Roland Lazenby

Kobe Bryant


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ähnlich waren. Der Teambesitzer selbst war ein großer Bewunderer von Pam Bryant. Sogar Jahre später schwärmte er noch immer von ihr.

      Pamela war wie ein Feldwebel, sagte Maltinti 2015 in einem Interview. „Sie war das Oberhaupt der Familie, der Boss. Sie war wunderschön, freundlich, aber auch knallhart.“

      Die Villa der Bryants war so groß, dass sie nach ihrem Auszug in zwei Häuser aufgeteilt wurde. Pam richtete das Haus ein und schmückte es, speziell zu Weihnachten, wo sie einen Ort der absoluten Ruhe daraus machte, erzählt Maltinti. Jahre später, als er hörte, dass die Familie sich entzweit hatte, bot er ihnen an, über Weihnachten wieder nach Ciriglio zu kommen, um in dieser friedlichen Atmosphäre wieder zueinander zu finden.

      Vittori verbrachte viel Zeit mit den Bryants in Ciriglio – so viel, dass Shaya Bryant seine erste Freundin wurde. Er erinnerte sich auch daran, dass Kobe sehr oft bei den Vittoris aß. „Er liebte Pasta“, sagt Vittori. Kobe beeindruckte Vittoris Eltern mit seinen Manieren, die sich allerdings nicht bis auf den Basketballplatz erstreckten.

      „Er hat dir nie den Ball zugespielt“, lacht Vittori. „Aber er wollte immer spielen. Immer. Er wollte einen Wurfwettbewerb.“

      Diese Wurfwettbewerbe waren für ihn wie ein Traum, der Realität wurde. Dabei waren seine Gedanken weit weg in der NBA und er zählte die letzten Sekunden auf der Uhr hinunter, in denen er gegen Jordan, Magic, Dr. J, seinen eigenen Vater oder wen auch immer den entscheidenden Korb erzielt.

      Kobe arbeitete hart daran, die Bewegungsabläufe der NBA-Stars zu studieren und kopieren. Später sagt er dann, dass ihn diese Spieler nicht besonders beeindruckten, da er ihre Moves selbst ausführen konnte. Und ja, das konnte er.

      Die Kinder der Bryants verbrachten viele Nachmittage im Haus der Vittoris und manchmal, wenn Joe sie abholen kam, brachte er Vittoris Mutter Blumen mit. Genauso oft verbrachte Vittori Zeit oben in Ciriglio bei den Bryants.

      Es lief zwar nicht alles perfekt beim Team in Pistoia, doch Joe Bryant und Leon Douglas schafften es, dem Club dabei zu helfen, seine Ziele zu erreichen. Als sie für ihre zweite Saison bei dem Verein zurückkamen, stand dort bereits eine 5.000 Zuseher fassende Arena. Es war ein niedriges Gebäude ähnlich einer Quonsetbaracke, doch den Leuten im Ort gefiel es. „Die Halle war immer ausverkauft“, erzählt Alessandro Conti.

      Joe Bryant hatte wieder eine starke Saison, doch er gab Maltinti keine Chance, ihm einen neuen Vertrag anzubieten. Stattdessen unterschrieb er bei Reggio Emilia und damit waren die Bryants wieder einmal unterwegs zu neuen Ufern.

      Auch dort gab es eine Jugendmannschaft und Kobe legte wieder das gleiche Verhalten an den Tag: er trainierte hart, war aber immer noch abgehoben in der Kabine. Auf dem Parkett wollte er alles selbst machen, sodass sich seine Teamkollegen überflüssig vorkamen. Er war so viel besser als die anderen, so entschlossen, dass es fast unmöglich für ihn war, seine Mitspieler zu verstehen. Letztlich begannen sie es ihm übel zu nehmen, dass er so eigensinnig spielte.

      Kobe erzählte später einmal, dass sie zu ihm sagten: „Hier in Italien bist du gut, aber wenn du wieder zurück in Amerika bist, wird das anders sein. Das ist ein ganz anderes Spiel da drüben“.

      Damit hatten sie nicht unrecht, zumindest am Anfang. Als Kobe im Sommer wieder in Philadelphia war und als Elfjähriger in der Sunny Hill League spielte, erzielte er keinen einzigen Korb in all seinen Spielen. Gut, er spielte in einer höheren Klasse, in der seine Gegner alle älter waren als er, doch er wurde regelrecht in Grund und Boden gespielt.

      „Kobe wuchs quasi in dieser Liga auf“, sagte Tee Shields, der schon Joe in der Sonny Hill League trainiert hatte, einmal zu Reportern. In einer seiner ersten Saisonen in Hills Liga sah sich ein Berufsberater die Spieleranträge durch, um zu sehen, wo es Probleme geben könnte und bemerkte, dass Kobe unter Karriereziel „NBA“ eingetragen hatte. Das war genau eine dieser unrealistischen Erwartungen, vor denen die Sonny Hill League die jungen Burschen bewahren wollte. Für Sonny Hill war Basketball nur der Köder, der die Burschen von den Versuchungen und Schwierigkeiten auf Philadelphias Straßen fernhalten sollte. Natürlich war der Sport auch wichtig, doch der Schwerpunkt lag darauf, den Jugendlichen realistische Zukunftsaussichten aufzuzeigen. Der Berater hatte schon sehr oft diese Antwort gelesen. Viele junge Spieler dachten, sie wären auf dem Weg zu NBA-Ruhm und dem großen Geld. „Die Chance, es in die NBA zu schaffen, liegen etwa bei eins zu einer Million“, meinte der Berufsberater zu Kobe, „du solltest dir also etwas anderes für deine Zukunft überlegen“.

      „Dann werde ich eben der eine aus der Million sein“, soll Kobe darauf geantwortet haben. Magic Johnson hatte es ja auch geschafft, genauso wie Michael Jordan. Warum sollte er es also nicht schaffen?

      Das war genau diese Art von Selbstvertrauen, die ihm sein Vater beigebracht hatte. Später gab es einige Stimmen, die diese Einstellung als reine Arroganz bezeichneten. Andere wiederum waren voller Bewunderung für jemanden so jungen, der so zielstrebig war, ganz zu schweigen von seiner Begabung, egal wie viele Punkte er als Elfjähriger erzielt hatte.

      Doch für Kobe selbst war diese Antwort nur logisch. Er wurde dazu erzogen, sich nicht als durchschnittlich zu sehen. Er wusste nur allzu gut über seinen Stammbaum Bescheid.

      „Mein Vater und Onkel Chubby verbrachten viel Zeit mit mir“, erzählte Bryant einst über seine Jugend. „Sie trainierten mit mir Werfen, Rebounds zu fangen und wie man verteidigt. Darüber hinaus motivierten sie mich, immer alles zu geben.“

      Insgesamt verbrachte Joe Bryant acht Saisonen in Europa als Spieler und Trainer in Italien, Spanien und Frankreich. Diese Erfahrung bedeutete auch, dass der junge Kobe viel herumgereist war und viele Orte und Sehenswürdigkeiten kennengelernt hatte: von den Alpen über den Vatikan bis hin zum Forum Romanum und den romantischen Kanälen Venedigs. Erst Jahre später, als sie auf diese Zeit zurückblickten, verstanden die Amerikaner, die in Italien gespielt hatten, wie entspannt dort alles war, egal für wen sie spielten. Joe erinnerte sich, wie er abends mit der Familie durch die örtlichen Straßen bummelte und Eiscreme aß – Erinnerungen, an denen sich die Familie Jahre später festhalten konnte, als sich die Dinge zum Schlechten wendeten.

      Im August 1991 fasste Joe den Plan, zumindest noch eine Saison weiterzuspielen. Zu dieser Zeit schien auch Pam sich damit abgefunden zu haben, in Übersee zu leben. Sie konnte bereits exzellent italienisch kochen und hatte viel Europäisches in ihren Lifestyle übernommen. Dazu hatte sie auch noch ein gutes Auge für Design. „Es ist wundervoll in Italien“, sagte sie damals. „Die Menschen hier sind so nett und jeder kennt jeden. Dass Joe dort spielen darf, ist Glück im Unglück.“

      „Ich muss sagen, dass meine Frau immer an meiner Seite stand in Italien“, gestand Joe der Tribune. „Ich liebe sie dafür, dass sie sich so gut um mich und unsere Familie kümmert.“

      Das Ende ihrer schönen Zeit in Italien erreichte die Bryants in Form eines Anrufs mitten in der Nacht im Herbst 1991. Kobes Großeltern informierten die Familie, dass Magic Johnson öffentlich bekannt gegeben hatte, sich mit HIV infiziert zu haben und er sich deshalb vom Basketball zurückziehen würde. Am nächsten Morgen erzählten Pam und Joe Kobe davon, ohne dabei zu sehr in die Details der Krankheit zu gehen, die den Star der Lakers zum Rücktritt gezwungen hatte. Das war aber egal. Der damals 13-Jährige war am Boden zerstört. Er weinte, wollte kaum etwas essen und trauerte über eine Woche. „Ich versuchte zu verstehen, was da passiert war“, sagt er später einmal. Er wusste nicht, was dieses HIV war. Also versuchte er es herauszufinden. „Ich weinte. Ich wusste nicht, worum es dabei ging. Also las ich einige Bücher und borgte mir einen Film zu dem Thema aus, um mehr herauszufinden. Als Kind weißt du nicht, wie du damit umgehen sollst. Ich hatte die Hoffnung, ihm irgendwie helfen zu können. Es war wirklich eine schwere Zeit für mich.“

      Joe hatte die Saison bei einem kleinen Verein in Frankreich begonnen, während seine Kinder eine Schule gleich über der Grenze in der Schweiz besuchten. Er hätte ewig weiterspielen können in Europa – oder zumindest noch für zwei weitere Saisonen – hatte er den Eindruck, als Spezialist für Sprungwürfe bei dem einen oder anderem Team. Doch trotz ihres komfortablen Lebens in Europa hatte Pam langsam genug davon, von Stadt zu Stadt zu ziehen und sie verspürte Heimweh. Außerdem