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Agile Organisation – Methoden, Prozesse und Strukturen im digitalen VUCA-Zeitalter


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plädieren für ein agiles Lean-Portfoliomanagement. Sie erläutern zentrale Prinzipien (entnommen aus dem agilen Skalierungsframework SAFe), auf denen ein solches Portfoliomanagement beruhen sollte, und stellen konkrete Werkzeuge und Methoden zur praktischen Umsetzung vor.

       Teil D: Agile Organisation unternehmensübergreifender Ökosysteme

      Den Abschluss des Buches bilden zwei Beiträge aus der Wissenschaft, die Agilität aus einer unternehmensübergreifenden Perspektive betrachten, denn Organisation findet ja nicht nur in, sondern auch zwischen Unternehmen statt. Auch Ökosysteme und Plattformen sind agil zu gestalten bzw. Unternehmen müssen die nötige Agilität mitbringen, um in dynamischen Netzwerkkonstellationen zu agieren, mit verschiedenen Unternehmen zu kooperieren und ggf. auch mal zwischen Netzwerken zu wechseln.

      Der Hochschulprofessor PROF. DR. WOLFGANG BUCHHOLZ betrachtet in seinem Beitrag deshalb die Rolle von Agilität in datenorientierten B2B-Plattformen. Bezogen auf die fünf Dimensionen Strategie, Prozesse, Strukturen, Mitarbeiter und Technologie erläutert er jeweils, warum Agilität für B2B-Plattformen relevant ist und wie eine agile Ausgestaltung aussehen könnte.

      Im abschließenden Beitrag beschäftigt sich DR. MARCEL MAURER mit den Wettbewerbsvorteilen und Agilitätseffekten plattformbasierter Ökosysteme. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht das Entscheidungsproblem, schnell genug zu beurteilen, ob eine und wenn ja welche, Form der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit begonnen, beendet oder verändert werden sollte. Zur Lösung dieses Problems wendet MARCEL MAURER die agile Effectuation-Methode an.

      Die beiden Beiträge von BUCHHOLZ und MAURER lenken den Blick auf eine bisher weniger beachtete Thematik und sollen als Impuls für eine intensivere Betrachtung von Agilität in unternehmensübergreifenden Ökosystemen dienen.

      Die verschiedenen Buchbeiträge zeigen etliche Gemeinsamkeiten, bieten gleichzeitig aber auch unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema. Durch die bunte und abwechslungsreiche Palette an Schreibstilen sollte das Lesen hoffentlich kurzweilig und interessant sein.

Wir wünschen allen Lesern viel Spaß und spannende Erkenntnisse bei der Lektüre!
Teil A

       Agile Organisation – Systematischer Überblick des Themenkomplexes

      Thorsten Petry und Christian Konz

      1 Agilität als Kernherausforderung im digitalen VUCA-Zeitalter

      Das Digitalzeitalter1 stellt viele Branchen und Unternehmen vor massive Veränderungen und Herausforderungen. Exemplarisch sollen hier kurz zwei typische Beispiele aufgeführt werden. Zum einen die bekannte Automobilindustrie, u. a. mit den deutschen Großkonzernen VW, DAIMLER und BMW, und zum anderen die weniger im Rampenlicht stehende Heizungsbranche, mit typischen deutschen Familienunternehmen wie VIESSMANN oder VAILLANT.

      Die Automobilbranche befindet sich in einem massiven Veränderungsprozess. Schon seit einigen Jahren ist klar, dass sich der weltweite CO2-Ausstoß nicht so weiterentwickeln darf wie bisher, wenn wir unsere Welt erhalten wollen. Seit 2009 unterliegen PKW und leichte Nutzfahrzeuge in der EU einer CO2-Regulierung, die erwartungsgemäß verschärft wurde. Demnächst greifen harte CO2-Flottengrenzwerte. Dementsprechend ist schon lange absehbar, dass es neue, saubere Antriebstechnologien wie Elektro oder Wasserstoff benötigt. BMW hat mit dem i3 auch schon frühzeitig ein Elektroauto entwickelt und 2013 auf den Markt gebracht. Die Rahmenbedingungen waren aber noch nicht reif für einen durchschlagenden Erfolg. Das Thema wurde daher in den Jahren danach nicht mehr wirklich intensiv weiterverfolgt. Dass Hybridtechnologien eine interessante Übergangstechnologie sind, haben Hersteller wie TOYOTA schon vor vielen Jahren erkannt. Trotzdem waren VW, DAIMLER und Co. hier sehr passiv. Zu sehr hat der Boom bei SUVs – der durchaus in einem gewissen Gegensatz zur Diskussion über Nachhaltigkeit und Umweltschutz steht – die Autokonzerne beschäftigt. Hier ließ sich (kurzfristig) am meisten Geld verdienen. Deshalb lag der Fokus vieler Anbieter sehr stark auf der Optimierung dieses alten Kerngeschäfts – mit erlaubten und z. T. auch unerlaubten Mitteln (Stichworte: Abschaltautomatik, Dieselskandal).

      Innovative neue Wettbewerber wie TESLA wurden lange nur belächelt. DAIMLER hat seine 2009 für 50 Mio. Euro erworbene 9,1 %-Beteiligung an TESLA bereits 2014 wieder verkauft. Dass TESLA – mehr ein Software-, Daten- und Batteriekonzern als ein Autobauer – die Automobilbranche revolutionieren würde, konnten sich die deutschen Ingenieure alter Schule kaum vorstellen. Auch passten die Arbeitsweisen nicht zusammen. Als DAIMLER-Ingenieure 2012 zusammen mit TESLA das Model S entwickelten, zeigten sich drastische Unterschiede in der Herangehensweise. Während TESLA – wie im Softwarebereich üblich – E-Autos schnell auf den Markt bringt, Erfahrungen, Daten und Kundenfeedback sammelt und auf der Basis Fehler per regelmäßigem Update behebt, testen traditionelle Fahrzeughersteller ihre Modelle gerne ausgiebig über Jahre, bevor sie „fix & fertig“ auf den Markt kommen.

      „6 Wochen. Das ist die Antwort auf die Frage, wie schnell Kundenwünsche in ein komplexes Software-Ökosystem eines Automobilherstellers aufgenommen werden können. In 2019 schreibt ein TESLA-Fan auf Twitter über seinen Wunsch nach einer Erweiterung der Fahrzeugsoftware seines Model 3: die Betätigung der Hupe solle die integrierte Kamera zum Speichern einer Videosequenz anweisen. „Yeah, makes sense“ war eine der Antworten auf den Tweet am selben Tag – geschrieben von TESLA-CEO ELON MUSK höchstpersönlich. 6 Wochen dauerte es, bis dieser Kundenwunsch seinen Weg via update-over-the-air in alle TESLA Fahrzeuge fand.“2

      Noch komplexer wird das Bild, wenn man auch die Themen Autobetriebssystem (mit Vorreitern wie GOOGLE AUTOMOTIVE SERVICES und Wettbewerbern wie der Arene-Plattform von TOYOTA), Batterie (mit mächtigen Playern wie CATL), autonomes Fahren (mit Unternehmen wie der GOOGLE-Tochter WAYMO) und Mobilitätsplattformen (mit Anbietern wie UBER) hinzunimmt. Auch hier gibt es extreme Unsicherheiten und man hat den Eindruck, dass die deutschen Automobilhersteller nicht recht wissen, wie sie sich positionieren sollen. Neben einigen – meist zaghaften – Etablierungsversuchen, gibt es immer wieder auch Marktrückzüge (Stichworte: MOOVEL, CAR2GO, MYTAXI, DRIVE NOW, SHARE NOW). Unerwartete Schocks wie die Covid-19-Pandemie verkomplizieren diese Entwicklungen noch weiter. Und diese dynamische, komplexe und kaum planbare Situation betrifft natürlich nicht nur die Automobilhersteller, sondern auch Zulieferer wie BOSCH oder CONTINENTAL, die auch noch ihren Platz im neuen Mobilitäts-Ökosystem finden müssen. Hier dürften sich zukünftig auch Themen wie z. B. automatische Wartung, datengesteuertes Flottenmanagement, vollautomatisierte Versicherungstarife oder neue Logistikservices (u. a. automatisierte Paketablage) wiederfinden.

      Auch wenn diese kurze Darstellung die komplexe „Gemengelage“ bei weitem noch nicht vollständig widerspiegelt, lässt sich in Summe festhalten: Es ist völlig klar, dass es tiefgreifende Veränderungen in der Automobilbranche geben wird. Dies ist rational auch erkannt, wie die folgende Aussagen deutscher Automobil-CEOs verdeutlichen: „Wenn wir weiterhin nur das tun, was wir [bisher] so gut gemacht haben, sind wir erledigt“3 und „Der Sturm geht jetzt erst richtig los“4. Leider ist aber extrem unklar, wie diese Veränderungen konkret aussehen und wann diese genau stattfinden werden. Sowohl die genauen Markt- und Kundenanforderungen, als auch die adäquaten Technologien und Lösungswege sind unklar. Kein Player ist in der Lage, einen detaillierten 5- oder 10-Jahresplan aufzustellen. Stattdessen braucht es neben einer grundsätzlichen, groben Zielausrichtung ein adaptives Herantasten und kontinuierliches Lernen. Es braucht – neben (z. T. neuen) fachlichen Fähigkeiten – die Kompetenz, immer wieder mit neuen Herausforderungen, Technologien und Bedürfnissen umzugehen.

      Im Detail natürlich anders, aber von den grundlegenden Herausforderungen durchaus vergleichbar, sind die Herausforderungen in der Heizungsbranche bzw. treffender Umwelt-, Kälte- und Wärmetechnikbranche. Hier sind die etablierten Heizungsbauer wie z. B. VIESSMANN, VAILLANT oder BOSCH-BUDERUS mit diversen Startups bzw. neuen Wettbewerbern konfrontiert, die die Branche gehörig durcheinanderwirbeln.5 Klassischerweise war die