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3.3 Fremdes Geheimnis
§ 203 StGB stellt das unbefugte Offenbaren eines fremden Geheimnisses unter Strafe. Geheimnisse sind Tatsachen, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind87 und an deren Geheimhaltung derjenige, den sie betreffen, ein von seinem Standpunkt aus sachlich begründetes Interesse hat oder bei eigener Kenntnis der Tatsache haben würde.88 Dies setzt zunächst voraus, dass die Tatsache nur einer beschränkten Zahl von Personen bekannt ist. Dazu muss nicht einmal zwingend der betroffene Geheimnisträger selbst gehören. Auch eine vom Arzt dem Patienten verschwiegene Krankheit stellt grundsätzlich ein durch § 203 StGB geschütztes Geheimnis dar, obwohl der Patient selbst hiervon keine Kenntnis hat.89 Das Erfordernis einer beschränkten Anzahl von Personen ist auch noch dann erfüllt, wenn es sich bei den möglichen Mitwissern um eine bloß überschaubare Zahl handelt. Erst wenn die Tatsache zur Kenntnis beliebiger Dritter öffentlich ist, gilt sie nicht mehr als geheim.90
Grundsätzlich ist der Begriff des Geheimnisses weit auszulegen. Er umfasst z. B.
• die Art der Krankheit und deren Verlauf, Anamnese, Diagnose, Therapie und Prognose;
• psychische Auffälligkeiten, körperliche und geistige Mängel;
• Patientenakten, Röntgenaufnahmen;
• Untersuchungsmaterial und Untersuchungsergebnisse sowie
• sämtliche Angaben über persönliche, familiäre, berufliche, wirtschaftliche und finanzielle Gegebenheiten.91
Auch der Name eines Patienten und schon die Tatsache seiner Behandlung können ein Geheimnis darstellen, wenn diese Umstände nicht einem unüberschaubaren Personenkreis bekannt sind.92 Die Schweigepflicht über die bloße Tatsache der Behandlung gilt jedoch nicht gegenüber der Krankenhausverwaltung, da dieser die Identität aller stationären oder in einer Institutsambulanz behandelten Patienten allein aus Abrechnungsgründen bekannt sein muss.
Fremd ist das Geheimnis, wenn es aus Sicht des Arztes andere Personen (Patienten oder Dritte) betrifft. Ein ausschließlicher Patientenbezug ist mithin nicht erforderlich. Geschützt werden auch Informationen über Dritte, die der Patient dem Arzt anvertraut.93
3.4 Kenntnis im Rahmen der ärztlichen Funktion
Das Geheimnis muss dem Arzt in seiner Eigenschaft und Funktion als Arzt entweder anvertraut worden oder sonst bekannt geworden sein. In der Funktion als Arzt bedeutet, dass der Patient das Geheimnis mitteilt, gerade weil die betreffende Person Arzt ist.94 Dabei muss die Mitteilung nicht notwendigerweise während der Sprechstunde oder Behandlung, sondern kann auch z. B. auf der Straße oder bei gesellschaftlichen Anlässen erfolgen, solange die betreffende Person in ihrer beruflichen Eigenschaft als Arzt angesprochen wird.95 Nicht ausreichend ist es demgegenüber, wenn die Kenntnis nur »bei Gelegenheit«, etwa im Rahmen einer privaten gesellschaftlichen Festivität oder im Bekanntenkreis außerhalb der Berufsausübung oder durch illegale Einsicht in Patientenakten, erlangt worden ist.96
Anvertraut wird das Geheimnis einem Arzt, wenn es ihm im inneren Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs mündlich, schriftlich oder auf sonstige Weise unter »dem Siegel der Verschwiegenheit« mitgeteilt wird.97 Sonst bekannt geworden ist das Geheimnis dem Arzt, wenn er es auf andere Weise, jedoch gleichfalls im inneren Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs erfahren hat. Hierzu gehören z. B. auch von einem Arzt bei einem Hausbesuch gemachte Beobachtungen oder mitgehörte Gespräche von Familienangehörigen des Patienten. Ausreichend ist es, wenn gerade die Berufsausübung als Arzt die Möglichkeit der ungehinderten Kenntnisnahme verschafft hat.98 Dies gilt auch schon für Beobachtungen, die der Schweigepflichtige bei der Anbahnung des Behandlungsverhältnisses macht.99
3.5 Unbefugtes Offenbaren
Der Tatbestand des § 203 StGB belegt nicht jede Offenbarung eines Privatgeheimnisses mit Strafe, sondern nur die unbefugte Offenbarung. Offenbarung ist dabei jede Mitteilung des Geheimnisses an einen Dritten, auch an einen anderen nach § 203 StGB selbst Schweigepflichtigen, der das Geheimnis noch nicht oder nicht sicher kannte, es sei denn, der Dritte ist ebenfalls in das Behandlungsgeschehen eingebunden.100 Bei mündlichen Mitteilungen reicht die Kenntnisnahme des Dritten, bei einem Schriftstück liegt ein Offenbaren des Geheimnisses vor, wenn dem Dritten der Gewahrsam an dem Schriftstück mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme eingeräumt wird.101 Dies ist auch durch Unterlassen möglich, wenn z. B. der Arzt seine Patientenakten unbeaufsichtigt offen liegen lässt und dadurch die Einsichtnahme durch unbefugte Dritte ermöglicht.102 Gleichgültig ist auch, ob die Mitteilung an den Dritten »vertraulich« erfolgt.103
Unbefugt ist die Offenbarung, wenn sie ohne Zustimmung desjenigen erfolgt, den das Geheimnis betrifft, und auch sonst kein Recht zur Mitteilung besteht.104 Ein Recht zur Mitteilung kann sich aus
• gesetzlichen Vorschriften, die eine Offenbarung des Geheimnisses vorschreiben oder erlauben (gesetzliche Offenbarungsbefugnisse oder -verpflichtungen),
• aus der Einwilligung des Betroffenen oder
• aus anderen Rechtsinstituten (Wahrnehmung berechtigter Interessen, rechtfertigender Notstand) ergeben.
Damit gilt auch hier der allgemeine Grundsatz, dass eine Offenbarung von Privatgeheimnissen nur zulässig ist, soweit dafür eine gesetzliche Grundlage existiert oder der Betroffene eingewilligt hat.105 Im Folgenden werden die soeben aufgeführten