einem halben Dutzend großer Namen in der Geschichte der christlichen Welt in Erinnerung bleiben.«13 Fragt sich nur, ob in der heutigen Zeit, da man sich praktisch für alles entschuldigt, nicht irgendein Papst dieses Fest zum Zeichen seines guten Willens wieder abschaffen wird. Ein Zyniker würde vielleicht hoffen, dass wir zunächst einmal abwarten, ob sich der Islam für die Eroberungen christlicher Länder von Spanien bis hin nach Afrika und Asien und die Massaker dort entschuldigt, mit denen er seine anfängliche Expansion vorangetrieben hat.
Diese früheren Päpste jedenfalls wussten, dass sie einen Feind und dass sie großes Glück gehabt hatten, nicht unter muslimische Militärherrschaft geraten zu sein. Der Kreuzzugsaufruf Urbans II. kann, obwohl oft missverstanden, im Großen und Ganzen als der verspätete und weitgehend erfolglose Versuch der europäischen Christen betrachtet werden, sich gegen den Islam zu verteidigen. Belloc war der Ansicht, dass das Kreuzfahrerheer von Anfang an unterbemannt und der Heroismus seiner Anführer oft größer war als ihre strategischen Fähigkeiten – und dass die Niederlage bei Hattin 1187 gegen Saladin eine der bedeutendsten Schlachten der Weltgeschichte war, weil sie die Herrschaft des Islams über weite Weltgegenden bestätigte, die noch heute großenteils islamisch kontrolliert sind. Anders als Stanley Jaki war Belloc nicht der Auffassung, etwas in der islamischen Theologie selbst hindere den Islam daran, sich jemals zu einer industriell oder militärtechnologisch irgendwie bedeutenden Macht zu entwickeln. Das Ausbleiben einer solchen Entwicklung war für Belloc reiner Zufall, während es für Jaki in der Vorstellung von einem absoluten göttlichen Willen und der daraus folgenden Verneinung stabiler Sekundärursachen wurzelte. Jaki führte die Wut im modernen Islam zu einem Großteil darauf zurück, dass es ihm nicht gelungen oder er nicht dazu in der Lage war, sich aus eigener Kraft zu modernisieren.14 In den meisten Fällen stammen Waffen und Equipment der muslimischen Staaten nach wie vor aus ausländischen Produktionen, sind in der Regel von minderer Qualität und mit Ölgeld bezahlt.
Die »neue« Waffe, die der Islam am 11. September 2001 präsentierte, ging mit einer Art fanatischer Entschlossenheit einher, jede nur denkbare Methode des Terrors einzusetzen – auch dann, wenn dabei Einzelne ihr Leben lassen, die, weil sie Ungläubige getötet haben, landläufig oft als »Märtyrer« betrachtet werden. Für diese Methode benötigt man nur wenig an Technologie. Und der Westen verfügt über eine allenfalls minimale moralische Ausrüstung, um auf derartige Taktiken zu reagieren. Denn wer nicht um sein eigenes Leben fürchtet, ist nur sehr schwer aufzuhalten – das wussten schon Aristoteles und Machiavelli. Doch keiner der beiden hatte dabei die Vorstellung im Sinn, dass jemand sein Leben zu diesem speziellen Zweck opfert. Genau genommen hat der Islam schon immer in der Geschichte des Westens in den Herzen derer, die unter seiner Herrschaft oder an seinen Grenzen lebten und für die unmittelbare Zukunft mit einem Angriff rechnen mussten, so etwas wie Terror ausgelöst. Belloc spielt auf dieses Phänomen an:
»Da diese Dinge so sind, scheint ein Wiederaufflackern des Islams, scheint die Vorstellung abwegig, dass dieser Terror, unter dem wir jahrhundertelang gelebt haben, wiederkehrt und unsere Zivilisation erneut gegen die Macht um ihr Leben kämpft, die tausend Jahre lang ihr schlimmster Feind gewesen ist. Wer in der heutigen muslimischen Welt wäre imstande, das komplizierte Gerät der modernen Kriegsführung herzustellen und zu warten? Wo ist die politische Maschinerie, auf die sich die islamische Religion stützen müsste, wenn sie in der modernen Welt eine gleichberechtigte Rolle spielen wollte?«15
Heute scheint diese Frage weniger rhetorisch, denn am Ende zählen Zahlen und es zählt die Entschlossenheit von Menschen, beim Einsatz moderner Maschinen – zum Beispiel ganz gewöhnlicher Flugzeuge – und in Ausführung dessen zu sterben, was für sie ein verbriefter religiöser Auftrag ist, während wir uns alle Mühe geben, es als schlichten und grundlosen »Terrorismus« zu klassifizieren. Hinzu kommt, dass dieser Terrorismus oder die von ihm ausgehende Bedrohung inzwischen allgegenwärtig ist. Aufseiten des Islams selbst sind bislang keine großen Bemühungen zu beobachten, seine eigenen »Terroristen« unter Kontrolle zu bringen oder jenen ihre Sympathie zu bekunden, die unter ihnen zu leiden haben oder sich vor ihnen schützen müssen.
Die Unbekehrbarkeit des Islams führt uns zu mehreren, womöglich radikalen Überlegungen. Unter Christen ist das Diktum verbreitet, dass das Blut der Märtyrer die Saat des Glaubens sei. Es hat im Laufe der Jahrhunderte viele, viele Christen gegeben – und es gibt sie noch immer –, die von muslimischer Hand das Martyrium erlitten haben. Wie im Fall des türkischen Massakers an den Armeniern ist eine Rechtfertigung immer zur Hand: dass die Christen Allah gelästert hätten. Allein schon die Existenz des Christentums ist nach muslimischen Begriffen eine Lästerung, solange wir an der Wahrheit der Inkarnation – dass Gott Mensch geworden ist – festhalten. Diese historischen Martyrien scheinen – im Hinblick auf etwaige Konversionen oder auch nur im Hinblick auf eine gewisse Aufmerksamkeit unsererseits – wenig oder gar nichts bewirkt zu haben.
Überdies haben wir es mit dem Parallelphänomen des muslimischen Märtyrers zu tun: des Menschen, der im Namen Allahs tötet – ob er nun in einer Kirche auf den Philippinen einen Sprengstoffgürtel detonieren lässt, französische Trappistenmönche in Algerien enthauptet oder Flugzeuge ins World Trade Center steuert. Solche Mörder werden in einem irgendwie fundamentalen Sinn als Märtyrer dargestellt. Und auch die Vorstellung von einem »Heiligen Krieg« ist dem Islam nicht unvertraut. So sehr sich die Kirche auch bemüht und aufzuzeigen versucht, dass solche Taten durch nichts zu rechtfertigen sind, werden die, die solche Taten verüben, doch noch immer zumindest in einigen maßgeblichen muslimischen Kreisen als echte Märtyrer betrachtet, die Allahs würdig, weil bestrebt sind, die Religion zu verteidigen oder auszubreiten. Wenn wir versuchen, dieser Position auf, nun sagen wir, naturrechtlicher Basis zu widersprechen, dann stellen wir fest, dass dieser Diskurs dem Selbstverständnis des Islams in vieler Hinsicht völlig fremd ist. Die Grundlage unserer Argumentation wird gar nicht als gültig anerkannt.
Belloc war der Ansicht, dass der Islam als Irrlehre begonnen und sich später, als er Verantwortung übernehmen und seine Erfolge auf dem Schlachtfeld erklären musste, auf kultureller Ebene zu einer neuen Religion entwickelt habe. Die erstaunlichen Erfolge auf dem Schlachtfeld mussten verwaltet werden.
»Der Mohammedanismus war eine Irrlehre: Das ist der wesentliche Punkt, den wir festhalten müssen, ehe wir auch nur einen Schritt weitergehen. Er hat als Irrlehre begonnen, nicht als neue Religion. Er war kein heidnisches Gegenstück zur Kirche: Er war kein fremder Feind. Er war eine Verkehrung der christlichen Lehre. Seine Lebenskraft und Ausdauer ließen ihn schon bald als eine neue Religion erscheinen, doch die, die seinen Aufstieg miterlebten, sahen ihn als das, was er war – keine Leugnung, sondern eine Adaptation und Fehlanwendung des Christlichen.«16
Wie die meisten Wissenschaftler anerkennen, stammt das, was der Islam aus der Offenbarung übernommen hat, großenteils eher aus dem Judentum als aus dem Christentum. Der Islam hat vieles von dem bewahrt, was Christentum und Judentum gemeinsam haben: die Transzendenz Jahwes, die Schöpfung, die göttliche Gerechtigkeit und Bestrafung, die besondere Beziehung des Volkes zu Gott.
Dennoch war der Islam anders als der Arianismus und andere frühe Irrlehren. Er entstand außerhalb der antiken christlichen Welt. Für ihn war Christus nicht Gott, sondern ein menschlicher Prophet. Damit leugnete er den wichtigsten Grundsatz des christlichen Glaubens.
»Mit dieser Leugnung der Menschwerdung war auch die gesamte sakramentale Struktur hinfällig. Er [der Muslim] wollte nichts von der Eucharistie mit ihrer Realpräsenz wissen; er setzte dem Messopfer und damit auch der Institution eines besonderen Priestertums ein Ende. Mit anderen Worten, er gründete seine Irrlehre wie so viele weniger bedeutende Irrlehrer auf Vereinfachung.«17
In Saudi-Arabien ist es – auch wenn nicht oft darüber gesprochen wird – selbst im privaten Bereich verboten, die Messe zu lesen. In anderen muslimischen Ländern ist die Messfeier unter Einschränkungen erlaubt und wird ständig durch die verschiedensten formellen und informellen Praktiken erschwert. Die Religionsfreiheit ist kein Begriff, der gleichsam natürlich aus dem muslimischen Denken hervorginge, sondern eine westliche Vorstellung, ja eine weitgehend westliche Idee. Die Religionsfreiheit zu praktizieren gilt im Islam im Grunde als mangelnde Unterwerfung gegenüber Allah – und das auch dort, wo nicht muslimische Kultformen