Dietrich Schulze-Marmeling

Davidstern und Lederball


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gegenüber dem Lokalrivalen TSV 1860. Während die Behörden dem TSV 1860 wegen dessen Kollaboration mit dem NS-Regime mit gewisser Reserviertheit begegneten, konnte der FC Bayern seine anfängliche Abneigung gegenüber der braunen Herrschaft und das langjährige Mitwirken von jüdischen Bürgern geltend machen. Hier war vor allem die Person Landauers behilflich, der nun beim FC Bayern eine ähnliche Funktion erfüllte wie der eine oder andere Kommunist bei dem einen oder anderen Verein im Ruhrgebiet.

      Am 29. Juli 1945 erfolgte auf dem Platz der Hypobank der Anpfiff zum ersten Münchener Nachkriegsderby, das mit einem Remis endete (2:2). Am 26. August 1945 kam es zu einer Neuauflage an der Grünwalder Straße. 12.000 Zuschauer sahen einen klaren 4:0-Sieg des FC Bayern. Die Einnahmen wurden den Verfolgten des Nazi-Regimes gespendet.

      Jüdische Bürger haben in der Geschichte des FC Bayern somit in drei entscheidenden Phasen eine wichtige Rolle gespielt. Seine Gründung hatte der Klub ganz wesentlich den jüdischen Freunden Josef Pollack und Gustav Rudolf Manning zu verdanken. Bei seinem Aufstieg in die nationale Spitze und zum ersten nationalen Meistertitel war Kurt Landauer federführend. Und Landauer war es auch, der dem Klub in den Nachkriegsjahren aufgrund seiner Biografie bei den Verhandlungen mit der Stadt oder der amerikanischen Militärverwaltung einen Startvorteil gegenüber dem lokalen Konkurrenten verschaffen konnte.

      Vom falschen Umgang mit der richtigen Geschichte

      Die NS-Zeit bewirkte diesbezüglich beim FC Bayern eine erheblich schärfere Zäsur als bei anderen, von ihrer Historie her ähnlich gelagerten Adressen. Ein weiterer Grund dürfte die bereits erwähnte, im Vergleich zu einigen anderen deutschen Großstädten geringere Prägekraft jüdischer Lebenswelten in München gewesen sein, die auch eine geringere Hinterlassenschaft bedeutete. In Wien, Budapest und Amsterdam firmierten nicht nur Klubs, sondern auch die Städte selbst als »jüdisch«.

      Allerdings hat der FC Bayern auch selbst dazu beigetragen, dass die Erinnerung an seine jüdischen Pioniere und jüdischen Mitglieder in Vergessenheit geraten ist. Der Bruch mit der Geschichte, zu dem die Nazis den FC Bayern zwangen, wurde vom Klub nach dem 8. Mai 1945 nur für kurze Zeit revidiert. Die letzte offizielle Bayern-Publikation, die sich mit der Situation des FC Bayern in den Jahren 1933-35 etwas ausführlicher auseinandersetzt, ist Siegfried Herrmanns Jubiläumsbuch zum 50-jährigen Bestehen des Vereins. Dabei spielten sicherlich drei Dinge eine Rolle: Bayern-Präsident war im Jubiläumsjahr erneut Kurt Landauer. Außerdem handelte es sich beim für das Buch verantwortlichen Autor um einen langjährigen engen Mitstreiter des jüdischen Präsidenten. Zudem waren die braunen Jahre zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch in frischer Erinnerung.

      Schämt sich der Verein dieses Aspektes seiner Geschichte? Zumindest empfindet man diesen offenkundig nicht als populär. Der FC Bayern bewegt sich in einem Umfeld, in dem die Beschäftigung mit der braunen Vergangenheit nicht jedermanns Sache ist und der jüdische Präsident, dem der FC Bayern seinen Aufstieg zu einer nationalen Top-Adresse, aber auch viel internationale Reputation zu verdanken hatte, als schwer vermittelbar erscheint. Der FC Bayern als Produkt zweier jüdischer Fußballverrückter, wie Heiner Gillmeister die Genese des Klubs beschreibt, mag hier dem einen oder anderen geradezu