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Lebensbilder aus dem Bistum Mainz


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eines Abbé Sabelli genommen, mit denen er ebenfalls eine Freundschaft schloss, die lange bestehen bleiben sollte. Aufgrund seiner Begabung eignete er sich rasch hervorragende Italienischkenntnisse an und verbrachte die Abende nach seinen Studien im Café Greco, wo er auf viele deutsche Künstler und Gelehrte traf. Daneben besuchte er auch die bedeutenden religiösen und historischen Stätten Roms und der Umgebung. Am 22. September 1827 empfing Adam Franz Lennig schließlich in der Kirche St. Johannes im Lateran durch Monsignore de la Porta, Patriarch von Konstantinopel, die Priesterweihe. Bei seiner am Tag darauf folgenden Primiz ministrierten Christian Brentano und Philipp Veit. Nach seiner Weihe war ein Angebot an Lennig ergangen, eine wissenschaftliche Tätigkeit an der Gregoriana aufzunehmen, was er ablehnte, da er endlich in Mainz als junger Priester in den Dienst seiner Heimatdiözese treten wollte.

      Ein schwieriger Anfang im Dienst des Bistums

      Nach Mainz heimgekehrt war Lennig sogleich als Professor für Philosophie und Geschichte am Bischöflichen Gymnasium in Mainz bis zu dessen Schließung am 18. Oktober 1829 tätig. Diese erfolgte auf Anordnung der großherzoglichen Regierung und mit der Zustimmung des designierten Mainzer Bischofs Joseph Vitus Burg aus Freiburg. Sie war der Auftakt zur Verlegung des theologischen Studiums der Priesteramtskandidaten an die Landesuniversität in Gießen. Burg sah darin eine Maßnahme zur Hebung der Wissenschaftlichkeit der Priesterausbildung. Die Ausbildung im Mainzer Priesterseminar sollte sich nach seiner Auffassung allein auf den pastoralpraktischen Teil im Anschluss an das Studium beziehen. Für sein Vorgehen wurde er von jenen, die das Colmarsche Seminar als eine Mustereinrichtung für die Priesterausbildung in Deutschland erachteten, heftig kritisiert. In ihren Augen hatte er alles an die protestantischen Hessen verraten und verkauft3 und dadurch eine beklagenswerte Wende in der Entwicklung der Mainzer Verhältnisse eingeleitet. Dem für sein diplomatisches Geschick bekannten Burg, der sich so noch vor der offiziellen Einführung in sein Amt als Mainzer Diözesanbischof Gegner geschaffen hatte, fehlte offensichtlich das Gespür für die Befindlichkeiten in seinem neuen Wirkungskreis, sonst wäre er behutsamer vorgegangen. Dem jungen Lennig musste die Schließung des Gymnasiums natürlich als schwerer Eingriff in die Freiheit der Kirche und als Akt landesherrlicher Willkür erscheinen. Seine gegen das Staatskirchentum gerichtete Grundhaltung wurde bestätigt und bestärkt, denn der evangelisch dominierte Staat griff auf diesem Weg in elementare Rechte der katholischen Kirche ein. Sein Briefkontakt mit dem designierten Bischof in dieser Angelegenheit musste für ihn eine arge Enttäuschung gewesen sein, hatte er diesen doch um Hilfe zur Abwehr der Schließung des Gymnasiums gebeten. Burg war hingegen zur selben Zeit schon mit Vorschlägen zur Besetzung der Professorenstellen an der katholisch-theologischen Fakultät der Landesuniversität in Gießen befasst. Bereits am 22. Mai 1829, lange vor seinem Amtsantritt, hatte er der Gründung einer katholisch-theologischen Fakultät im tief protestantischen Gießen zugestimmt.

      Die nächste schwere Enttäuschung war für Lennig das Ausbleiben eines geharnischten Protests Bischof Burgs gegen die Anfang 1830 als „Landesherrliche Verordnung“ in 39 Artikeln erlassenen Bestimmungen zur Regelung des Verhältnisses der Staaten in der oberrheinischen Kirchenprovinz gegenüber der katholischen Kirche. Das Bestreben des evangelischen Landesherrn und seiner Regierung, auf die kirchlichen Verhältnisse der katholischen Staatsangehörigen in gleicher Weise Einfluss zu nehmen wie auf jene evangelisch-lutherischen Bekenntnisses, wurde von konservativen Katholiken als massive Bedrohung erachtet, die es abzuwehren galt. Die Darmstädter Regierung bekämpfte – wie auch die Regierungen in Württemberg, Baden und Nassau – das Papalsystem und wollte ihre Einflussnahme in kirchliche Belange durch eine vollständige Kontrolle der von ihr abhängigen territorial verfassten Staatskirche sichern. Die vom spätabsolutistischen Herrschaftsstil Großherzog Ludwigs I. geprägte Regierung provozierte bewusst mittels einseitiger staatlicher Gesetzgebung unausweichliche Konflikte, um dann der katholischen Kirche ihren Platz zuzuweisen. Doch die Herrschaftsansprüche über die Kirche, welche der Staat aus seiner vermeintlichen Allgewalt ableitete, weckten vor allem den Widerspruchsgeist der Katholiken und festigten ihre Bindung an den Papst und die römische Kurie. Gerade die Bindung an eine Autorität außerhalb des Staates machte die Katholiken der Regierung wiederum suspekt. Lennig berichtete nach Rom über die 39 Artikel der Landesherrlichen Verordnung und wurde dafür seinerseits durch Bischof Burg beim zuständigen Ministerium in Darmstadt als Unruhestifter denunziert, was zwangsläufig zu einer weiteren Entfremdung führte. Ein Versuch Burgs, Lennig doch noch für seine kirchenpolitische Linie zu gewinnen, indem er ihm eine Professur am Mainzer Seminar mit späterer Transferierung nach Gießen anbot, schlug fehl. Folglich stellte sich Burg dem Vorhaben Lennigs, zu Studienzwecken für einige Zeit Mainz zu verlassen, nicht entgegen.

      An diesem Vorgang wird beispielhaft deutlich, wie mit dem jungen Priester Lennig und dem um eine Generation älteren Bischof Burg Repräsentanten zweier gegeneinander hermetisch abgeschlossener und sich einander ausschließender Konzepte von Kirche und Theologie aufeinander trafen: hier der Ultramontanismus mit enger Bindung an den Papst als höchste und unabhängige Autorität in der Kirche und einer Theologie, die vor allem der Tradition von kirchlicher Lehre und kirchlichem Leben dient, dort das Staatskirchentum, das die Kirche als eine ihrer Natur nach zwar überzeitliche, aber gleichwohl staatstragende Einrichtung sieht, die einer modernen, von der Aufklärung beeinflussten Theologie bedarf.

      Adam Franz Lennig erreichte im Mai 1830 in Begleitung seines Bruders Friedrich Bonn, wo er das Studium bei dem aus Mainz stammenden Philosophen Karl Joseph Windischmann aufnahm, der in Gegnerschaft zu Georg Hermes stand. Während Hermes ein rein vernunftbegründetes Konzept von Theologie zu entwickeln suchte, bemühte sich Windischmann um ein aus der göttlichen Offenbarung abzuleitendes philosophisches System. In Windischmanns Haus konnten die beiden Lennigbrüder ihre Wohnung nehmen, da ihre Familien denselben Mainzer Kreisen zugehörten und miteinander bekannt waren. Weiter hörte Lennig Vorlesungen bei dem Juristen und Kanonisten Ferdinand Walter, nach Moritz Lieber der zweite Schwiegersohn Windischmanns. Durch ihn wurde Lennig abermals in seinem Denken bestärkt, leitete Walter doch die staatliche Autorität ganz aus der Religion ab. Auch sein ehemaliger Mainzer Lehrer, der inzwischen zum Dogmatikprofessor berufene Heinrich Klee, verfolgte einen streng kirchlichen Kurs: Nationalkirchen in der Gestalt von Territorialkirchen seien das Gegenteil der von Christus gestifteten Kirche, die ja gerade als Weltkirche alle Völker zu einer geistigen Einheit und Allgemeinheit verbinden will. Die territorialkirchliche Zersplitterung führe dagegen zu einer Vernichtung der Katholizität, letzten Endes zur Vergötterung des Staates und schließlich zu dessen eigenem Verderben.

      Als Lennig 1831 nach Mainz zurückgekehrt war, blieb sein Verhältnis zu Bischof Burg weiter angespannt, da er sich getreu seinen Prinzipien weigerte, eine gemäß den Bestimmungen der Landesherrlichen Verordnung durch den Großherzog vergebene Pfarrei zu übernehmen. Die Ausübung des Patronatsrechts durch den Großherzog wertete er als einen direkten Eingriff des Staates in die Autonomie der Kirche. Durch diese Haltung geriet er in einen offenen Konflikt mit Bischof Burg, der ihm verschiedene Pfarreien anbot, die anzunehmen Lennig sich aber stets auch im direkten Gespräch mit dem Bischof weigerte. All diese Konflikte mit Burg sollten noch Jahre später ihre Wirkung in Lennigs Denken und Handeln entfalten. Zwar kam Lennig seinen priesterlichen Pflichten an verschiedenen Mainzer Kirchen nach, nicht aber in der ordentlichen Pfarrseelsorge. Der Mangel an Priestern veranlasste Bischof Burg schließlich, einen Ausweg zu suchen.

      Pfarrer in Gaulsheim und in Seligenstadt

      Am 6. Juli 1832 konnte tatsächlich die Ernennung Lennigs zum Pfarrer von Gaulsheim bei Bingen erfolgen. Burg war es gelungen, eine gesonderte Genehmigung des zuständigen Ministeriums in Darmstadt zu erlangen, welche die Verleihung dieser Pfarrpfründe, so wie es noch unter Bischof Colmar übliche Praxis war, nur durch den Bischof selbst und nicht durch die großherzogliche Regierung ermöglichte. Bis 1839 sollte Lennig hier seinen Dienst als Pfarrer leisten und die dörfliche Abgeschiedenheit für weitere Studien zum Alten Testament und zu den Kirchenvätern nutzen. Doch pflegte er auch regen Kontakt zu seiner Familie in Mainz, besonders zu seinem Schwager Wilhelm Moufang, sowie zu zahlreichen Personen, denen er freundschaftlich verbunden war.

      Die sogenannten Kölner Wirren des Jahres 1837 mit der öffentlichen, militärisch unterstützten Inhaftierung des Kölner Erzbischofs Clemens August von Droste zu Vischering am 20. November sorgten dann auch im beschaulichen Leben Lennigs in Gaulsheim für einige Aufregung. Der Kölner Erzbischof