Andrea Hauser

Datenschutz im Krankenhaus


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in einem Fall entschieden, dass ein Arzt in einer Notstandssituation aufgrund seiner Garantenstellung verpflichtet war, die ärztliche Schweigepflicht zu brechen. Im entschiedenen Fall stellte das OLG Frankfurt am Main fest, dass der Arzt bei einer HIV-Infektion verpflichtet war, den Partner des infizierten Patienten über die Erkrankung aufzuklären, da sich der infizierte Patient in Bezug auf die Aufklärung seines Partners uneinsichtig zeigte und sich der Partner ebenfalls bei dem betreffenden Arzt in Behandlung befand.130 Der Arzt hatte somit dadurch, dass er auch die Behandlung des Partners des infizierten Patienten übernommen hatte, eine besondere Gefahrabwendungspflicht gegenüber dem Partner.

      Weitere Urteile liegen zu dieser Thematik bislang allerdings nicht vor, sodass eine weitere Typisierung von Fallgestaltungen, in denen eine Pflicht zur Nichtbeachtung der ärztlichen Schweigepflicht aufgrund einer Garantenstellung besteht, schwierig ist. Grundsätzlich wird aber ein behandelnder Arzt in Fällen akuter Lebensgefahr verpflichtet sein, seine Schweigepflicht in dem Umfang zu brechen, wie es erforderlich ist, um die drohende Gefahr vom Patienten abzuwenden. Dies gilt auch in Bezug auf die Anzeige möglicher Straftaten, von denen eine Bedrohung ausgeht.

      8.2.2 Nichtanzeige geplanter Straftaten

      9 Verhalten bei Verdacht auf Kindesmisshandlung

      Ärzte stehen darüber hinaus immer wieder vor der Frage, ob sie berechtigt oder sogar verpflichtet sind, beim Verdacht auf Vorliegen einer Kindesmisshandlung das Jugendamt und/oder die Polizei zu informieren, um weiteren Schaden von einem betroffenen Kind abzuwenden.

      9.1 Schwerwiegende lebensbedrohliche Verletzungen

      Das Kammergericht sah die Einschaltung der Behörden als gerechtfertigt an. Nach Meinung der erkennenden Richter konnten die Mitarbeiter des Krankenhauses angesichts der für ein Schütteltrauma »typischen« Verletzungen annehmen, dass möglicherweise ein Fall von Kindesmisshandlung vorlag. Dieser Verdacht reichte auch für eine Information der Behörden aus. Es sei nicht Aufgabe der Ärzte, einen Verdacht »auszuermitteln«, d. h. definitiv zu klären, welche Ursache eine Verletzung habe. Es reiche aus, dass die betreffenden Verletzungen typischerweise durch eine Kindesmisshandlung hervorgerufen würden und somit ein begründeter Verdacht vorhanden sei. Dies schließe aber nicht aus, dass auch andere Geschehensabläufe denkbar seien, denen keine Kindesmisshandlung zugrunde liege. Erschwerend kam hier hinzu, dass die vorhandenen Verletzungen nicht mit dem geschilderten Unfallgeschehen in Einklang gebracht werden konnten. Der im Verfahren hinzugezogene Sachverständige hatte ausgeführt, um die Verletzungen durch einen Anstoß des Kopfes an den Kindersitz beim Durchfahren einer Kurve hervorzurufen, hätte der Vater mit seinem Kind im normalen Verkehr mit einer Beschleunigung um eine Kurve fahren müssen, die weit über der eines Formel-1-Wagens liege.

      Die Mitarbeiter des Krankenhauses durften nach Ansicht des Kammergerichts auch von einer Wiederholungsgefahr ausgehen, obwohl nur eine Verletzung festgestellt werden konnte, weil diese eine Verletzung für sich genommen derart schwerwiegend und lebensbedrohlich war. Auch die Art und Weise der Information an das LKA und das Jugendamt war nicht zu beanstanden. Die Anzeige habe lediglich Angaben zu den festgestellten Verletzungen und zum Verhalten und den Äußerungen der Eltern enthalten. Dass die Verletzungen nur von den Eltern herrühren könnten und diese dringend tatverdächtig seien, könne