kann. Wir wünschen uns, dass sich viele mit uns auf den Weg machen und dass die Anregungen in diesem Band den Weg leicht und erfolgreich gestalten mögen.
Die Erkenntnisse, die in die Texte dieses Buches eingeflossen sind, wurden über Jahre schulbibliothekarischen Arbeitens und Forschens gesammelt. Jeder, der ein Handbuch herausgibt, ist auf eine solche Basis angewiesen. Vielen müssten wir also danken. Besonders nennen möchten wir hier die Expertengruppe Bibliothek und Schule des Deutschen Bibliotheksverbandes, die in ihrer Besetzung von 2003 bis 2009 und mit Unterstützung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) das Portal www.schulmediothek.de aufgebaut hat. Ausserdem sind Tipps und Veröffentlichungen vieler Praktiker aus Schulbibliotheken des In- und Auslandes eingeflossen, ohne deren
Vorarbeit dieses Buch nicht hätte entstehen können. Last but not least gilt unser Dank den Autoren der Beiträge, die uns immer wieder ermutigt haben und unsere Überarbeitungs- und Ergänzungswünsche mit Geduld und Tatkraft umgesetzt haben.
Angelika Holderried, Birgit Lücke
Anmerkung
Begriffe, die im Text mit * gekennzeichnet sind, werden im Glossar erläutert.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird in diesem Buch auf die Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für beiderlei Geschlecht.
Angelika Holderried, Birgit Lücke, Andreas Müller
1. Vom Nutzen der Schulbibliothek für die Schule und die Schüler
Mittendrin. Diesen Lagevorteil hat die Schulbibliothek als Ort des Lernens für Schüler gegenüber einer räumlich getrennten Öffentlichen Bibliothek. Aber das ist kein Vorteil gegenüber anderen Räumen in der Schule. Wo kann im Vergleich die Schulbibliothek ihren Platz finden?
Der Klassenraum ist der Ort, an dem fast der gesamte Unterricht stattfindet. Man hat als Schüler seinen festen Platz, seine Nachbarn, seinen Blickwinkel auf den Lehrer, auf die Tafel, auf das zentral gesteuerte Unterrichtsgeschehen. Insofern ist der Klassenraum auch identitätsstiftend für den Einzelnen. Wenn der Lehrer mit den Schülern den Klassenraum bewusst als gemeinsamen Lernraum gestaltet, indem er zum Beispiel Schülerprodukte aus dem Projektunterricht aushängt, wird auch Klassengemeinschaft und damit Gruppenidentität dokumentiert. Der Klassenraum ist so im Idealfall ein wenig die Heimat des Schülers in der Schule.
Der Fachraum ist der Ort, an dem bestimmter Fachunterricht stattfindet: Turnhalle, Chemieraum, Physikraum, Biologieraum, Kunstraum und Musikraum, das sind die Klassiker. Der Fachraum hat die jeweils passende Ausstattung: Kletterwände und Basketballkörbe die Turnhalle, zahlreiche Wasser-, Strom- und Gasanschlüsse und Schränke mit Reagenzgläsern der Chemieraum. Der Fachraum lenkt den Blick auf die Besonderheiten des jeweiligen Fachs, der Blick geht damit auch weg vom Frontalunterricht hin zu anderen Sozial- und Arbeitsformen, zur Gruppe zum Beispiel als Mannschaft im Sport, zum Projekt zum Beispiel beim Versuch im naturwissenschaftlichen Unterricht.
Es gibt einen weiteren Unterrichtsraum in der Schule, der weder Klassennoch Fachraum ist: der Computerraum. Er wird nur punktuell für bestimmten Unterricht und deshalb von vielen verschiedenen Lerngruppen genutzt und ist insofern vom Klassenraum als „Heimat“ verschieden. Aber er kann andererseits in vielen verschiedenen Fächern gute Dienste leisten und unterscheidet sich insofern vom Fachraum. Ist also die Schulbibliothek eine Art Computerraum mit Büchern und anderen Medien als „Zugabe“? Die Frankfurter Erklärung des Deutschen Bibliotheksverbandes (Abdruck, S. 257) dreht den Spiess um, indem sie feststellt: „Die moderne Schulbibliothek ist der ideale Knotenpunkt für das Medienangebot und die Medienpädagogik der Schule. Sie führt gedruckte und digitale Angebote an einem Ort zusammen: aktuelle Bücher und Internet, Lesen und Surfen. Indem die Schulbibliothek neben Büchern die digitalen Ressourcen bündelt, ersetzt sie den wenig flexiblen konventionellen Computerraum (jenseits des Informatikunterrichts)“ (Frankfurter Erklärung 2015, 1). Die moderne Schulbibliothek ist heute also ein Ort der Medienbildung und der Leseförderung, doch was heisst das konkret?
1.1 Was die Schulbibliothek alles kann
„Eine Schulbibliothek ist ein zentral gelegener Marktplatz, ein im Herzen der Schule gelegenes Wissenszentrum. Einzeln oder in Gruppen wird hier Wissen geholt, geliefert, getauscht, gesucht und gefunden. Entweder mit Hilfe neuer Medien oder auf traditionellere Weise durch Bücher“ (G. Fischer-Kosmol 2009, 33). Bei dieser Definition der Schulbibliothek steht die Funktion der Bibliothek im Mittelpunkt und man kann sich gut vorstellen, dass es auf diesem Markplatz bunt und lebendig zugeht. Schüler und Lehrer treffen sich dort, um in Gemeinschaft oder alleine zu recherchieren, zu arbeiten und zu lernen. Wer hätte nicht gern ein solches Wissenszentrum in der Schule?
Und in der Tat ist der Gedanke an eine Bibliothek, die alle Bücher und Medien zentral sammelt, verzeichnet und für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts zugänglich macht, immer der erste, wenn es um die Neueinrichtung einer Schulbibliothek geht. Die traditionelle Funktion einer Bibliothek, Bücher und Non-Books bereitzuhalten, gilt unbestritten auch für Schulbibliotheken.
Die Schulbibliothek ist „… zentraler Medienraum, zentraler Informationsbereich, Ort der Leseförderung, Unterrichtsraum und Kommunikationsraum“, definiert das Fachportal www.schulmediothek.de (Abruf 28.08.2017) und erweitert damit das „Wissenszentrum“ um die Funktionen „Leseförderung“, „Unterricht“ und „Kommunikation“. Wenn man den Marktplatz ernst nimmt, ist zumindest die Kommunikation aus dem Bild nicht wegzudenken.
Grundlegend für die Schulbibliothek ist jedoch nach wie vor die Leseförderung, die vor allem in Grundschulen einhergehen muss mit Sprachförderung. „Auf der Basis bundesweiter Elternbefragungen konnte wiederholt gezeigt werden, dass knapp ein Viertel der vor der Einschulung stehenden Kinder in einem Sprachtest als förderbedürftig im Deutschen diagnostiziert wurde“ (Bildung in Deutschland 2016, 66). 21% der Kinder mit verzögerter Sprachentwicklung stammen dabei aus deutschsprachigen Haushalten (vgl. ebd., 66). Zur Leseund Sprachförderung lässt sich vorwiegend in weiterführenden Schulen noch eine Erweiterung ergänzen, die der Leitfaden der LAG Hessen auf den Punkt bringt, indem er die Schulbibliothek auch als „kulturelles Zentrum“ definiert (LAG-Bausteine für ein hessisches Schulbibliothekswesen 2006, 10). Was das tatsächlich heissen kann, ist überall dort zu besichtigen, wo Schulbibliotheken Veranstaltungen anbieten – von der klassischen Autorenlesung über den Poetry Slam bis hin zur Aufführung von Filmen der Film-AG.
Bei entsprechender Ausstattung und Betreuung kann man von Schulbibliotheken sogar „Produkte“ erwarten. „Makerspaces*“, also Bereiche, in denen die verschiedensten Dinge entwickelt und produziert werden, gibt es in Schulen schon lange: Werkraum, Physiksaal, Handarbeitsraum oder Chemielabor. Für die Schulbibliothek muss definiert werden, welche Produkte dort entstehen sollen und welche Ressourcen hierfür zur Verfügung gestellt werden. Naheliegend ist die Schulbibliothek als digitale Kreativwerkstatt. Wichtig dabei: die technische Ausstattung muss den konzeptionellen Vorgaben dienen. So hat zum Beispiel die amerikanische Big Walnut Middle School in Sunbury, Ohio, die Aktivitäten der Schulbibliothek streng auf die Unterstützung der Unterrichtsinhalte hin ausgerichtet und bietet hierfür moderne digitale Technik an vom interaktiven Touchscreen über Digitalkameras bis hin zum als Monitor nutzbaren TV-Gerät (vgl. Gonzales 2016).
Bleibt noch eine letzte Funktion, die die Schulbibliothek vor allem in der Ganztagsschule erfüllen sollte, sie kann nämlich auch ein Ort für Freizeit und Entspannung sein. Das Spielen von Spielen – traditionell oder digital –, das Hören von Hörbüchern und das Schmökern in einem