blieb dabei jedoch völlig gelassen. Für alle gut sichtbar, befand sich an seinem Ringfinger sein Ehering, den er nach allem, was Dean gehört hatte, noch nicht allzu lange trug.
Dass Zac mittlerweile verheiratet war, hatte Dean fälschlicherweise zu der Annahme verleitet, dass sein ehemaliger Freund über das hinweg war, was damals zwischen ihnen passiert war. Wenn er eine andere Frau geheiratet hatte, sollte er doch eigentlich nicht länger wegen dieser alten Geschichte wütend auf ihn sein.
Als sich ihre Blicke zufällig kreuzten und Zac ihn kalt ansah, ahnte Dean, dass sein Bandkollege noch lange nicht über das hinweg war, was damals zu ihrem Zerwürfnis geführt hatte.
Bevor er noch länger über ihn und Zac nachdenken konnte, kam Taylor zu ihnen auf die Bühne und erklärte geradezu grimmig: „Wenn wir uns alle zusammenreißen, sind wir bald fertig. Dann kann jeder von uns das tun, was er noch vorhaben sollte.“
Jesse johlte leise lachend auf und zog das Bandana um seine Haare fest. „Was du vorhast, wissen wir alle.“
Taylor antwortete nicht etwa mit einem lässigen Spruch oder einer lockeren Geste, sondern legte eine für ihn untypische Verbissenheit an den Tag, als sie ihren neuen Song Second Chances ein weiteres Mal für den morgigen Auftritt probten.
Obwohl Dean mit seinem Kumpel schon sehr lange nicht mehr auf einer Bühne gestanden hatte, fiel ihm auf, dass Taylor nicht bei der Sache war. Irgendwie konnte er den Eindruck nicht abschütteln, dass er mit den Gedanken woanders und nicht etwa hier bei dieser Probe war. Es gab nur eine Sache, die Taylor so wichtig sein konnte, dass er dafür die Generalprobe vernachlässigte.
Er beschloss, mit ihm darüber zu reden, weil er ahnte, dass es sich Taylor nie verzeihen würde, wenn das Comeback der Band seinetwegen ins Wasser fiel. Und weil es leichter war, sich auf das Drama seines Freundes zu konzentrieren, als über die beschissene Situation zwischen ihm und Zac nachzudenken.
Sobald die Probe beendet war, die im letzten Durchlauf wirklich gut gewesen war, schlug er Taylor gutmütig auf die Schulter. Ein paar Meter von ihnen entfernt verabschiedeten sich die anderen drei voneinander und nickten ihnen zu. „Sollen wir irgendwohin und ein Bier trinken?“
Taylor runzelte die Stirn. „Ich dachte, du bist trocken.“
Er fühlte sich durch die Frage keineswegs angegriffen und entgegnete daher ruhig: „Bin ich auch. Es gibt alkoholfreies Bier.“
„Und das schmeckt?“ Skeptisch musterte Taylor ihn. Er war ein bisschen kleiner als er, immer perfekt frisiert und bestens gelaunt und gehörte zu den skandalfreien Musikern, die eine blütenweiße Weste besaßen. Nicht umsonst hatte er ein Schwiegersohn-Image. Gleichzeitig war Taylor sein bester Freund – er war derjenige, der stundenlang bei ihm am Bett gesessen hatte, als er nach seiner Überdosis auf der Intensivstation wach geworden war. Und er war derjenige, der ihn zum ersten Entzug begleitet hatte.
„Frag lieber nicht“, antwortete er und hielt es für unsinnig, Taylor zu erklären, dass die Frage nach einem Bier eher metaphorisch gemeint gewesen war. Anstatt alkoholfreies Bier zu trinken, hielt er sich sowieso lieber an Wasser oder eine Limo.
„Sei nicht sauer“, warf Taylor ein und klang dabei ziemlich geschafft. „Aber ich bin heute nicht in Stimmung, um etwas trinken zu gehen und die Sache zwischen dir und Zac zu bereden. Lass uns das auf ein anderes Mal verschieben, wenn’s recht ist.“
„Eigentlich dachte ich, wir könnten den Grund bequatschen, aus dem du so mies gelaunt und nicht bei der Sache bist“, entgegnete Dean gelassen und folgte seinem Freund hinter die Bühne, wo sie sich einen Weg nach draußen suchten, um die Halle des Musiksenders zu verlassen.
Da das Gelände neben einem Bürogebäude mehrere Hallen und Aufnahmestudios beherbergte, hatten sie eine ziemliche Strecke vor sich, bis sie letztendlich zu den Parkplätzen kämen. Für Dean bedeutete das, genügend Zeit zu haben, um mit Taylor zu reden.
Es war offensichtlich, dass Taylor log, als er brummte: „Unser Auftritt morgen schlägt mir aufs Gemüt. Bei der zweiten Strophe gibt es einen Tempowechsel, der ...“
Dean unterbrach ihn mit einem Räuspern. „Seit wann schlägt dir ein Auftritt aufs Gemüt?“
„Seit der Auftritt entscheidend für unser Comeback ist. Ich will nichts vermasseln.“ Taylor runzelte grimmig die Stirn und schüttelte anschließend den Kopf.
„Dann solltest du vielleicht vorher das klären, was dich mit einem Gesicht herumlaufen lässt, als hätte jemand deine Lieblingsgitarre in Brand gesteckt.“ Weil er sich denken konnte, wo Taylor der Schuh drückte, fuhr er gelassen fort: „Oder als hätte deine Frau dich aus dem Haus geworfen.“
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Taylor ein dumpfes Stöhnen von sich gab und niedergeschlagen erklärte: „Sie hat mich nicht aus dem Haus geworfen. Sie ist ins Strandhaus gezogen.“
Dean folgte Taylor durch eine Tür in einen weiteren Flur des weitläufigen Gebäudes. „Ins Strandhaus? So, so.“
„Ja. Das ist der Vorteil einer reichen Freundin. Niemand muss in ein schäbiges Motel ziehen – man wechselt einfach die Residenz und geht dem anderen aus dem Weg.“ Taylor wirkte alles andere als glücklich.
„Klingt, als hättest du etwas gegen das Strandhaus oder die Tatsache, dass deine Freundin, die berühmte Ivy, sich mehrere Residenzen leisten kann.“
„Du müsstest mich besser kennen. Außerdem heißt sie nicht Ivy. Ihr Name ist Alexis.“ Er sah ihn von der Seite an.
Dean nickte. „Ich weiß, aber alle Welt nennt sie nun einmal Ivy.“
„Das ist ihr Künstlername“, widersprach Taylor, der in den vergangenen Monaten eine von der Öffentlichkeit viel beachtete Beziehung zur weltbekannten Sängerin Ivy geführt hatte. Eigentlich war Dean davon ausgegangen, dass diese Beziehung nicht mehr als eine PR-Aktion gewesen war, um das angeknackste Image des Superstars aufzupolieren.
„Ich dachte, eure Beziehung wäre nur zum Schein“, erinnerte er seinen Freund daher.
Der wirkte geknickt und wie ein Häufchen Elend. „Wäre ich derart am Arsch, wenn sie nur zum Schein wäre?“
„Ich schätze nicht“, gab er zu. „Also hast du gerade Streit mit deiner Herzallerliebsten.“
„So könnte man es nennen.“
„Willst du darüber reden?“
Taylor rümpfte die Nase. „Ja, aber mit ihr. Nicht mit dir.“
Die Antwort ließ ihn grinsen. „Dann tu das. Rede mit ihr.“
Anscheinend wechselte sein Freund das Thema, weil er unvermittelt von ihm wissen wollte: „Gehst du heute Abend auf diese Party, die Gooseberry veranstaltet?“
„Wechselst du gerade das Thema?“
„Ja, tue ich. Also? Gehst du hin?“
Schmunzelnd hakte Dean nach: „Wieso fragst du? Brauchst du ein Date, weil du dort nicht allein auftauchen willst?“
„Ich bleibe zu Hause, aber vielleicht solltest du dich dort sehen lassen“, schlug Taylor ihm vor.
Dean verdrehte die Augen und erwiderte trocken: „Gute Idee. Ich auf der Party unseres Plattenlabels mit jeder Menge kostenlosem Alkohol. Da bleibe ich lieber in meinem gemütlichen Hotelzimmer und sehe mir die Wiederholungen von Tropicana an, um etwas zu haben, mit dem ich Cole aufziehen kann.“
„Schau dir lieber Jeopardy an“, bat Taylor ihn. „Cole ist auf Tropicana nicht besonders gut zu sprechen.“
„Kann ich verstehen. Das wäre ich an seiner Stelle auch nicht.“ Welcher Mann sprach schon gerne über eine TV-Show, in der er sich zum Idioten gemacht hatte, weil er halb nackt an einem Glücksrad hing und nur einen Lendenschurz trug?
Taylor hielt Dean eine weitere Tür auf, die zu einem Fahrstuhl führte. „Ich auch nicht.“
Als Taylor plötzlich stockte und sich sichtlich