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Wo heute predigen?


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der Schulgemeinschaft und der/des Einzelnen steht.

      Der entscheidende Aspekt, ob die Botschaft der Predigt ankommen kann oder nicht, liegt in der lebbaren und gelebten Umsetzung. Ich bin der Überzeugung, dass jenes berühmte Wort vom Wasser predigen und Wein trinken16 gerade am Ort der Schule niemandem in den Sinn kommen darf, wenn er Predigt und predigende Person nebeneinander stellt.17 Der Inhalt der Predigt, ihr sozialer Anspruch, ihr Sitz im Leben und die Gottbezogenheit müssen am Leben und Handeln der Person, die dafür steht, erkennbar sein. Wo das nicht der Fall ist, wird eine formal noch so gute Predigt ins Leere gehen. Auf Nachhaltigkeit darf dort gehofft werden, wo Authentizität herrscht. Glaubwürdigkeit ist hier die oberste Prämisse.

      4. Predigt ist nicht Unterricht – Zusammenfassende Schlussbemerkungen

      Zu predigen an sich ist eine der wenigen Möglichkeiten für Seelsorgerinnen und Seelsorger, genuin Theologie zu betreiben, ein eigenes Profil zu entwickeln und mit Hilfe der eigenen Lebens- und Gotteserfahrung anderen eine Wirklichkeit zu erschließen, die das Leben jener Personen maßgeblich positiv zu verändern vermag.18 Ausgehend von der biblischen Grundlage werden bis dato vielleicht unerkannte Lebensmöglichkeiten erschlossen.

      Besonders in der Schule beim gemeinsamen Gottesdienst, der den schulischen Alltag aufbricht, eröffnet das Chancen, die nicht ausgelassen werden dürfen, um Gott – Kirche – Religion in einer größtenteils säkularisierten Gesellschaft wieder ins Bewusstsein zu rufen und diese neu und (hoffentlich) ansprechender zu positionieren, als es vielerorts von Jugendlichen erlebt wird. Die Predigt liegt hier in der Mitte der Wortgottesfeier, nicht als belehrende Bibelerklärung, sondern als Medium, welches mir ermöglicht, mich selbst einzubringen und die eigenen Lebenserfahrungen in einem neuen Licht unter Anleitung und Führung einer kompetenten Person anders als bisher zu deuten. Das Wirken Gottes soll im eigenen Leben erkannt werden können.

      Wichtig scheint es mir festzuhalten, dass die Predigt bzw. der Gottesdienst nicht einfach eine zusätzliche Religionsstunde sind. Im Unterricht geht es um die Aufbereitung und Vermittlung von Inhalten, die klar durch den Lehrplan definiert sind. Es geht um (Glaubens-)Wissen, das weitergegeben werden soll. Im schulischen Alltag sprechen wir heute bewusst von Religionsunterricht (Weitergabe von Wissen) und nicht mehr von Katechese (Glaubensunterweisung). Was Schülerinnen und Schüler daraus machen, bleibt in der Regel ihnen überlassen. Es verhält sich ähnlich wie Theorie und Praxis. In den Stunden wird Theorie vermittelt, im Gottesdienst, wenn er gelingt, wird eine mögliche praktische Erfahrung eingeübt oder zumindest ausprobiert. Es verhält sich wie beim Schwimmenlernen. In der Schulstunde wird erklärt, wie es geht. Der Gottesdienst ist jener Moment, wo die Schülerinnen und Schüler das Bad betreten und ihre Füße ins Wasser halten. Bei der Predigt steigt die Predigerin/der Prediger ins Wasser und lädt die Mitfeiernden ein, es ihr/ihm gleichzutun. Wer es ausprobiert, hat die Chance, ein neues Ufer zu erreichen.19

      Auch stellt die Predigt die Möglichkeit dar, Brücken zu anderen Konfessionen zu bauen und integrative Impulse zu setzen, die des Verbindende vor des Trennende setzen, ohne dabei die eigene Identität in Frage zu stellen bzw. die eigenen Wurzeln abzuschwächen.

      Für Vorbereitung und Gelingen der Predigt ist es wichtig, die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler zu kennen und ihre Sprache zu sprechen. Die biblischen Texte sind gezielt auszuwählen und so zu erklären, dass es den Jugendlichen von sich aus möglich ist, den Bezug zum eigenen Leben zu erkennen. Christliche Religion und christliche Werte sollen als Bereicherung und Hilfe für das eigene Dasein erschlossen und verstanden werden.

      So kann die Predigt am Ort der Schule zu einem missionarischen Geschehen werden, das Menschen, die in einer entscheidenden Phase ihrer Entwicklung stehen, das Christentum als echte, lebensbejahende und sinnstiftende Alternative in einer zerrissenen und oftmals sinnentleerten Welt erschließt.

      Literatur und Quellen

      Bellmann, Werner, Heinrich Heine, Deutschland. Ein Wintermärchen. Erläuterungen und Dokumente, revidierte Ausgabe, Stuttgart 2005.

      Der große Sonntags-Schott für die Lesejahre A – B – C, Freiburg im Breisgau 1975.

      Mödl, Ludwig, Art. Homilie. II. Liturgisch, in: LThK3 Bd 5 (Sonderausgabe), Freiburg/Br. 2006, 249.

      Müller, Klaus, Art. Predigt. VIII. Praktisch-theologisch, in: LThK3 Bd 8 (Sonderausgabe), Freiburg/Br. 2006, 533-534.

      Religionsunterrichtsgesetz in der derzeit geltenden Fassung, nachzulesen auf der Homepage des Bundeskanzleramtes: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundes normen&Gesetzesnummer=10009217&ShowPrintPreview=True [Nov 2016].

      1 Allerdings lässt es sich beobachten, dass politische Parteien, wenn es in ihr Konzept passt, gerne auf das Thema Religion zurückgreifen. Eine echte Auseinandersetzung mit Religion und religiösen Inhalten ist das, nach meinem Verständnis, aber nicht. Um gelebten Glauben und ein authentisches Glaubenszeugnis handelt es sich hier nicht. Es wird gezielt mit Verunsicherungen und Ängsten von Menschen gespielt, um diese auf die eigene politische Seite zu ziehen.

      2 Vgl. RUG §1.

      3 Es sei hier angemerkt, dass andere Kasualien, wie Hochzeiten, Taufen etc., nach meiner Meinung nicht mit Religionsunterricht und Trauerfeier vergleichbar sind. Dass sie ebenfalls pastorale Chancen bieten ist unbestritten. Jedoch ist die Ausgangslage eine völlig andere. Religion ist, wie bereits oben erwähnt, ein Pflichtgegenstand. Der Tod eines (geliebten) Menschen ist eine Realität, der man sich stellen muss und wo man keine Wahl hat.

      4 Mittelstufe, Schüler im Alter von 10 bis 14 Jahren.

      5 Dort, wo keine Aula zur Verfügung steht, kann auch der Turnsaal oder ein anderer geeigneter Ort innerhalb des Schulgeländes genutzt werden. Wichtig erscheint mir, dass wir dort gemeinsam feiern, wo wir auch zusammen arbeiten.

      6 Es vertieft das schulische Gemeinschaftsgefühl, den Chor und die Musiklehrenden zum Mitgestalten einzuladen.

      7 Wir verstehen unter einer Tischmesse eine Hl. Messe, die im Klassenverband, um einen als Altar gestalteten Tisch sitzend, im Klassenzimmer gefeiert wird.

      8 Vgl. Müller, Predigt, 534.

      9 Vgl. Mödl, Homilie, 248.

      10 Es versteht sich von selbst, dass das für jede Predigt bzw. Homilie gilt. Jedoch ist hier die Herausforderung und die damit verbundene Hoffnung sowie der Wunsch, Erfolg zu haben, besonders hoch, weil es sich um eine Personengruppe handelt, die in der Regel an traditionellen Gottesdiensten kaum mehr Teil nimmt und vielleicht durch das Gehörte und dadurch Erfahrene wieder den Wunsch verspürt, Kirche auch am Ort neu kennen zu lernen. Es ist eine Chance, die Kirche und das, was sie den Menschen anzubieten hat, gerade auch heute in unserer Zeit durch das in der Schule Erlebte wieder interessant werden zu lassen.

      11 Er/Sie kennt meinen Namen. Ich werde gehört. Das, was ich sage, zählt.

      12 Natürlich in modifizierter Form: Lesung Jes 9,1-2.5; - Evangelium Lk 2,15.

      13 Wir haben das Evangelium mit dem Weggehen aus Nazareth enden lassen.

      14 Natürlich gilt die Einladung zum christlichen Gottesdienst den Angehörigen der christlichen Bekenntnisse, aber es wäre meiner Meinung nach grundlegend falsch, Menschen, die mitfeiern möchten, auszuschließen. Ich selbst wurde einmal von einem islamischen Kollegen gefragt, ob er mit seinen Schülerinnen und Schülern bei unserem Gottesdienst dabei sein dürfe, was ich bejahte. Es darf aber keineswegs jemand dazu genötigt werden. Deshalb liegt es in der Verantwortung der Schule, für jene Schülerinnen und Schüler, die das nicht möchten, eine eigene Beaufsichtigung mit Alternativangebot zu gewährleisten.

      15 Hier wird deutlich, dass es sehr zu begrüßen ist, wenn die Religionslehrerin oder der Religionslehrer den Dienst der Predigt beim Schulgottesdienst übernimmt, weil sie/er im Anschluss die Möglichkeit hat, die dort eingebrachten Gedanken im Unterricht erneut aufleben zu lassen und weiterzudenken.