nicht mehr geredet.
Welche Bedeutung er jetzt für Gitta bekommen sollte, ahnte sie noch nicht, sie wollte nur in Erfahrung bringen, was Julian jetzt trieb und wie er doch wieder so schnell nach oben gekommen war.
Julian kam zurück. Schließlich hatte er Gitta eingeladen und wollte auch die Zeche bezahlen.
»Was ist denn jetzt mit Bentham?« fragte sie. »Hatte er nicht auch einen Unfall? Kann er wieder spielen?«
»Er kuriert sich in einem Sanatorium aus. Ich werde ihn besuchen. Und wenn alles klappt, wird er wieder groß herauskommen. Insel der Hoffnung ist ja auch ein vielversprechender Name.«
Gitta stockte der Atem. »Da ist er?« fragte sie. »Ich habe schon davon gehört. Eine Bekannte von mir erholt sich dort. Ich wollte sie besuchen. Wenn du hinfährst, könntest du mich doch mitnehmen.«
Seine Augenbrauen ruckten leicht empor. »Nein«, sagte er abweisend, »belassen wir es bei dem Drink. Ich bin anderweitig verpflichtet.«
Gitta lachte auf.
»Also eine Frau«, bemerkte sie. »Du brauchst doch daraus nicht ein solches Geheimnis zu machen. Wie ist sie? Natürlich anders als ich.«
»Ganz anders«, entgegnete er.
»Willst du uns nicht bekannt machen?«
»Nein, das will ich nicht.«
»Du kannst doch nicht unterschlagen, daß du schon mal verheiratet warst.«
»Das ist ihr bekannt. Ich muß mich jetzt verabschieden. Adieu, Gitta.«
Er ärgerte sich, daß er sich überhaupt auf ein Gespräch eingelassen hatte. Er kannte schließlich ihre Hinterhältigkeit und Taktlosigkeit.
Mehr noch als Stefanie Linden interessierte es Gitta jetzt, was sich Julian für eine Frau geangelt hatte. Vielleicht die reiche Daisy, die damals schon hinter ihm her gewesen war? Es ließ ihr keine Ruhe. Sie brannte darauf, in Erfahrung zu bringen, welche Frau jetzt in Julians Leben eine Rolle spielte, und wenn sie zur Insel der Hoffnung fuhr, konnte sie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Das reizte sie maßlos. Aber wo sich diese Insel der Hoffnung befand, wußte sie noch immer nicht. Aber nun setzte sie alles daran, es in Erfahrung zu bringen.
*
Ralph hatte währenddessen sein Ziel schon erreicht. Er wurde erwartet. Peter war in der Zwischenzeit erwacht und auf sein Zimmer gebracht worden.
Er schien verhältnismäßig klar denken zu können, aber vergessen zu haben, daß Stefanie vorher bei ihm gewesen war.
»Bitte, sagen Sie Stefanie nicht, daß es mir nicht gutging«, bat er Dr. Cornelius. »Ich möchte nicht, daß sie beunruhigt wird.« Es schien seine größte Sorge zu sein. Er hatte wohl aber auch vergessen, daß er um den Besuch seines Bruders gebeten hatte.
Dr. Cornelius blieb bei ihm und war wirklich froh, daß er Stefanie überredet hatte, sich zur Ruhe zu begeben, denn auch jetzt war Peters Zustand noch sehr bedenklich.
»Können Sie mir erklären, was mit mir los ist?« fragte Peter. »Sie müssen es doch wissen.«
»Sie brauchen jetzt Ruhe«, erwiderte Dr. Cornelius ausweichend. »Sie dürfen die Spaziergänge nicht zu lange ausdehnen.«
»Ich bin krank, ich bin krank«, murmelte Peter. »Diese Angstzustände hören nicht auf. Ich kann nicht mehr atmen.«
»Es geht doch schon wieder besser. Haben Sie Schmerzen?«
»Nein, jetzt nicht.«
»Sie werden schlafen«, sagte Dr. Cornelius beruhigend, »und morgen fühlen Sie sich wieder besser.«
»Bis es wiederkommt. Mir fehlen die Tabletten.«
»Die werden Sie bekommen, Peter.«
»Ja, das ist gut. Dr. Norden ist doch ein guter Arzt.« Seine Stimme klang schon wieder sehr matt. »Aber Sie sagen Stefanie nichts«, bat er wieder.
»Nein, ich sage ihr nichts.«
»Ich bin gern hier. Es ist so schön, und ich habe mich so wohl gefühlt. Ich bin müde, so müde.«
Er schlief ein. Dr. Cornelius beobachtete ihn noch einige Minuten, dann ging er zu Anne, und sie hatte gerade Ralph begrüßt.
»Ihr Bruder schläft jetzt«, erklärte Dr. Cornelius. »Wir können uns unterhalten.«
»Was ist mit Stefanie?« fragte Ralph.
»Ich habe sie zu Bett geschickt. Sie ist einer großen Nervenbelastung ausgesetzt.«
»Wenn man mich nur gleich unterrichtet hätte«, sagte Ralph heiser, »ich hätte das nicht zugelassen.«
»Ich glaube nicht, daß Sie etwas hätten ändern können«, sagte Dr. Cornelius ruhig. »Mit dieser rapiden Verschlechterung war nicht zu rechnen. Er hatte zwei gute Tage. Immerhin scheint mein Anruf Sie nicht unvorbereitet getroffen zu haben.«
»Ich habe Dr. Norden aufgesucht. Er hat mir die nötige Aufklärung gegeben. Sie werden verstehen, daß ich erschüttert bin.«
»Wir sind es auch, Herr Reinhold. Es hat keinen Sinn, Ihnen die Wahrheit vorzuenthalten. Wir können nur noch Peters Schmerzen lindern. Aber er wird bald von diesen erlöst werden.«
»Er ist noch so jung«, stöhnte Ralph auf, »und er liebte das Leben!« Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Kann ich Peter sehen?« fragte er leise.
»Trinken Sie erst eine Tasse Tee«, sagte Anne. »Ich werde inzwischen nach ihm schauen.«
*
An Schlaf war bei Stefanie nicht zu denken. Ruhelos wanderte sie in dem Zimmer umher. Lange stand sie dann am Fenster und blickte zu dem sternenklaren Himmel empor, aber sie wußte, daß bei allem Wünschen und Wollen auch von dort keine Hilfe mehr kommen würde.
Ihre Augen brannten, aber erlösende Tränen kamen nicht.
Sie schlüpfte in ihren Mantel und ging auf Zehenspitzen hinaus, aber dieser Rücksichtnahme hätte es nicht bedurft, denn aus dem Appartement der Benthams klang Lachen.
»Es geht aufwärts«, hörte Stefanie Christopher sagen. »Bartosch kommt mit einem Angebot.«
Bartosch – dieser Name weckte eine Erinnerung in Stefanie. Wo hatte sie den schon gehört? Aber zuviel anderes beschäftigte sie, als daß sie darüber länger nachgedacht hätte. Sie ging hinaus. Drinnen ging die Unterhaltung weiter.
»Ich möchte nur wissen, wie er herausbekommen hat, daß wir hier sind«, überlegte Christopher.
Vanessa hätte ihm die Antwort darauf geben können, denn sie war es gewesen, die sich mit Julian Bartosch in Verbindung gesetzt hatte. Von ihren Eltern wollte Christopher ja keine Hilfe annehmen, also hatte sie sich für einen Umweg entschieden.
»Er scheint wieder gut im Geschäft zu sein«, bemerkte sie beiläufig.
»Dafür wird Daisy gesorgt haben. Nun hat sie ihn doch noch bekommen«, meinte Christopher. »Jedenfalls ist sie eine gute Partie.«
»Sie liebt ihn«, sagte Vanessa.
»Sie würde ihn in einer Notsituation nicht im Stich lassen wie Gitta.«
»In eine solche Situation wird er wohl nun nicht mehr kommen«, meinte Christpher.
»Was wissen wir denn schon, was alles kommen kann«, sagte Vanessa leise. »Wichtig ist doch nur, daß man sich liebt.«
Sie ließ sich von ihm in die Arme nehmen. Sie wußten, daß sie sich liebten und zusammengehörten. Sie hatten es bewiesen, Vanessa mehr noch als Christopher. Sie hatte ihm immer wieder Mut zugesprochen, immer und immer wieder, wenn er der Verzweiflung nahe war. Und nun schwanden die düsteren Schicksalswolken.
Doch über der Insel der Hoffnung braute sie sich zusammen. Stefanie sah die Sterne am Himmel nicht mehr, als sie zu Dr. Cornelius’ Haus ging. Sie hatte