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Wo heute predigen?


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erfolgreiche Vorbereitung der Schulpredigt geht meines Erachtens somit von vier Grundvoraussetzungen aus:

      • Dem Wissen um die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen und einem persönlichen Bezug dazu.

      • Der wohlüberlegten Auswahl passender Bibeltexte.

      • Der Umsetzung in einer die Jugend ansprechenden Sprache.

      • Einem einfachen, aber treffenden Grundinhalt, den man weitergeben möchte.

      3.2. Die Durchführung der Predigt als interaktives Geschehen

      Der Einstieg in die Predigt erinnert auf den ersten Blick vielleicht an ein in vielen Kirchen durchaus übliches Predigtgespräch mit Kindern. Wichtig ist, sich sofort die Aufmerksamkeit seines Gegenübers zu holen und bei sich zu behalten. Eine Eröffnungsfrage wie: „Ist jemandem von euch irgendetwas an dem eben Gehörten aufgefallen?“ oder: „Warum sind wir hier heute überhaupt so zusammen?“, bringt in der Regel immer eine brauchbare Antwort, von der aus weitergegangen werden kann. Jetzt kommt es darauf an, die Antwort geschickt und wie zufällig in die Richtung zu lenken, in die man sich inhaltlich begeben will. Schülerinnen und Schüler sind es gewohnt, Fragen gestellt zu bekommen und wissen auch, dass von ihnen sinnvolle Antworten erwartet werden. Diese simple Erkenntnis ist, meiner Einschätzung nach, entscheidend für das Gelingen des gemeinsamen religiösen Feierns und damit auch der Predigt am Ort der Schule.

      Der Gottesdienst an sich durchbricht schon den Alltag in der Schule und eröffnet eine neue Sichtweise auf das dortige Miteinander, die liturgische Kleidung ebenso. Wir sind da, wo wir es gewohnt sind zu sein, und trotzdem ist in dieser Stunde manches anders.

      Das direkte Anreden und Einbeziehen, ja das freie Mitredenlassen der Einzelnen stellt den Brückenschlag zwischen dem, was wir heute hier tun – feiern – und dem, was wir sonst hier tun – arbeiten – dar, zwei Geschehen, die eine Lebenswirklichkeit darstellen – meine Lebenswirklichkeit. Noch verstärkt wird dieses Empfinden, wenn die Schülerinnen und Schüler, die sich einbringen, vom Prediger/von der Predigerin mit ihren Namen angesprochen werden.11 Die Person, die die Predigt hält, wird als Lehrer_in, Lehrende/r – nicht Belehrende/r – wahrgenommen.

      Die predigende Person hat es in der Hand, mehr und mehr die eigene religiöse Erfahrung mit der Selbstwahrnehmung der Jugendlichen zusammenzuführen und diese erspüren zu lassen, dass das, was sie bewegt, auch das sein kann, was die jungen Menschen berührt und anspricht. Formulierungen wie du und ich – wir, sind dafür ein brauchbares Instrument.

      3.2.1. Praxisbeispiel – Vorweihnachtsgottesdienst

      Als passende Texte für den Schulgottesdienst bieten sich hier unter anderem die Schriftstellen aus der Heiligen Nacht an.12 Grundgedanke der Verkündigung in diesem Beispiel ist, dass Gott uns so nah wie nur möglich kommen möchte, damit wir ihn und sein Wort wirklich verstehen können – von Mensch zu Mensch.

      „Ist euch bei der Lesung aus dem Lukasevangelium etwas aufgefallen?“, kann die Einstiegsfrage lauten. Sofort werden einige sagen, dass da etwas gefehlt hat.13 Schritt für Schritt erarbeitet man jetzt mit den Jugendlichen, was gefehlt hat und was das bedeutet: Was heißt geboren werden? Ein neuer Mensch tritt in die Welt. Baby zu sein, heißt hilflos zu sein, sich anvertrauen zu müssen, andere zu brauchen etc. Hast du schon einmal die Erfahrung gemacht, Hilfe zu brauchen? Hast du es schon erlebt, dass andere dich gebraucht haben? Wen kannst du als Mensch am besten verstehen? – einen anderen Menschen! Du und ich, wir können einander verstehen.

      Schritt für Schritt werden am Beispiel der Weihnachtsgeschichte göttliche Offenbarung und eigene Lebenserfahrung miteinander verwoben. Wenn die Predigt gelingt, gehen die Schülerinnen und Schüler mit dem Gedanken ins Weihnachtsfest, dass Gott Mensch wird, weil er möchte, dass wir ihn verstehen und auch verstehen, was es überhaupt bedeutet, Mensch zu sein, füreinander da zu sein, zueinander zu stehen, sich auf andere verlassen zu können, verstanden zu werden und ähnliches mehr. All das sind Werte und Anliegen, die gerade Jugendlichen in der Pubertät nicht egal sind.

      3.2.2. Die Predigt in der Schule als ökumenisches und interreligiöses Geschehen

      Immer mehr wird, nach meiner Erfahrung, die vor Jahren noch sprichwörtliche Schulmesse, zu der man halt hingehen hat müssen, von einem offen gestalteten christlichen Gottesdienst abgelöst, zu dem alle in der Schule vertretenen christlichen Konfessionen eingeladen sind. Dieser ist in der Regel sehr ansprechend und altersgerecht vorbereitet. Somit wird das gemeinsame Feiern am Ort des Lernens zum Spiegel einer komplexen und pluralen Gesellschaft, ohne dabei die eigene Identität zu verlieren. In den letzten Jahren ist vor allem die Zahl der Schülerinnen und Schüler aus dem Bereich der orthodoxen Kirchen und des orientalischen Ritus gestiegen. Besonders spannend wird es, wenn auch Jugendliche anderer, nicht christlicher Religionen und Schülerinnen und Schüler ohne religiöses Bekenntnis der Einladung zum gemeinsamen Feiern folgen.14

      Hier zeigt sich am stärksten, welche Bedeutung einer Schulpredigt heute zukommt. Sie erhebt den Anspruch, christliche, katholische Inhalte und Werte so zu vermitteln, dass jene, die sich (zumindest formal) zum Christentum bekennen, in ihrer eigenen, durch die Taufe grundgelegten Identität angesprochen und gestärkt werden. Zugleich hat sie aber auch die Aufgabe, alle anderen, für die das nicht zutrifft, authentisch und ansprechend darüber zu informieren, was Christen glauben, was ihre Werte sind, und wofür diese stehen. Damit wird auch offenkundig, was die immer präsent zu seiende Leitidee jeder Predigt im schulischen Bereich sein sollte, nämlich das Ins-Wort-Bringen dessen, was in einer funktionierenden Schulgemeinschaft gelebt wird: Wir sind eine Gruppe von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Wurzeln, die gemeinsam arbeitet und lebt und immer stärker zu einer tragfähigen Gemeinschaft zusammenwächst, in der die und der Einzelne sich in ihrer/seiner Individualität angenommen, wertgeschätzt und beheimatet fühlt. Die eigene christliche Identität und das Anderssein meiner Mitschülerin und meines Mitschülers werden nicht als sich widersprechende Lebensentwürfe gegenübergestellt, sondern als zwei existierende Lebenswirklichkeiten wertschätzend nebeneinander platziert.

      Es entspricht meiner Erfahrung, dass Kinder und Jugendliche weit weniger Berührungsängste und Vorbehalte gegenüber anderen Kulturen, Hautfarben und Religionen haben als ihre erwachsenen Mitmenschen. Deshalb ist es wichtig, dass in einer Predigt bei jungen Menschen in der Schule diesem Umstand Rechnung getragen wird. In einer Zeit, in der religiöser Fanatismus, Ausgrenzung und nationalistisches Denken immer mehr Menschen verunsichern und verbale und körperliche Gewalt die ganze Welt in ihren Bann zieht, kann eine gut durchdachte Predigt im Schulgottesdienst, die von biblischen Grundsätzen ausgeht, die Gefühle junger Menschen aufgreift und Alternativen zu gängigen rechten und linken Populismen aufzeigt, ein nicht zu unterschätzender Baustein zur Vorbeugung und zum Verhindern jeglicher Radikalisierung sein. Zusammen zu feiern, sich gemeinsam ansprechen zu lassen, ist ein integrativer Vorgang, der das Miteinander stärkt, ohne die eigene Identität zu verletzen oder aufzuheben.

      3.3. Gibt es eine Nachhaltigkeit der Predigt? – Reflexion und gelebte Umsetzung

      Eine Predigt, die einem selbst gelungen erscheint, muss noch lange nicht bei den Mitfeiernden so angekommen sein, wie man es sich selbst erhofft hatte. Jede/jeder, die/der Predigterfahrung mitbringt, wird zustimmen, dass das Feedback, egal ob positiv oder negativ, eine wertvolle Hilfestellung für jede weitere Vorbereitung und Predigtarbeit darstellt.

      Anders als bei Pfarrgottesdiensten, was meiner Erfahrung entspricht, kommt nach einer Feier in der Schule selten bis nie jemand, der über die Predigt eine Rückmeldung geben möchte. Zumindest gilt das für die Schülerinnen und Schüler, die ja die eigentliche Zielgruppe darstellen. Aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen, der Lehrerinnen und Lehrer, findet sich in der Regel immer jemand, der das Gehörte meist positiv kommentiert. Interessant ist aber das, was die Jugendlichen davon mitgenommen haben.

      Aus diesem Grund erscheint es mir unerlässlich, dass die Religionslehrerin und der Religionslehrer – ungeachtet, ob sie es waren, die gepredigt haben oder nicht – die Predigt und ihren Inhalt nach dem Gottesdienst in geeigneter Form im Kreis der jungen Menschen noch einmal zum Thema machen.15 So kann gemeinsam mit