und gönne mir diese Wohltaten auch.
Wenn ich mich auf irgendeine Art unzulänglich fühle, kann ich mir meistens sagen: Anderen geht es häufig genauso.
Welche dieser Sätze sagen Sie (innerlich) häufig zu sich, welche eher selten und welche praktisch nie? Je mehr Sie zu den oben stehenden Grundannahmen über sich neigen, desto höher ist Ihr Selbstmitgefühl.
Eher abwertende Sichtweisen auf sich selbst:
Wenn ich bei einer wichtigen Aufgabe nicht erreiche, was ich mir vorgenommen habe, fühle ich mich unzulänglich.
Wenn mir etwas Unangenehmes passiert, suche ich schnell die Schuld bei mir, statt mir einen möglichst objektiven Überblick über die Lage zu verschaffen.
Wenn es mir schlecht geht, glaube ich häufig, dass die meisten anderen Menschen bestimmt glücklicher sind als ich.
Ich missbillige viele Seiten meiner Persönlichkeit.
Welche dieser Sätze sind (noch) typisch für Ihren Umgang mit sich und welche hören Sie sich innerlich selten oder nie sagen? Wenn Ihnen viele dieser Aussagen bekannt vorkommen, spricht das für ein bislang geringes Selbstmitgefühl.
Welche Grundhaltung Sie gegenüber sich selbst einnehmen, hat zum Teil mit der Erziehung und dem genetischen Erbe zu tun. Aber es liegt auch zu einem großen Teil an Ihrem Umgang mit sich selbst, ob Sie eher mit einer düsteren oder einer helleren Brille auf sich blicken. Innere Komplizenschaft ist bis ins hohe Alter erlern- und ausbaubar! Und sie lohnt sich.
Menschen mit höherem Selbstmitgefühl weisen niedrigere Blutwerte des Stresshormons Cortisol auf und haben eine gesundheitsförderliche höhere Variabilität der Herzfrequenz. Untersuchungen an US-amerikanische Soldaten, die in Afghanistan und im Irak eingesetzt waren, haben gezeigt: Soldaten mit höherem Selbstmitgefühl zeigen deutlich seltener Symptome von posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch die Neigung zu Perfektionismus, Suchtkrankheiten und Essstörungen sind bei Personen mit hohem Selbstmitgefühl niedriger ausgeprägt.Die US-amerikanische Psychologin Kristin Neff, eine Expertin auf dem Gebiet der Glücks- und Achtsamkeitsforschung, unterscheidet zwischen drei Dimensionen der Inneren Komplizenschaft:
Ja sagende Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit gegenüber uns selbst – im Unterschied zu permanenter fordernder und abwertender Selbstkritik
Geteilte Menschlichkeit: Damit wäre zum Beispiel ein Gedanke gemeint wie »Andere Führungskräfte oder sonstige Menschen haben auch schon einmal ähnliche Schwierigkeiten gehabt, wie ich sie jetzt erlebe«. Also die Selbsterkenntnis, dass andere höchstwahrscheinlich ganz ähnliche Herausforderungen zu bewältigen haben wie Sie – statt Isolationsdenken.
Achtsamkeit als akzeptierender, nicht wertender Fokus auf ein »Hier! Jetzt! Ich!« Wenn Sie etwa Stress oder Anspannung oder Sorgen spüren: Nehmen Sie diese Emotionen erst mal so klar wie möglich wahr, ohne sich von ihnen überwältigen zu lassen, aber auch ohne diese sofort wegzudrücken. Das hilft unter anderem, um klare und kluge Entscheidungen zu treffen und nicht in lähmende Zaghaftigkeit oder panischen Aktionismus zu verfallen.
Wie genau kann Innere Komplizenschaft gehen, was können Sie tun, um diese zu fördern? Mit dieser ersten Übung können Sie Ihren konkreten Tagesablauf und Ihre Zuständigkeiten besser an Ihre Präferenzen, Stärken und Abneigungen anpassen.
Die drei V
Verändern, Verteilen, Verabschieden: Mit diesen drei Ansätzen können Sie eine möglicherweise belastende Arbeitssituation optimieren. Fragen Sie sich zunächst, was Sie möglicherweise an Ihren üblichen Tätigkeiten verändern könnten: Ist es möglich, bestimmte Dinge gemeinsam mit anderen Personen anzugehen, zu anderen Tages-, Wochen- oder sogar Jahreszeiten zu erledigen und sogar an neuen oder unterschiedlichen Orten zu tun als bisher üblich? Muss der Tag immer mit den Mails starten, müssen Sie komplizierte Berichte auch wirklich im Büro schreiben? Verteilen Sie Arbeit: Delegieren Sie Aufgaben, die Ihnen Mühe machen, die andere vielleicht auch viel besser und lieber erledigen als Sie selbst. Gegebenenfalls könnten Sie ja dafür manches an sich nehmen, das wiederum Sie besser und lieber machen. Und, drittens, überlegen Sie immer mal wieder, welche Routinen und Standards sich bei Ihnen eingeschliffen haben, die Sie guten Gewissens verabschieden können oder zumindest auf Zeit verabschieden können – ohne oder bis es überhaupt jemand merkt.
Eine zweite Übung setzt sich mit dem Inneren Kritiker auseinander, der vielen Menschen häufig zu schaffen macht. »Ich erledige meine Arbeit zu langsam«, »Ich bin zu konfliktscheu in Auseinandersetzungen« oder »Ich reagiere zu impulsiv auf Kritik«. Vielleicht gehen Sie ja in solchen oder ähnlichen – ausgesprochenen oder unausgesprochenen – Sätzen mit sich zu Gericht. Solche destruktiven Denk- und Handlungsgewohnheiten können die eigene Leistungsfähigkeit dauerhaft einschränken. Dann könnten Sie Folgendes ausprobieren, wenn Sie zum Beispiel gerade in einer schwierigen Situation sind oder sich wegen eines Fehlers über sich selbst ärgern:
Brief an den Inneren Kritiker
Stellen Sie sich einen sehr wohlwollenden Kollegen, Vorgesetzten oder Freund vor: Was würde der zu Ihnen jetzt sagen? Wie würde er Verständnis für Ihre Lage zeigen, wie würde er Sie aufmuntern und was den Argumenten des Inneren Kritikers entgegnen? An welche eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten würde er Sie erinnern? Oder wie würden Sie einen anderen Menschen, den Sie sehr mögen und schätzen, in der gleichen Situation trösten, unterstützen und motivieren? Schreiben Sie einen kurzen, wohlmeinenden Brief – entweder aus der Perspektive einer wohlgesonnenen Person an sich selbst oder eben an eine andere Person in der gleichen Lage. Nehmen Sie sich dafür zehn Minuten, vielleicht schreiben Sie sogar mit der nicht dominanten Hand – also als Rechtshänder mit der Linken und umgekehrt –, damit können Sie noch einfacher am inneren Kritiker vorbeischreiben. Lesen Sie sich diese Nachricht selbst vor – wahrscheinlich sehen Sie Ihre Zweifel oder Ihren Ärger jetzt mit mehr Nachsicht. Und vielleicht nehmen Sie diese wohlmeinende Botschaft an den Inneren Kritiker das nächste Mal zur Hand, wenn Sie wieder in einer ähnlichen Situation sind.
Um zwei häufige Missverständnisse über Innere Komplizenschaft auszuräumen: Sie führt in schwierigen Situationen nicht immer zu sofortiger Verbesserung des eigenen Zustandes. Das Ziel ist eher eine nachhaltige mentale und seelische Erholung – statt einer schnellen »Glückspille«. Selbstmitgefühl kann Ihnen daher helfen, mit Krisen, Kummer und Einschränkungen zurechtzukommen, ohne dass Sie deshalb mit einem Dauergrinsen durch die Flure des Büros rennen müssen. Denn zwanghafte gute Laune kann auch eine Form von Selbstfeindschaft sein. Selbstmitgefühl muss nicht zwingend weich oder »gefühlig« sein – es kann auch eine klare Verteidigung der eigenen Grenzen und eine Art von Selbstmotivation beinhalten. Kristin Neff bezeichnet das als das »Yin und Yang« des Selbstmitgefühls.
Das Innere sortieren
Von wirksamen Führungskräften wird einiges erwartet – gerade in Zeiten von Krise und Umbruch. Sie müssen viele Dinge wissen, tun, können, am besten gleichzeitig, auch wenn sich diese einander eigentlich widersprechen.
Im Spannungsfeld der Wünsche
Wie ist das bei Ihnen? Wahrscheinlich wird auch von Ihnen – wie von so vielen anderen Führungskräften – Unterschiedliches gleichzeitig verlangt:
von oben vorgegebene Ziele umzusetzen und gleichzeitig auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen,
fachlich Ahnung von Ihren Themen zu haben und gleichzeitig Ihre Mitarbeiter darin zu fördern, dass sie über ihre Kompetenzen hinauswachsen,
die Mission Ihres Unternehmens mit den Wertvorstellungen der Mitarbeiter und möglichst noch mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was Ihnen selbst wichtig