wie traurige Verlierer. Wie oft haben Sie sich in der Vergangenheit so gefühlt?: sehr oft … selten oder nie.
3.5.2. Das Kohärenzgefühl der Seelsorgenden: Statusbestimmung und Interpretation
Zuerst wurde nach dem Status des Kohärenzgefühls bei Seelsorgerlinnen) in den verschiedenen pastoralen Berufsgruppen in den verschiedenen pastoralen Arbeitsfeldern gefragt.23 Hier zeigt sich, dass der Mittelwert der Gesamtgruppe knapp unter dem Mittelwert der Normalbevölkerung in Deutschland liegt (→ Tab. 3.5).
Tab. 3.5: SOC-Werte der Seelsorgestudie und vergleichbarer Gruppen
Für die Veranschaulichung mit Hilfe der Abb. 3.6 wurde die Tabelle der T-Werte der Deutschen Norm-Population zugrunde gelegt.24 Entscheidend für die Positionierung der Gesamtgruppe unter dem Mittelwert ist die Gruppe der Priester, die beim Kohärenzgefühl in der T-Werte-Tabelle nur einen Wert von 48,6 erreichen. Wählt man als Altersobergrenze für alle Gruppen das Pensionierungsalter für die Gruppe der Laien, erreicht der Wert für die Priester nur noch einen Mittelwert von 47,8. Die Diakone erreichen exakt den Mittelwert der Normstichprobe, die Gruppe der Laien liegt knapp darüber. Die im aktiven Dienst stehenden Priester haben deutlich niedrigere Werte als die pensionierten Priester. Ein Grund dafür dürfte in der Altersabhängigkeit des Kohärenzgefühls liegen. Ob ein weiterer Grund auch in problematischen Arbeitsbedingungen der Priester im aktiven Dienst liegen kann, wird weiter unten noch zu diskutieren sein.
Abb. 3.6: SOC-Werte der Berufsgruppen in der Seelsorgestudie
Für die Einordnung und Deutung der gefundenen Werte ist wichtig, dass die Normpopulation in Deutschland nur einen Anteil von 8,3% von Personen mit akademischem Abschluss enthält. Die soziodemographisch vergleichbare Gruppe von Beamten ist in der Normstichprobe mit einem noch geringeren Anteil vertreten. Wenn man jetzt berücksichtigt, dass Personen mit höherem Bildungsgrad und höherqualifiziertem Berufsprofil mit generell höheren SOC-Werten in die Normalpopulationen eingehen, dann wird man in der Interpretation feststellen müssen, dass die Seelsorger/-innen mit Blick auf ihr Kohärenzgefühl nicht das Niveau der entsprechenden Vergleichsgruppen erreichen, die zu ihnen passen würden. Das gilt insbesondere für die Pfarrer bzw. für alle anderen Führungspersonen aus dem Bereich der anderen Berufsgruppen, für die der „Erwartungswert“ im Kohärenzgefühl auf jeden Fall auf über 52 hätte angesetzt werden müssen (vgl. Tab. 3.5: Ein Mittelwert von 5,3 bei Akademikern entspricht einem T-Wert von 53; ein Mittelwert von 5,8 von Ärzten entspricht einem T-Wert von 5 8 25). Die beiden Berufsgruppen der Laien (jeweils T = 50,6) kommen dem Wert auf jeden Fall näher als die Priester und Diakone.
Für Priester ist aufgrund der Möglichkeit zur Differenzierung der Positionen ein vergleichender Blick für das Niveau des Kohärenzgefühls in den jeweiligen Tätigkeitsfeldern möglich (dies ist leider bei den Laien auf Grund hochdifferenzierter Berufsfelder ohne eindeutige Positionsdifferenzierung nicht möglich).
– Das höchste Kohärenzgefühl haben die Priester in den diözesanen bzw. den besonderen Diensten.
– Das auffällig geringste Kohärenzgefühl ist bei der Gruppe der Kooperatoren vorhanden: Für die dort zählenden 387 Personen liegt es auf dem sehr niedrigen Mittelwert von 46,1.
– Auch das Kohärenzgefühl aller „Leitenden Pfarrer“ liegt im Mittel nur bei 47,9. Selektiert man nur diejenigen Pfarrer unter 66 Jahren mit einer Größe der Seelsorgeeinheit über 15.000 Katholiken, liegt der Wert numerisch, aber nicht signifikant höher bei 48,8 – höher als im Mittel der leitenden Priester, aber immer noch deutlich unter dem Kohärenzgefühl der Priester in der kategorialen Seelsorge (Tab. 3.6).
Kohärenzgefühl bei den Priestern nach Tätigkeitsfeld
Abb. 3.7: Das Kohärenzgefühl der Priester in den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern
3.5.3. Das Kohärenzgefühl bei Priestern und Laien in der Seelsorge: Zusammenhänge mit Lebensqualität, Gesundheit und Engagement
Nach dieser ersten Übersicht zum Kohärenzgefühl geht der Blick zur Beantwortung der grundsätzlichen Frage: Zeigt das Kohärenzgefühl in der Gruppe der Seelsorger/-innen (trotz der relativ niedrigen Werte) die erwarteten positiven Zusammenhänge mit Lebensqualität, psychosomatischer Gesundheit, Belastung und Engagement in der Seelsorge?
Die Antwort lautet: ja. Je höher das Kohärenzgefühl ist, desto höher liegen die Indikatoren für Lebensqualität, Engagement, Zölibatszustimmung usw. Die Mittelwertunterschiede für das Kohärenzgefühl sind für alle Variablen mit moderater bis sehr hoher Effektstärke ausgestattet (Cohens d = 0,52 für somatische Gesundheitsprobleme [BSI] bzw. d = –0,96 für Burnout [MBI]). Die Gruppen unterscheiden sich in Bezug auf die folgenden Variablen:
a) Lebenszufriedenheit, Arbeitszeit, Organisationszufriedenheit,
b) alle Belastungsindikatoren (Arbeitslast, Stress, Burnout usw.),
c) den Gesamtgesundheitsstatus (und die zugrundeliegenden Einzel-Indikatoren der seelischen und körperlichen Gesundheit),
d) Engagement, Leistungsfähigkeit, Identifikation mit der Seelsorge, Amtsaufgabe,
e) Identifikation mit der Lebensform (die gewählte Lebensform bei Laien; Zölibat bei Priestern).
Die Stärke des Kohärenzgefühls ist ein differenzierender Indikator für fast alle abhängigen Messgrößen. Eine Ausnahme stellen tendenziell diejenigen Variablen dar, die im Bereich der Spiritualität durch „Gestaltungspläne“ oder Konventionen der Organisation oder durch andere eher subkulturell bestimmte Muster geregelt sind, wie z. B. die Häufigkeit der Eucharistiefeier, die Häufigkeit der Beichte oder des Kontakts mit einem geistlichen Begleiter.
Kurz zusammengefasst könnte man sagen : Priester und Laien in der Seelsorge mit einem höheren Kohärenzgefühl (also mit höheren Werten in Lebensorientierung, Gestaltungskraft und Sinnhaftigkeit):
– erleben sich als gesünder;
– erleben mehr Engagement und eine größere Leistungsfähigkeit;
– identifizieren sich mehr mit ihrem Beruf und ihrer Lebensform.
3.5.4. Das Kohärenzgefühl als differenzierende und klassifizierende Gesundheitsressource
Das Kohärenzgefühl scheint in der Seelsorgestudie die Variable mit dem größten Differenzierungspotenzial unter allen Personen darzustellen. Anschaulich wird dies durch eine Einteilung aller Seelsorgenden gemäß der Stärke des Kohärenzgefühls als unterscheidende und klassifizierende Gesundheitsressource. Unterscheidungskriterium für Lebensqualität und seelsorglichen Einsatz ist nicht die Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe, sondern die Ausprägung des Kohärenzgefühls.
Wir haben dazu die Seelsorgerinnen und Seelsorger, ausgehend von der üblichen Trennung von vier Stufen auf einer 100er Skala (T-Werte-Skala) der Ausprägung (1. <40; 2. 40– 50; 3. 50–60; 4.> 60) in vier Stufen des Kohärenzgefühls eingeteilt. In Abhängigkeit davon haben wir die Ausprägung der Lebensqualität, der Ressourcen und Anforderungen bestimmt. Tab. 3.6 zeigt, dass die beiden Extremgruppen (SOC-Scores <40 bzw. Scores> 60) geradezu zwei Ressourcen-Welten repräsentieren: Personen mit sehr hohem Kohärenzgefühl haben eine sehr starke Gesundheitsressource; ihnen geht es sehr gut. Personen mit sehr niedrigem Kohärenzgefühl haben eine eher schwache Gesundheitsressource; ihnen geht es eher schlecht. Da hier deutliche (korrelative) Zusammenhänge bestehen, ist das Ergebnis sehr plausibel. In der Literatur