Komorbidität häufig. Man findet sie vor allem bei Persönlichkeitsstörungen (
Neben Angststörungen bestehen häufig Somatisierungsstörungen oder bei depressiven Syndromen Sexualstörungen. Auch bei Verhaltensstörungen werden oft Mehrfachdiagnosen vergeben, z. B. Essstörung und narzisstische Persönlichkeitsstörung. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass es sich zumeist nicht um das gleichzeitige Auftreten von zwei ätiologisch unterschiedlichen Störungen handelt, sondern dass die Psychodynamik, die zugrunde liegt, sich auf verschiedene Weise auf der Symptomebene niederschlägt. Hier macht das Konzept der Komorbidität bei genauerer psychodynamischer Betrachtung keinen Sinn.
Aber auch die Komorbidität von psychischen und körperlichen Störungen und Erkrankungen ist relativ häufig.18 Zwischen 10 und 20 Prozent der Patienten mit chronischen körperlichen Erkrankungen dürften zugleich psychische bzw. psychosomatische Störungen aufweisen. Wenn eine primär körperliche Erkrankung zur Auslösesituation einer psychogenen Störung wird, z. B. ein Herzinfarkt zum Initiator einer Angststörung, dann kann man von einer sekundären psychogenen Störung sprechen. Diese Komorbidität ist bedeutungsvoll, weil die Patienten vor einer doppelten Bewältigungsaufgabe stehen, welche doppelte psychische Anpassungsarbeit erfordert, und zumeist ein zweigleisiges Vorgehen in der Behandlung erforderlich ist.
Die Beurteilung der Komorbidität ist kompliziert, weil die Ätiologie oft schwer einzuschätzen ist. Dabei kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:
• Mehrere psychogene Störungen können