geöffneten Schulbibliothek. Heute gibt es nach wie vor einen Lehrerkollegen, der die Bibliothek betreut – dieser arbeitet aber konzeptionell und ist nicht für die Ausleihe tätig. Zusätzlich engagieren sich noch eine hauptberufliche Bibliothekarin, welche uns für ca. einen Tag je Woche unterstützt, sowie mehrere Mütter von jetzigen oder ehemaligen Schülern. Sie alle werden durch die Schule vergütet, managen den Buchbestand, betreuen die Ausleihe, sind Ansprechpartner für Schüler und erarbeiten auch in Rücksprache mit den Lehrkräften Konzepte zur Leseförderung in der Bibliothek. Dieses Engagement ermöglicht uns eine Bibliotheksarbeit auf einem ganz anderen Niveau.
Blick in die Bibliothek des Fürstenberg-Gymnasiums Donaueschingen
Welche Funktion erfüllt die Bibliothek in Ihrer Schule und wie ist sie mit dem pädagogischen Konzept und dem Unterricht vernetzt?
Die Bibliothek erfüllt am Fürstenberg-Gymnasium ganz verschiedene Funktionen:
• Sie ist, offensichtlich, ein Ort des Buches. Hier kann man lesen, in Pausen, in Freistunden oder nach der Schule. Die Bühne ist dazu im Tagesbetrieb extra mit gemütlichen Sitzsäcken ausgestattet. Und hier kann man wie in einer öffentlichen Bibliothek auch Bücher ausleihen, der Buchbestand ist elektronisch erfasst und kann recherchiert werden. Die Schüler dürfen sich Bücher wünschen und die Favoriten werden dann angeschafft. Der Buchbestand beinhaltet dementsprechend Literatur für Jugendliche von 10 bis 18+ Jahren.
• Sie ist ein Ort zum Arbeiten. Schüler können hier Referate vorbereiten, in Büchern recherchieren, Hausaufgaben machen. Zahlreiche PCs mit Zugang zum Internet und zum schuleigenen Netz bieten hierfür das notwendige mediale Umfeld. Vor allem für die höheren Klassen beinhaltet der Buchbestand viele hochwertige Fachbücher. Die Oberstufen-Abteilung sieht schon rein optisch wie eine klassische Universitäts-Bibliothek aus, aus deren Bestand z.B. Handapparate zusammengestellt werden. Auch für die Lehrer ist die Bibliothek ein Ort zum Arbeiten. Die Fachbereiche haben einen Grossteil der Fachliteratur in den Oberstufen-Bereich eingegliedert.
• Sie ist ein Unterrichtsort. Klassen oder Kurse können die Bibliothek für Unterrichtsstunden reservieren. Das können Buchrallyes, Aufführungen kleiner Theaterstücke oder andere Vorhaben sein. Man kann auch als Klasse gemeinsam in die Bibliothek gehen, um zu einem bestimmten Thema zu recherchieren.
• Sie ist ein Ort für kleinere schulische Veranstaltungen. Diese reichen von der Durchführung von Lesewettbewerben in Deutsch oder den Fremdsprachen (wir haben übrigens auch einen guten Teil an fremdsprachiger Literatur, meist Englisch) über kleinere musikalische Aufführungen bis hin zu Veranstaltungen unserer Vortragsreihe „Campus FG“, bei der wir teils gemeinsam mit Partnern aus der Stadt zu spannenden aktuellen Themen – meist aus Politik und Forschung – Experten von auswärts einladen und bei denen auch die Einwohner Donaueschingens herzlich eingeladen sind und gerne teilnehmen.
Kurz: Die Bibliothek ist in ihren eineinhalb Jahren, in denen sie nun geöffnet ist, zu einem lebendigen Ort des Lebens und Lernens mitten in der Schule geworden und es macht uns allen Spass, diese Entwicklung, die sicher noch weitergehen wird, zu verfolgen.
Was würden Sie einem befreundeten Schulleiter raten, der sich mit dem Gedanken trägt, eine Bibliothek an seiner Schule aufzubauen?
Hier kann ich mich kurz fassen:
1) Eine Schule benötigt heute und in Zukunft eine Bibliothek als lebendigen Ort des Lernens – mit gedruckten Büchern sowie elektronischen Medien.
2) Wenn es die Möglichkeit gibt, ein solches Projekt umzusetzen, dann sollte man sich die passenden Partner suchen und es wagen.
3) Es ist ungemein hilfreich, in der Konzeptionsphase andere Schulen mit Bibliotheken zu besuchen und sich Anregungen zu holen. Wir haben das auch getan und von allen Besuchen Ideen mitgenommen.
4) Und dann … Machen!
Herr Mosbacher, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Um die Entscheidung für ein tragfähiges Konzept zu erleichtern, sollen im Folgenden einige Möglichkeiten vorgestellt werden.
Die vorgestellten Konzepte sind in der Regel nicht in Reinform zu finden.
1.3.1 Lesebibliothek und Leseecken-Konzept
Vor allem in der Grundschule ist das Konzept der Lesebibliothek verbreitet. Sie unterstützt den Prozess des Lesenlernens, der Lese- und Sprachförderung. Ihr Ziel ist es, den Schülern eine gute Lesefertigkeit zu vermitteln, denn müheloses Lesen ist der erste Schritt zum „gerne Lesen“. Unbestritten ist der Wert der Lesekompetenz für alle Lebensbereiche. In der Primarstufe wird hierfür der Grundstein gelegt. Aber auch in der Unter- und Mittelstufe darf der Prozess nicht abbrechen. In weiterführenden Schulen hat die Lesebibliothek ebenfalls ihren Platz, oft verwirklicht als Teil eines Kommunikationsbereiches mit Sofas, Zeitschriftenpräsentation und Jugendbuch-Regalen.
Die kleinere Schwester der Lesebibliothek ist die Leseecke – nicht zu verwechseln mit der Klassenbibliothek. Im Unterschied zur Klassenbibliothek ist die Leseecke keine Einrichtung nur für eine Klasse, sondern sie hat die Funktion der übergreifenden Leseförderung. Sie kann Teil eines Multifunktions-, Computer- oder Pausenraumes sein und selbst im Flur lässt sich in manchen Fällen ein Plätzchen finden. Ihre Aufgabe ist es, den Schülern das „Erlebnis Buch und Medien“ nahezubringen (Dahm 2008, 4).
Entgegen landläufiger Meinung enthält die Lesebibliothek nicht nur Print-medien. Auch andere Medien wie animierte Bilderbücher, Filme und Hörspiele sind enthalten. Leseförderung mit Tablets und Apps ist eine ausgesprochen erfolgreiche Form der Leseanimation, die auch bei der Integration von Flüchtlingskindern punkten kann. Die Schulbibliothekarische Arbeitsstelle der Stadtbücherei Frankfurt a.M. hat eine eigene Broschüre mit Anregungen für Tabletprojekte herausgegeben (s. http://www.frankfurt.de/sixcms/media.php/738/ANSICHT_STB_Broschuere_iPaed_170x240_dy250416.pdf, Abruf: 11.10. 2017).
Die Lesebibliothek enthält aber nicht nur fiktionale Stoffe. Jungs lesen oft lieber Sachbücher als Romane und auch mit einem Buch über Fussball, einer Autozeitschrift oder einem Comic lässt sich lesen lernen. Lesebibliothek und Leseecke sind Orte der Leseanimation und des ausserunterrichtlichen Lesens (Dahm 2008, 9), gehen also deutlich über das hinaus, was im Unterricht an Themen behandelt wird, knüpfen an die Freizeitinteressen der Kinder und Jugendlichen an und eröffnen neue Horizonte.
Die Gestaltung des Raumes ist farbenfroh und gemütlich. Die Lesebibliothek enthält keine oder wenige Tische. Sie ist auf das Lesen – alleine oder in Gruppen – ausgerichtet. Man findet deshalb in der Lesebibliothek vorwiegend gemütliche Sofas, Sessel, Sitzsäcke, Sitzwürfel, Hocker, eine Liegelandschaft oder Sitztreppe. Ausserdem sind Hörstationen für die parallele Nutzung von Hörbuch und gedrucktem Buch, ein grosser Bildschirm oder ein Smartboard zur Vorführung von Bilderbuchkino und animierten Bilderbüchern sowie ein Tabletwagen für Tabletprojekte sinnvoll.
Mehr als andere Formen der Schulbibliothek ist die Lesebibliothek auf Aktionen in und mit der Bibliothek angewiesen. Die Ergänzung einer Bühne oder eines Podests ist deshalb zu überlegen. Dort können die oben genannten Medienprojekte stattfinden, aber auch Kamishibais* vorgeführt oder kleine Theaterstücke aufgeführt werden. Die Bibliothek aufzubauen und dann darauf zu hoffen, dass die Kinder und Jugendlichen schon kommen werden, funktioniert heute nicht mehr. „Das Lesen fördern mit allen Sinnen und allen dem Zweck dienlichen analogen und digitalen Materialien – das ist die Devise …“ (Lücke/ Holderried 2016, 202), der die Lesebibliothek folgt.