Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman


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sagte Robert Walchow.

      »Wieso nur mich?«

      »Weil ich mich gern mal länger und ungestört mit Ihnen unterhalten möchte.«

      »Über Eva und Bernd?«

      Er lachte leise. »Nein, nicht über Eva und Bernd. Wir könnten natürlich auch über die beiden sprechen, über so manches andere aber auch.«

      »Ich weiß aber nicht, ob Barbara etwas vorhat«, sagte Annelie.

      »Vielleicht hilft sie Eva und Bernd beim Einrichten der Wohnung«, sagte er.

      »Ja, das wollte ich eigentlich auch«, erklärte sie sofort.

      »Sie müssen Ihre Hand schonen.«

      Und dann kam Dr. Norden und sagte ihr das auch. »Und kommen Sie ja nicht auf den Gedanken, den Verband abzunehmen«, erklärte er warnend. »Am Montag kommen Sie zu mir, dann schauen wir nach. Sollten die Schmerzen unerträglich werden, nehmen Sie eine Tablette.«

      »Ich nehme grundsätzlich keine Tabletten, und so schlimm wird es ja nicht sein. Was meinen Sie, wie oft ich mich schon geschnitten habe.«

      Sie erwachte zu alter Energie, und die beiden Männer tauschten einen langen Blick.

      »Ich passe auf, daß Frau Trewitz sich in acht nimmt«, erklärte Dr. Walchow. »Kann ich sie jetzt mitnehmen?«

      »Nichts dagegen zu sagen«, erwiderte Dr. Norden lächelnd. »Aber wenn ich gebraucht werde, ein Anruf genügt.«

      »Haben Sie eigentlich nie ein ungestörtes Wochenende, Herr Doktor?« fragte Annelie.

      »Diesmal habe ich Sonntagsdienst«, erwiderte Dr. Norden.

      »Dann sagen Sie Ihrer Frau beste Grüße.«

      »Werde ich gern tun. Und Sie gönnen sich mal ein bißchen Ruhe, Frau Trewitz.«

      Dr. Walchow führte Annelie zu einem Taxi, denn sie waren ja mit Dr. Nordens Wagen gekommen.

      »Die paar Meter kann ich auch zu Fuß gehen«, sagte Annelie. »Die Taxifahrer meckern sowieso, wenn sie nur eine kurze Fahrt kriegen.«

      »Fühlen Sie sich auch wohl genug?« fragte Dr. Walchow.

      »Meinen Beinen fehlt ja nichts«, erwiderte sie, aber sie duldete es dann doch ganz gern, daß er sie stützte. So ein bißchen schwindelig war es ihr noch immer.

      »Da ist ein Café«, erklärte er. »Wir könnten uns ein bißchen stärken.«

      »Ein Kaffee wäre nicht schlecht«, gestand sie ein. »Mein Mund ist ganz trocken. Das kommt wahrscheinlich von der Spritze. Aber hoffentlich kommt Barbara zurecht. Wissen Sie, die Kunden werden sauer, wenn sie ihre Bilder nicht bekommen. Das andere Zeug können sie ja auch woanders kaufen.«

      »Frau Schönberg wird das schon machen«, sagte Dr. Walchow. »Sie hat gute Nerven.«

      »Barbi ist überhaupt eine tolle Frau«, sagte Annelie. »Das müssen Sie doch auch festgestellt haben.«

      »Ich habe mich noch nicht so intensiv mit ihr befaßt«, erwiderte Robert hintergründig.

      »Das sollten Sie aber. Sie hat Format, wie Sie auch.«

      »Oh, herzlichen Dank für das Kompliment, aber ich befasse mich lieber mit Ihnen, Annelie.«

      »Wieso?« fragte sie.

      »Sie haben auch Format, und außerdem gefallen Sie mir alles in allem.«

      »Jetzt bringen Sie mich aber ganz hübsch in Verlegenheit, Herr Doktor.«

      »Sagen Sie doch nicht Doktor«, wehrte er ab.

      »Soll ich Boß sagen, wie die Kinder?«

      »Ich heiße Robert. Ich sage Annelie, und Sie sagen einfach Robert.«

      »Und was sollen die Kinder dazu sagen?«

      »Müssen wir die fragen?«

      »Es ist ein bißchen komisch«, sagte sie leise.

      »Ganz im Gegenteil.« Er legte seine Hand auf ihre. »Haben nicht auch wir Älteren ein bißchen Recht auf Glück, Annelie?«

      Sie sah aus wie ein verwirrtes junges Mädchen und war Eva so ähnlich, daß er sie am liebsten gleich in die Arme genommen hätte. Und sie ­schien zu ahnen, daß er an Eva dachte.

      »Waren Sie verliebt in Eva, Ro­bert?« fragte sie stockend.

      »Verliebt nicht«, erwiderte er. »Sie verkörperte das Bild eines Mädchens, von dem ich vergeblich geträumt habe. Es ist manchmal seltsam im Leben, Annelie. Ein Augenblick kann entscheidend sein. Damals war ich auch jung, und ich verbrachte mit meinen Eltern einen Urlaub im Salzkammergut. Es war der erste Urlaub nach dem Krieg. Und es war am Wolfgangsee, als ich ein Mädchen sah, das mir so gefiel, daß ich es kennenlernen wollte. Aber als ich den Mut gefaßt hatte, kam ein anderer Mann, legte den Arm um sie und ging mit ihr davon. Nie wieder bin ich einem solchen Mädchen begegnet, bis ich Eva kennenlernte. Über das Suchen hatte ich die Jahre vergessen, und dann wurde der Beruf mein Lebensinhalt. Und dann lernte ich nun Sie kennen, die etwas ältere Ausgabe von Eva, ein lebendig gewordenes Traumbild. Ist es schlimm, wenn ich es so offen sage, daß ich es festhalten möchte, damit nicht wieder ein anderer kommt?«

      Sie schaute ihn mit fragenden Augen an.

      »Am Wolfgangsee, sagten Sie. Dort haben wir unsere Flitterwochen verbracht. Es ist fünfundzwanzig Jahre her.«

      Ein Zucken lief über sein Gesicht. »Dann waren Sie es, Annelie, vor fünf­undzwanzig Jahren. Ich dachte nur an eine Ähnlichkeit«, fügte er leise hinzu.

      »Aber so was gibt es doch gar nicht, höchstens in Romanen«, flüsterte sie.

      »Das Leben schreibt die besten und die schönsten Romane«, sagte Robert leise. »Jedenfalls für mich, jetzt, da ein Traum Wirklichkeit werden könnte.«

      Annelie schloß die Augen. »Sagen Sie nur nicht, daß es keine anderen Frauen gegeben hat«, murmelte sie.

      »Es hat verschiedene gegeben, aber es kam eine Enttäuschung nach der anderen«, gab er zu. »Und als sich Eva bei mir vorstellte, lag eine Generation zwischen uns. Aber ich habe sie gemocht von Anfang an, und wenn sie sich in den Falschen verliebt hätte, wäre ich wie ein Löwe dazwischengesprungen. Und nun habe ich das Mädchen von damals wiedergefunden. Es ist wunderbar.«

      »Ich habe eine sehr glückliche Ehe mit Evas Vater geführt«, sagte Annelie leise. »Ich habe nie an einen anderen Mann gedacht.«

      »Ich verlange auch nicht, daß Sie ihn aus der Erinnerung streichen, Annelie. Aber schön wäre es schon, wenn ich mir auch einen Platz in Ihrem Herzen erobern könnte. Es wäre wunderschön.«

      »Daß es so etwas gibt«, flüsterte sie.

      Er nahm ihre gesunde Hand und zog sie an seine Lippen. »Du bist Wirklichkeit, Annelie. Laß mir die Hoffnung, daß auch ein Jugendtraum nach vielen Enttäuschungen Wirklichkeit wird.«

      »Aber warum waren es denn nur Enttäuschungen?« fragte sie beklommen.

      »Es war einfach nicht das, was ich suchte. Und jetzt habe ich es gefunden.«

      Annelie schwieg, aber sie duldete es, daß er ihre Hand festhielt. Ja, es machte sie glücklich.

      »Aber das dürfen die jungen Leute nicht erfahren«, sagte sie mit einem träumerischen Lächeln. »So was verstehen sie nicht.«

      »Es kann gern unser Geheimnis bleiben«, sagte Robert.

      »Aber es wirft ganz hübsche Probleme auf«, sagte sie nachdenklich.

      »Wieso?«

      »Ich werde Großmutter, Barbara auch, und wir wollten doch das Geschäft gemeinsam führen…«

      »Und ich würde sehr gern Großvater werden, da ich es bis zum Vater nicht gebracht habe.«

      Seine