Dinge in meinem Leben erreicht“). Zum anderen wird der gegenwärtige Zustand der Zufriedenheit erfragt („Meine Lebensbedingungen sind ausgezeichnet“; „Ich bin zufrieden mit meinem Leben“). In dieser Skala ist Lebenszufriedenheit nicht die Messung einer wie auch immer gearteten Stimmung oder gegenwärtigen Laune, sondern eine kognitiv-reflexive und affektive Bestandsaufnahme der eigenen Lebensqualität mit Blick auf grundlegende Lebensoptionen. International ist diese Skala eines der Standard-Instrumente für die Messungen der Lebenszufriedenheit. Diese komplexere Lebenszufriedenheitsskala korreliert sehr stark mit der Einzelfrage zur Lebenszufriedenheit (r = 0,74).
Arbeitszufriedenheit
Bei der Arbeitszufriedenheit haben wir wiederum zwei Messinstrumente verwendet. Der „Arbeitsbeschreibungsbogen“ ist das bekannteste deutschsprachige Verfahren hierzu.7 Die Fragestellung lautete: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Tätigkeit / Ihren Kollegen / Ihrem Vorgesetzten / den Arbeitsbedingungen / mit der Organisation und Leitung / mit Ihren Entwicklungsmöglichkeiten / mit Ihrer Bezahlung?“ mit einem daraus errechneten Gesamtmittelwert.
Weiterhin stellten wir – in Anlehnung an die Messung der Lebenszufriedenheit – die spezifische Einzelfrage: „Wie zufrieden sind Sie im Allgemeinen mit Ihrer Tätigkeit in der Seelsorge?“ Die oben genannte Lebenszufriedenheitsskala SWLS korreliert moderat mit dieser Arbeitszufriedenheitsfrage (r = 0,48) – beide Dimensionen sind zwar assoziiert, aber nicht deckungsgleich.
Organisationszufriedenheit
Die Messung der Zufriedenheit mit der Organisation erfolgte (über die betreffende Frage des Arbeitsbeschreibungsbogens hinaus) mit einem Auszug aus einem Fragebogen zur Erfassung des Organisationsklimas (FEO).8 Folgende Beispiele mögen zur Illustration der Aussagen dienen : „Die Diözesanleitung hat klare Vorstellungen über die Zukunftsstrategien“; „Die Diözesanleitung setzt die richtigen Prioritäten“; „Die Diözese trifft klare, langfristige Entscheidungen“. Vergleichsnormen existieren zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, so dass nur innerhalb der Studie mit Hilfe von Vergleichskollektiven ausgewertet werden kann.
3.2. Ergebnisse zur Lebenszufriedenheit
3.2.1. Lebenszufriedenheit der Seelsorgenden im Vergleich zur Normalbevölkerung
In der Auswertung der Lebenszufriedenheit haben wir zunächst Wert gelegt auf eine Statusbestimmung der Seelsorgerinnen und Seelsorger als Gesamtgruppe im Vergleich zur deutschen Bevölkerung.
Der Gesamtmittelwert der subjektiven Lebenszufriedenheit mit 10-stufiger Antwortmöglichkeit liegt bei 7,64 (SD = 1,55; N = 8189) (Abb. 3.1).
Abb. 3.1: Allgemeine Lebenszufriedenheit (Einzelfrage) bei allen Seelsorgenden
Der Durchschnittswert der Normbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland (IfD Allensbach) lag im Jahre 2014 zum Endpunkt der Befragung bei einem Wert von 7,0.9 Dieser Wert war bis 2015 seit einigen Jahren stabil und stieg im Jahre 2016 geringfügig auf 7,11 an. Zwischen dem Westen und dem Osten Deutschlands gibt es allerdings ein Zufriedenheitsgefälle von über 0,3 Punkten. Ein solches Gefälle existiert nicht zwischen dem Süden und dem Norden Deutschlands, der die drei führenden Plätze innehat.
Die folgende Abb. 3.2 zeigt die Verteilung der Lebenszufriedenheit (Anteile in Prozent) der deutschen Normalbevölkerung aus dem SOEP-Datensatz und der Gruppe der Seelsorger/-innen. Es wird deutlich, dass die Verteilungskurven der Prozentwerte parallel sind und dass die Werte dieser Gruppe im Vergleich in Richtung höherer Zufriedenheitswerte verschoben sind. Vor allem fällt auf, dass die Anteile der „moderat“ und gering Zufriedenen deutlich geringer sind, während die Anteile der sehr zufriedenen Personen deutlich erhöht sind. Bei der Gruppe der Personen mit dem Mittelwert um 7 ist die Anzahl ungefähr identisch, bei der „Grenzgruppe“ im Zustand der „Extremzufriedenheit“ sind die Seelsorger/-innen etwas schwächer. Der Anteil an Personen mit einer Zufriedenheit unter dem Wert von 6 liegt zwischen 9 und 10% (743 Personen), während er bei der Durchschnittsbevölkerung mehr als doppelt so hoch ist (21,3%). Es gibt somit eine zahlenmäßig nicht zu übersehende Gruppe von Seelsorgenden, die aus eigenem Erleben den gefundenen hohen Mittelwert der Gesamtgruppe vermutlich nur sehr schlecht nachvollziehen kann; diese Gruppe ist im Vergleich zur Normalbevölkerung jedoch halbiert.
Abb. 3.2: Verteilung der allgemeinen Lebenszufriedenheit (Einzelfrage) bei den Seelsorgenden und in Deutschland allgemein
Neben dem Vergleich mit der Durchschnittsbevölkerung braucht es gemäß den Ergebnissen der Zufriedenheitsforschung auch den Vergleich mit den Referenzwerten der Bevölkerung, die ebenfalls einen hohen Bildungsstand aufweisen. Der Vergleichswert aus dem SOEP-Datensatz liegt bei 7,64 (die Referenzgruppe der Durchschnittsbevölkerung ohne Berücksichtigung des Bildungsunterschieds liegt im SOEP-Datensatz bei 7,21). Geschlechtsunterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen in der Vergleichsgruppe mit hoher Bildung nicht; dies gilt auch für die Gruppe der Seelsorgenden.
Dass in der Seelsorgestudie für die Geschlechtsvariable und damit verbunden auch für Familienstand (verheiratet bzw. ledig) keine Unterschiede bestehen, ist hier besonders interessant, weil vor dem Hintergrund der vorliegenden Daten aus den weltweiten Zufriedenheitsstudien eine Abweichung der Männer nach unten aufgrund der großen Gruppe der Ledigen (also der Priester) erwartet werden müsste. Der Vergleichswert für ledige Personen liegt in Deutschland bei 7,03 (SD = 1,95, n = 243). Die Priester weisen also eine stark positive Abweichung von der Vergleichsgruppe auf.
3.2.2. Lebenszufriedenheit der Seelsorgenden im Vergleich der Untergruppen
Bei dem notwendigen Vergleich der Untergruppen der Seelsorgenden (Priester, Diakone, Pastoralreferentinnen und -referenten, Gemeindereferentinnen und -referenten) wird nun in zwei Schritten vorgegangen: erstens ein Vergleich der Berufsgruppen ohne Berücksichtigung des Alters, zweitens ein Vergleich der Berufsgruppen mit Berücksichtigung des Alters. Dies ist notwendig, weil aus empirischer Sicht die Zufriedenheit eine wichtige Alterskomponente besitzt.
Wenn man die Berufsgruppen ohne Berücksichtigung des Alters in den Blick nimmt, finden sich keine bedeutsamen Unterschiede in der Ausprägung der Lebenszufriedenheit. Die Priester und Pastoralreferenten/-innen repräsentieren exakt den gemeinsamen Mittelwert der Gesamtgruppe; die Diakone weichen geringfügig nach oben und die Gemeindereferentinnen und -referenten geringfügig nach unten ab.
Weil bekannt ist, dass in der Normalbevölkerung die Zufriedenheitswerte im höheren und hohen Alter ansteigen, ist es unverzichtbar, die Gruppe der alten Priester von der Gesamtgruppe abzutrennen und den Vergleich der verbleibenden Priester mit den Berufsgruppen neu zu berechnen. Für die Abtrennung bietet sich zuerst die für Priester in Deutschland gängige Grenze für den Ruhestand mit ungefähr 70 Jahren an. Wenn man nun die Gruppe der „Pensionäre“ (N = 904; Zufriedenheitswert: 8,14; SD = 1,46) mit der Gruppe der Priester im aktiven Dienst (N = 2844; Zufriedenheitswert: 7,49; SD = 1,65) vergleicht, dann gerät der ausgesprochen hohe Zufriedenheitswert der Pensionäre in den Blick, die in der Seelsorgestudie eine sehr große Gruppe darstellen. Das Faktum dieser hohen Zufriedenheit ist besonders interessant, weil der Vergleichswert der Altersgruppe im Ruhestand über 65 Jahren im SOEP-Datensatz bei Personen mit gehobenem Bildungsstand bei 7,46 liegt. Grundsätzlich ist der weitere Anstieg der Zufriedenheit bei Personen hohen und höchsten Alters mit Blick auf die Priester nicht überraschend, weil der psychosomatische Gesundheitszustand älterer Priester vergleichsweise sehr gut ist (und in der Regel als Prädiktor einer hohen Lebenszufriedenheit gilt).10
Die notwendige gesonderte Berücksichtigung der alten Priester führt in der Konsequenz zu einer bemerkenswerten Revision des Vergleichsresultats der Zufriedenheitswerte