wenn man davon absah, dass das Bett hier an der rechten Wand lehnte, während es bei ihm auf der anderen Seite stand, herrschte hier sehr viel mehr Chaos als bei ihm. Außerdem erfüllte Sloane das Klischee, dass Frauen mit mehr Gepäck verreisten als Männer. Nicht nur den offenen Koffer, aus dem ein paar Shirts und eine Jeans heraushingen, schien sie dabeizuhaben, sondern einen erstaunlich großen Rucksack, eine kleinere Handtasche und zwei weitere Hartschalenkoffer, die neben der kleinen Couch standen.
Er dagegen war mit einer Reisetasche und seiner Gitarre nach Los Angeles gekommen.
Während er in ihrem Hotelzimmer stand, sich umsah und sich dabei ziemlich fehl am Platze vorkam, verschwand Sloane in ihrem Badezimmer und kam mit einem riesigen Kosmetiktäschchen zurück, das sie auf das Bett warf, und band sich anschließend ihre Locken zu einem Pferdeschwanz.
„Setzen Sie sich“, forderte sie ihn freundlich auf und deutete auf das Bett, dessen Decke zurückgeschlagen war und verdammt einladend aussah.
Dean, der noch nie in der Situation gewesen war, von einer Frau in deren Bett eingeladen worden zu sein, ohne sich vorher auszuziehen und ein paar Kondome bereitzulegen, setzte sich zögernd auf die Bettkante und fühlte sich ein bisschen wie die Maus in der Falle. Dabei sah Sloane gar nicht wie eine gefräßige, bösartige Katze aus.
Ganz im Gegenteil, denn sie wirkte weich und einladend und sexy, wie sie in der niedlichen Pyjamahose und dem sehr dünnen Top vor ihm stand und sich auf seine Wunde konzentrierte.
Dean hätte sich auch lieber auf seine Hand konzentriert, aber das fiel ihm sehr schwer. Genau vor seinen Augen befand sich nämlich ihr Ausschnitt, was ihn einigermaßen nervös machte.
„Ich habe ein mildes Desinfektionsmittel, mit dem ich den Knöchel reinigen würde, bevor ich eine Jodtinktur benutze, wenn das okay ist.“ Sie betrachtete seine Hand und bewegte vorsichtig seine Finger. „Das Jod sollte am besten an der Luft trocknen, aber ich würde die Stelle dennoch lieber verbinden. Die Tinktur hinterlässt nämlich überall Flecken.“
Als sie ihn fragend ansah, nickte er stumm und blieb kurz darauf sitzen, als sie sich umdrehte, um alles, was sie zur Versorgung seiner Hand brauchte, aus ihrem Kulturbeutel zu holen.
Um sich von der merkwürdigen Situation abzulenken, in der er sich zurzeit befand, und um Sloane nicht wissen zu lassen, wie verführerisch er ihren Anblick fand, hakte er räuspernd nach: „Wie kommt jemand dazu, Desinfektionsmittel, Verbandszeug und Jod in seinem Gepäck zu haben, wenn er nach Los Angeles fliegt?“
Sie lächelte leicht, während sie etwas Desinfektionsmittel auf eine Mullbinde gab. „In letzter Zeit bin ich viel verreist und kam durch Gegenden, die meistens ohne ärztliche Versorgung auskommen müssen. Deshalb habe ich es mir angewöhnt, wenigstens ein bisschen Desinfektionsmittel dabeizuhaben.“
„Mh.“
„Das kann jetzt ein bisschen brennen“, warnte sie ihn und presste vorsichtig die Mullbinde auf seine Wunde.
Dean spürte nichts, wenn er davon absah, dass ihm angesichts ihres neugierigen Blicks ganz warm in seiner Magengegend wurde. Und tiefer.
„Wohin sind Sie gereist?“, wollte er von ihr wissen.
Allem Anschein nach ahnte Sloane nicht einmal, dass er dieses Gespräch vor allem deshalb am Laufen halten wollte, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, als erwachsener Mann eine unerwünschte und völlig unpassende Erektion zu bekommen. Sehr freundlich und auskunftswillig erwiderte sie nämlich: „Zuletzt war ich in Bolivien. Vorher ging es nach Südafrika und in die Mongolei.“
Mit derart exotischen Reisezielen hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Interessiert begegnete er ihrem Blick. „In die Mongolei? Das klingt ziemlich ... ungewöhnlich.“
Sloane lachte heiser auf. „Das mag schon sein, aber dieses Land ist atemberaubend. Ich habe selten eine so faszinierende Landschaft und so gastfreundliche Menschen kennengelernt. Falls Sie noch nicht wissen, wohin Ihr nächster Urlaub gehen soll, sollten Sie sich überlegen, dorthin zu fahren.“
Dean glaubte nicht, dass er in naher Zukunft die Zeit hatte, um so eine weite Reise zu unternehmen. Während sie noch immer vorsichtig über seine Wunde tupfte, schweifte sein Blick zu ihren Koffern. „Haben Sie in die Mongolei auch so viele Koffer mitgenommen?“
„Was?“ Irritiert blinzelte sie.
Er deutete mit einem Kopfnicken zu den Koffern. „Sie reisen mit ganz schön viel Gepäck, wenn ich das so sagen darf.“
Sloane verdrehte die Augen, wirkte jedoch ganz und gar nicht beleidigt. „Das sind keine Klamotten und Schuhe, falls Sie das angenommen haben sollten.“
Er hob seine linke Hand und verkündete gespielt unschuldig: „So etwas wäre mir nie in den Sinn gekommen.“
Naserümpfend entgegnete sie: „Wieso glaube ich Ihnen das nicht?“
„Keine Ahnung.“ Von ganz allein zuckten seine Mundwinkel.
Sie antwortete nicht sofort, sondern warf die gebrauchte Mullbinde in den Abfalleimer hinter sich. „Tatsächlich brauche ich das alles für meinen Job.“
Dean fragte nicht weiter nach, warum eine Autorin mit zwei großen Hartschalenkoffern verreiste, und konzentrierte sich lieber darauf, was sie mit seiner Hand veranstaltete, als sie nach der Jodtinktur griff.
Sehr sorgfältig gab sie etwas von der dunkelbraunen Flüssigkeit auf einen Tupfer, mit dem sie dann seine verletzten Knöchel behandelte.
Trotz des beißenden Geruchs, der ihm in der Nase brannte, konnte er ihren Duft riechen und bemerkte, wie sich eine Gänsehaut über seinen Körper ausbreitete.
„Ist das besser?“ Ihre Stimme war klar und sanft und hüllte ihn ein.
„Viel besser“, antwortete er leise und schaute zu ihr auf.
Ihre grünen Augen funkelten und erwiderten seinen Blick. Er wurde den Verdacht nicht los, dass Sloane ganz genau wusste, woran er gerade dachte.
„Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich um meine Hand kümmern.“
„Gern geschehen.“
Obwohl sie mit ihrer Behandlung fertig zu sein schien, behielt sie seine Hand in ihrer. Und auch Dean zog sie nicht zurück.
Weil sich seine Lippen spröde anfühlten, fuhr er mit seiner Zunge über sie und erklärte an Sloane gewandt: „Wenn ich mich bei Ihnen revanchieren kann, lassen Sie es mich wissen.“
Ihr Mund krümmte sich zu einem Lächeln. „Ich werde daran denken.“
3
Als Sloane wach wurde, war sie im ersten Moment orientierungslos und wusste nicht sofort, wo sie sich befand.
Sie wusste nur, dass sie unglaublich gut geschlafen hatte und in der vergangenen Nacht nicht ein einziges Mal im Schlaf hochgeschreckt war. Stattdessen hatte sie sich behütet und beschützt gefühlt – eingehüllt in einen warmen Kokon.
Während sie gegen das helle Tageslicht blinzelte, das durch die Fenster des Zimmers fiel, erinnerte sie sich, dass sie in Los Angeles war, dass sie in einem Hotelbett lag und dass der warme Kokon der letzten Nacht vermutlich der schwere Männerarm gewesen war, der sich im Schlaf um ihre Taille geschlungen hatte.
Lächelnd drehte sie sich auf den Rücken, rekelte sich wohlig und strich sich ein paar Strähnen ihres vermutlich völlig zerzausten Haares aus den Augen. Erschöpft und entspannt zugleich dachte sie an die letzte Nacht, in der sie nicht allzu viel Schlaf abbekommen hatte, weil sie die mit einem Mann verbracht hatte. Das warme Nachglühen und das stetige Prickeln, das in ihr aufstieg, sobald sie sich an seine Berührungen erinnerte, sagten ihr, wie gut der Sex gewesen war.
Er war sogar fantastisch gewesen – heiß, sinnlich und explosiv.
Sloane fühlte sich an einigen Stellen ihres Körpers angenehm wund an, und andere Stellen wiederum wirkten, als wären sie aus einem lange andauernden