James V. Schall SJ

Der Islam


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einem halben Dutzend großer Namen in der Geschichte der christlichen Welt in Erinnerung bleiben.«13 Fragt sich nur, ob in der heutigen Zeit, da man sich praktisch für alles entschuldigt, nicht irgendein Papst dieses Fest zum Zeichen seines guten Willens wieder abschaffen wird. Ein Zyniker würde vielleicht hoffen, dass wir zunächst einmal abwarten, ob sich der Islam für die Eroberungen christlicher Länder von Spanien bis hin nach Afrika und Asien und die Massaker dort entschuldigt, mit denen er seine anfängliche Expansion vorangetrieben hat.

      Die »neue« Waffe, die der Islam am 11. September 2001 präsentierte, ging mit einer Art fanatischer Entschlossenheit einher, jede nur denkbare Methode des Terrors einzusetzen – auch dann, wenn dabei Einzelne ihr Leben lassen, die, weil sie Ungläubige getötet haben, landläufig oft als »Märtyrer« betrachtet werden. Für diese Methode benötigt man nur wenig an Technologie. Und der Westen verfügt über eine allenfalls minimale moralische Ausrüstung, um auf derartige Taktiken zu reagieren. Denn wer nicht um sein eigenes Leben fürchtet, ist nur sehr schwer aufzuhalten – das wussten schon Aristoteles und Machiavelli. Doch keiner der beiden hatte dabei die Vorstellung im Sinn, dass jemand sein Leben zu diesem speziellen Zweck opfert. Genau genommen hat der Islam schon immer in der Geschichte des Westens in den Herzen derer, die unter seiner Herrschaft oder an seinen Grenzen lebten und für die unmittelbare Zukunft mit einem Angriff rechnen mussten, so etwas wie Terror ausgelöst. Belloc spielt auf dieses Phänomen an:

      Heute scheint diese Frage weniger rhetorisch, denn am Ende zählen Zahlen und es zählt die Entschlossenheit von Menschen, beim Einsatz moderner Maschinen – zum Beispiel ganz gewöhnlicher Flugzeuge – und in Ausführung dessen zu sterben, was für sie ein verbriefter religiöser Auftrag ist, während wir uns alle Mühe geben, es als schlichten und grundlosen »Terrorismus« zu klassifizieren. Hinzu kommt, dass dieser Terrorismus oder die von ihm ausgehende Bedrohung inzwischen allgegenwärtig ist. Aufseiten des Islams selbst sind bislang keine großen Bemühungen zu beobachten, seine eigenen »Terroristen« unter Kontrolle zu bringen oder jenen ihre Sympathie zu bekunden, die unter ihnen zu leiden haben oder sich vor ihnen schützen müssen.

      Die Unbekehrbarkeit des Islams führt uns zu mehreren, womöglich radikalen Überlegungen. Unter Christen ist das Diktum verbreitet, dass das Blut der Märtyrer die Saat des Glaubens sei. Es hat im Laufe der Jahrhunderte viele, viele Christen gegeben – und es gibt sie noch immer –, die von muslimischer Hand das Martyrium erlitten haben. Wie im Fall des türkischen Massakers an den Armeniern ist eine Rechtfertigung immer zur Hand: dass die Christen Allah gelästert hätten. Allein schon die Existenz des Christentums ist nach muslimischen Begriffen eine Lästerung, solange wir an der Wahrheit der Inkarnation – dass Gott Mensch geworden ist – festhalten. Diese historischen Martyrien scheinen – im Hinblick auf etwaige Konversionen oder auch nur im Hinblick auf eine gewisse Aufmerksamkeit unsererseits – wenig oder gar nichts bewirkt zu haben.

      Überdies haben wir es mit dem Parallelphänomen des muslimischen Märtyrers zu tun: des Menschen, der im Namen Allahs tötet – ob er nun in einer Kirche auf den Philippinen einen Sprengstoffgürtel detonieren lässt, französische Trappistenmönche in Algerien enthauptet oder Flugzeuge ins World Trade Center steuert. Solche Mörder werden in einem irgendwie fundamentalen Sinn als Märtyrer dargestellt. Und auch die Vorstellung von einem »Heiligen Krieg« ist dem Islam nicht unvertraut. So sehr sich die Kirche auch bemüht und aufzuzeigen versucht, dass solche Taten durch nichts zu rechtfertigen sind, werden die, die solche Taten verüben, doch noch immer zumindest in einigen maßgeblichen muslimischen Kreisen als echte Märtyrer betrachtet, die Allahs würdig, weil bestrebt sind, die Religion zu verteidigen oder auszubreiten. Wenn wir versuchen, dieser Position auf, nun sagen wir, naturrechtlicher Basis zu widersprechen, dann stellen wir fest, dass dieser Diskurs dem Selbstverständnis des Islams in vieler Hinsicht völlig fremd ist. Die Grundlage unserer Argumentation wird gar nicht als gültig anerkannt.

      Belloc war der Ansicht, dass der Islam als Irrlehre begonnen und sich später, als er Verantwortung übernehmen und seine Erfolge auf dem Schlachtfeld erklären musste, auf kultureller Ebene zu einer neuen Religion entwickelt habe. Die erstaunlichen Erfolge auf dem Schlachtfeld mussten verwaltet werden.

      Wie die meisten Wissenschaftler anerkennen, stammt das, was der Islam aus der Offenbarung übernommen hat, großenteils eher aus dem Judentum als aus dem Christentum. Der Islam hat vieles von dem bewahrt, was Christentum und Judentum gemeinsam haben: die Transzendenz Jahwes, die Schöpfung, die göttliche Gerechtigkeit und Bestrafung, die besondere Beziehung des Volkes zu Gott.

      Dennoch war der Islam anders als der Arianismus und andere frühe Irrlehren. Er entstand außerhalb der antiken christlichen Welt. Für ihn war Christus nicht Gott, sondern ein menschlicher Prophet. Damit leugnete er den wichtigsten Grundsatz des christlichen Glaubens.

      In Saudi-Arabien ist es – auch wenn nicht oft darüber gesprochen wird – selbst im privaten Bereich verboten, die Messe zu lesen. In anderen muslimischen Ländern ist die Messfeier unter Einschränkungen erlaubt und wird ständig durch die verschiedensten formellen und informellen Praktiken erschwert. Die Religionsfreiheit ist kein Begriff, der gleichsam natürlich aus dem muslimischen Denken hervorginge, sondern eine westliche Vorstellung, ja eine weitgehend westliche Idee. Die Religionsfreiheit zu praktizieren gilt im Islam im Grunde als mangelnde Unterwerfung gegenüber Allah – und das auch dort, wo nicht muslimische Kultformen