Poppy J. Anderson

Rockstar Love - Ein Song für Sloane


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gebaut hatte.

      Verdammt großen Scheiß.

      Er war einundzwanzig Jahre alt gewesen, als er Zac zum letzten Mal gesehen hatte. Damals war so ziemlich alles den Bach hinuntergegangen, wenn man es genau betrachtete. Die Band hatte sich aufgelöst, einer seiner besten Freunde hatte ihm gesagt, dass er ab sofort für ihn gestorben sei, und nach einem Saufgelage bei seinem Dealer war Dean auf einer Intensivstation aufgewacht, wo ihm mitgeteilt wurde, dass er an einer Überdosis beinahe gestorben wäre.

      An jene Zeit hatte er heute nur noch verschwommene Erinnerungen, denn er war selten nüchtern gewesen. Dazu war er zu einem regelmäßigen Konsumenten von Koks und von Aufputschpillen geworden. Ein gesunder Lebenswandel sah zwar anders aus, aber als Einundzwanzigjähriger, der sich wie ein Rockstar fühlte, vor Zehntausenden Fans auftrat und von wildfremden Frauen förmlich angebettelt wurde, sie auszuziehen und zu vögeln, konnte man ziemlich schnell die Bodenhaftung verlieren. Ihm war genau das passiert, und es hatte dazu geführt, dass sich die Band aufgelöst hatte. Seinetwegen.

      Es war allein seine Schuld gewesen, dass SpringBreak auf dem Höhepunkt der Bandkarriere kaputt gegangen war.

      Diese Schuld trug er seit Jahren mit sich herum, und wann immer er davon hörte, dass einer seiner früheren Bandkollegen unzufrieden mit seinem Job war, pleiteging oder kein Plattenlabel für sein neues Album fand, hatte ihn ein schlechtes Gewissen geplagt. Dieses schlechte Gewissen war unter anderem für zwei Rückfälle verantwortlich gewesen, nachdem er bereits trocken und clean geworden war.

      Wie man es drehte und wendete, aber Deans Leben war einige Zeit ein ziemlicher Scherbenhaufen gewesen.

      Noch als Teenager war er Musiker geworden, dem der schnelle Ruhm irgendwann zu Kopf gestiegen war und der sich in ein arrogantes Arschloch verwandelt hatte, das glaubte, dass sich die ganze Welt um ihn drehte. Natürlich war er auch der Meinung gewesen, dass er seine Sucht im Griff hatte, weil er der Größte war und ihn niemand aufhalten konnte. Und zusätzlich hatte er gedacht, dass er unwiderstehlich sei und dass wirklich alle Frauen auf ihn flogen.

      Das Ergebnis war nicht nur der Aufenthalt auf jener Intensivstation gewesen, sondern auch ein handfester Streit, der in der Trennung der Band geendet hatte, als Zac herausfand, dass Dean mit der Frau geschlafen hatte, in die er so sehr verliebt war, dass er über eine Hochzeit nachdachte.

      Das alles hatte Dean gewusst, und er hatte Zacs damalige Freundin Tonya nicht etwa abgewiesen und seinem Freund – einem seiner besten Freunde – auch nicht mitgeteilt, dass dessen Freundin ein Miststück war, das ihn hinter seinem Rücken betrog. Nein, das alles hatte er nicht getan. Stattdessen hatte er Tonyas Angebot angenommen und damit den Stein ins Rollen gebracht, der der Anfang vom Ende gewesen war.

      Dabei hatte er Tonya nicht einmal besonders heiß oder gar attraktiv gefunden. Außerdem hatte es stets genügend andere Frauen gegeben, mit denen er hätte schlafen können.

      Es war ihm klar gewesen, dass er Zac einen Schlag unter die Gürtellinie verpasste, wenn der erfuhr, dass er es mit seiner Freundin getrieben hatte. Was es über ihn aussagte, dass er trotzdem mit ihr geschlafen hatte, war eine der Fragen, die er während seiner drei Entzüge mit seinen Therapeuten durchgekaut hatte.

      Bis heute hatte er keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage gefunden.

      Dennoch hatte er sein Leben in den Griff bekommen, war endlich clean und trocken geworden und hielt dies seit acht Jahren durch, er besaß ein kleines Haus mit einem riesigen Grundstück und hatte es komplett allein saniert, und er war damit zufrieden, als Handwerker seine Brötchen zu verdienen.

      Trotzdem stand er nun hier auf einer Bühne irgendwo in Los Angeles, hielt eine Gitarre in den Händen und lauschte seinen ehemaligen Bandkollegen, die sich gutmütig gegenseitig auf den Arm nahmen, obwohl sie eigentlich hier waren, um ihren morgigen Auftritt zu proben.

      Denn SpringBreak würde morgen nach dreizehn Jahren Trennung wieder gemeinsam auftreten und einen neuen Song präsentieren.

      Wie es dazu gekommen war, dass sie sich alle zusammengerauft hatten, war Dean noch immer schleierhaft, denn sie alle hatten nach dem Aus der Band ein neues Leben begonnen. Zac arbeitete als Anwalt in Seattle, Jesse war Radiomoderator und lebte in Chicago, Cole tourte als DJ durch die Lande und er selbst wohnte in Oregon. Einzig Taylor war dem Musikbusiness treu geblieben und lebte in Los Angeles. Und er war derjenige gewesen, der es geschafft hatte, sie alle davon zu überzeugen, es auf ein Comeback ihrer Band ankommen zu lassen und dieses Revival anzugehen, das morgen bei der Fernsehübertragung des fünfundzwanzigjährigen Jubiläums eines Musiksenders stattfinden sollte.

      Dieses Revival war eine ziemlich große Sache, und Dean wusste ehrlich gesagt nicht, ob er sich all dem gewachsen fühlte, aber wie hätte er unter diesen Umständen Nein sagen können? Das Comeback war nur mit ihnen allen fünf möglich gewesen. Wenn er nicht zugesagt hätte, wäre die Idee ins Wasser gefallen. Nach allem, was damals passiert war, hatte Dean einfach zusagen müssen. Das war er seinen Bandkollegen schuldig. Auch wenn einer seiner Bandkollegen bisher kein Wort an ihn gerichtet hatte.

      Zac sprach gerade mit einem Tontechniker, während Cole und Jesse wie in alten Zeiten miteinander herumblödelten und Taylor in ein paar Unterlagen vertieft war. Dean dagegen hielt sich lieber im Hintergrund und kümmerte sich darum, dass seine Gitarre perfekt gestimmt war, als sich sofort an den Gesprächen zu beteiligen und im Mittelpunkt des Bandgeschehens zu stehen.

      Nach allem, was geschehen war, wollte Dean lieber den Beobachter spielen und so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen. Obwohl sich an der Dynamik innerhalb ihrer Band nichts verändert zu haben schien, war er doch nicht mehr der Gleiche wie früher. Mittlerweile war er ruhiger geworden – in sich gekehrter, nachdenklicher und abwägender. Dean war kein zwanzigjähriger Draufgänger mehr, der von Adrenalin lebte und dumme Entscheidungen traf, die Konsequenzen für sie alle nach sich zog. Das wollte er den anderen beweisen.

      Insbesondere Zac.

      Außerdem war Dean vorsichtig geworden. Woher sollte er wissen, dass sich nicht auch die anderen verändert hatten?

      In den letzten Jahren hatte er regelmäßigen Kontakt zu Taylor gehabt. Cole war er nur wenige Male über den Weg gelaufen. Und Jesse hatte er zum letzten Mal gesehen, als der überraschenderweise in der Entzugsklinik aufgetaucht war, in die sich Dean selbst nach seinem letzten Rückfall eingewiesen hatte. Das war jedoch bereits acht Jahre her.

      Wie konnte er erwarten, dass sie sich nicht ebenfalls verändert hatten?

      Gerade als er darüber nachdachte, wie seltsam und gleichzeitig vertraut es sich anfühlte, mit den anderen auf einer Bühne zu stehen, rief plötzlich Cole laut und deutlich: „Wir sollten noch einen Durchgang starten. Jesse sieht ziemlich müde aus und muss bald ins Bett, um seine zwölf Stunden Schönheitsschlaf zu bekommen, also sollten wir uns ein bisschen beeilen.“

      Jesse schien dies ganz und gar nicht beleidigend zu finden, da er Cole gutmütig anrempelte. „Schon gut, Cole, wir sind unter uns. Du kannst ruhig zugeben, dass du nach Hause willst, weil deine Lieblingssendung gleich beginnt. Wir haben Verständnis dafür, dass du Heimweh nach Tropicana hast und deshalb keine einzige Folge verpassen willst.“

      Dean schaute nicht auf, weil ihn seine Miene sicherlich entlarvt hätte, immerhin kannte er die Realityshow namens Tropicana, in der Cole vor einigen Jahren im Lendenschurz und Baströckchen teilgenommen hatte. Sein Bandkollege hatte sich damals ziemlich lächerlich gemacht und hatte tagelang mit anderen Promis auf einer einsamen Insel verbracht, um dort vor laufenden Kameras idiotische Aufgaben zu erfüllen. Cole war anschließend zu einer Art Witzfigur geworden. Vor Fremden hätte Dean ihn bis aufs Blut verteidigt, aber hier innerhalb der Band nahmen sie sich gegenseitig auf den Arm. Und das beinhaltete auch jene Realityshow.

      Cole dagegen schien Jesses Kommentar nicht allzu lustig zu finden, auch wenn der laut lachte. „Du bist zu komisch, Mann.“

      Zac, der sein Gespräch mit dem Tontechniker beendet hatte und wieder auf die Bühne getreten war, rief den beiden zu: „Wenn ihr zwei Komiker endlich zum Ende eurer Darbietung kommen würdet, könnten wir mit der Probe weitermachen.“

      „Hast