Dietrich Schulze-Marmeling

Davidstern und Lederball


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des englisch-deutschen Fußballpioniers dar; sie wohnten und arbeiteten zuweilen in England, sie besuchten eine höhere Schule und die Universität. Vor allem aber waren sie, wie ihre Biografien zeigen, stets hochmobil, ebenfalls ein Kennzeichen der in jener Zeit neu entstehenden Schicht der Angestellten, aus der die Fußballklubs um die Jahrhundertwende ebenfalls viele Mitglieder rekrutierten.

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      Das 1913 eingeweihte Deutsche Stadion in Berlin war die erste große Sportanlage im Deutschen Reich. 1920 spielte hier die Berliner Stadtauswahl gegen Basel. Links Schiedsrichter Peco Bauwens (der spätere DFB-Präsident), rechts neben ihm Simon Leiserowitsch.

      Nicht selten blieb deswegen jüdischen Kommilitonen auch der sonst übliche Gang in elitäre Studentenverbindungen verwehrt. Der Eintritt in Fußballvereine war nun eine Möglichkeit, diesen Makel auszugleichen. Denn diese neuartigen Vereinigungen eiferten dem sozialen Status der angesehenen Studentenverbindungen nicht nur in der Namensgebung nach (etwa mit »Alemannia«, »Markomannia« oder »Germania«), sie kopierten auch weitgehend deren gesellschaftliche Gepflogenheiten. Heftige Besäufnisse, Kommers genannt, waren an der Tagesordnung, und auch die Gesänge der Fußballer entsprachen den Usancen der studentischen Verbindungen. Beispielhaft dafür steht das frühe Vereinsleben der am 9. April 1902 gegründeten »Berliner Tennis- und Ping-Pong-Gesellschaft Borussia«, die sich alsbald in Tennis Borussia Berlin umbenannte. Wehmütig erinnerte sich Klubgründer Dr. Jacques Karp 1927 in der TeBe-Festschrift an Zeiten, »da ein Kamke und ein ›Bumm‹ nach sportlichem Tun die ›Fide-litas‹ der Borussentafel mit studentischem Brauch führten und selbst die hartnäckigsten Philister zum Mitmachen veranlassten. Alte Burschenherrlichkeit war es, wenn Kamke als ›Präside‹ statt des sonst gewohnten Rapiers seinen neu erstandenen echten Manilarohr-Spazierstock auf die Kneiptafel schmetterte, ›Silencium‹ oder ›In die Kanne‹ gebot. Nachher glich sein guter Stock einem Besen, von oben bis unten in einzelne Fasern aufgesplittert. Nach jedem Spiel – ob es nun in den Zeiten des Schönhauser ›Exers‹, des Niederschönhausener Wirkens oder nach dem Sport auf dem Platze in der Moabiter Seydlitzstraße war – entstand eine solche Tafelrunde. Die Gaststätten um den ›Exer‹ herum, das Vereinsheim Schlegel, der ›Patzenhofer‹, ›Pfefferberg‹ und manches andere Lokal des Schönhauser Viertels könnten ein Stück dieser Geselligkeit erzählen.«

      Der Weg der Tennis Borussia

      Personifiziert wurde der kometenhafte sportliche Aufstieg des Klubs durch den Juden Alfred Lesser, ebenfalls Klubgründer und bis 1933 die zentrale Figur des Vereinslebens. Geboren am 23. Mai 1882 in Guben, hatte Lesser 1903 im Verein das Fußballspiel angeregt. Es ist unbekannt, welche schulische und berufliche Ausbildung Lesser genoss, auf jeden Fall brachte er es bald zu einer lukrativen Teilhaberschaft in der Firma Lesser & Masur, die vor dem Ersten Weltkrieg mit Melasse handelte, und wohnte inmitten des Hansa-Viertels in Tiergarten. Obwohl dieser Stadtteil von einer wohlhabenden jüdischen Mittelschicht geprägt wurde, war es doch kein jüdisches Ghetto, als welches etwa das Londoner East End betrachtet wurde, auch dann nicht, wenn es kaum ein Haus gab, in dem nicht mehrere jüdische Familien lebten. Die meisten verdienten als selbstständige Kaufleute ihr Geld, und wenn sie politisch und jüdisch interessiert waren, gehörten sie in den 1920er Jahren überwiegend der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und dem Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens an. Der größte Teil der Juden indes war, so beschreiben es jedenfalls Zeitzeugen, säkularisiert und besuchte die Synagoge meist nur zu besonderen Anlässen.

      Lesser nutzte seinen beträchtlichen Wohlstand schon bald zu einem ve-ritablen Mäzenatentum. 1912 stiftete er während seiner ersten Amtszeit als Vorsitzender dem Verein die 27.000 m2 Grundfläche fassenden Sportplätze in Niederschönhausen, die Basis für die weitere Entwicklung des Vereins. (1928 konnte das Grundstück, als der Verein nicht liquide war, mit einer Hypothek über 12.000 Mark belastet werden.) Gleichzeitig war damit der Weg vom Tennis- zum Fußballverein weitgehend besiegelt, da die Anlagen für Fußball ausgelegt waren. Vor allem Lesser war dafür verantwortlich, dass der Klub sich in den 20er Jahren zum zweitbesten Fußballklub nach Hertha BSC entwickelte. Er, der 1925 außerdem zum Vizekonsul von Honduras avancierte, finanzierte Anfang der 20er Jahre aus seinem Privatvermögen viele Auswärtsfahrten, lockte außerdem ruhmreiche Mannschaften wie Hakoah Wien oder Cardiff City zu Gastspielen in das Poststadion. Als der Verein 1925, weil mit Carl Koppehel ein bezahlter Geschäftsführer eingestellt werden sollte, eine Unterdeckung im Etat befürchtete, übernahm Lesser gemeinsam mit einem weiteren Gönner kurzerhand das Gehalt für ein Jahr.

      Bereits im Kaiserreich haftete dem Verein, der 1910 erstmals in die höchste Berliner Klasse aufstieg, durch Mitglieder wie Lesser ein nobles Image an, er besaß zweifelsohne eine Sonderstellung unter den Berliner Vereinen im Norden. Die »innere Struktur des Clubs« um 1910, erinnerte sich Trainer Richard Girulatis in der Festschrift des Vereins anno 1952, war schließlich »bestimmt durch eine ganze Anzahl wohlhabender Mitglieder«. Beleg dafür ist auch ein Bonmot, das seinerzeit die Runde machte. Als die Borussia in einem entscheidenden Spiel um die Klassenmeisterschaft den Rivalen