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Lebensbilder aus dem Bistum Mainz


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fand, wurde auf Anraten des Kreisrats für Mainz und Kommissars für die Provinz Rheinhessen, Reinhard Freiherr von Dalwigk, seitens der Regierung gebilligt. Man fürchtete wohl den Eklat, den die Streichung seines Namens verursacht hätte.

      Bei der Wahl am 22. Februar 1849 war als von der Regierung entsandter Wahlkommissar der Gießener Universitätskanzler Michael Franz Birnbaum anwesend, der vor der Wahl die Erwartung des Landesherrn zum Ausdruck brachte, der künftige Bischof möge das gute Einvernehmen zwischen Kirche und Staat fortsetzen und konfessionelle Toleranz üben. Angesichts der Berufung Schmids in die Erste Kammer durch den Großherzog können die vier aus der Aschaffenburger Schule hervorgegangenen Domkapitulare Kaspar Grimm, Johann Baptist Fell, Michael Schnetter und Andreas Gresser diese Äußerung Birnbaums als weiteren deutlichen Fingerzeig verstanden haben. Zumindest hatten sie wohl kein Interesse an einem weiteren Erstarken des ultramontan ausgerichteten „Mainzer Kreises“ durch die Wahl Adam Franz Lennigs, der auf sich außer seiner eigenen Stimme nur noch die des Domdekans Höfer und Johann Baptist Stratmanns vereinigen konnte. Lennig musste mit Blick auf sein erfolgreiches persönliches Engagement im Jahre 1848 sowie auf seine Vertrauensstellung, die er sich bei Bischof Kaiser bis zuletzt erworben hatte, und auf das nach langem zähen Ringen mit dem Staat endlich Erreichte, die im zweiten Wahlgang entschiedene Wahl Leopold Schmids als einen Verrat an ihm und an seinem Kampf für die Kirche erscheinen. Seine tiefe Enttäuschung hat er gegenüber seinen Kapitelskollegen wohl schon vor diesem Wahlgang deutlich geäußert. Im Vorgehen der Regierung sah er eine unzulässige Einflussnahme und wollte sich mit dem Wahlergebnis nicht abfinden. Daher suchten er und seine Anhänger, insbesondere Domkaplan Johann Baptist Heinrich, der mit Kaspar Riffel aus dessen Gießener Tagen in enger Verbindung stand, Riffel selbst sowie Christoph Moufang nach Mitteln und Wegen, eine Anerkennung der Wahl Schmids durch den Papst zu verhindern. In Schmid erblickten sie ausschließlich den Kandidaten der Regierung und in seiner Wahl einen Rückfall in das überwunden geglaubte Staatskirchentum. Nun stand für sie das Schicksal der Diözese auf dem Spiel.

       Versammlung der Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz in Freiburg, i.Br. am 12. April 1853 bei Erzbischof Hermann von Vicari (Lithographie von Valentin Schärtle nach einem Gemälde von Eduard Heuss) Adam Franz Lennig (1. von li) mit Bischof von Ketteler (3. von li) und den Bischöfen der Oberrheinischen Kirchprovinz bei Erzbischof von Vicari in Freiburg

      Umgehend wurde Lennigs weitreichendes Netz von Verbindungen aktiviert, in das nach und nach Bischof Peter Josef Blum von Limburg, der nassauische Legationsrat Moritz Lieber, Bischof Nikolaus Weis von Speyer, Bischof Andreas Räß von Straßburg, Karl August Graf Reisach, Erzbischof von München, dessen Generalvikar Fritz Windischmann und Ignaz von Döllinger sowie der Münchner Nuntius Carlo Sacconi und der Wiener Nuntius Michele Viale Prelà einbezogen wurden, um nur die wichtigsten Akteure zu nennen. Mit polemischen Beiträgen im „Katholik“, den „Katholischen Sonntagsblättern“ und dem „Mainzer Journal“ wurde der Konflikt zugespitzt.

      Alle diese Maßnahmen, die nicht frei waren von deutlich intriganten Zügen, so auch die Einflussnahme auf Pius IX. gegen die Person Schmids, sollten schließlich ihre Wirkung zeigen. Der Papst verwarf im Breve „Ex speciali gratia“ am 7. Dezember 1849 die Wahl Schmids, der sich zuvor verschiedenen Versuchen widersetzt hatte, ihn von der Annahme seiner Wahl abzubringen. Zugleich eröffnete er dem Mainzer Domkapitel die Möglichkeit zu einer Neuwahl und deutete an, es möge einen geeigneten Kandidaten aus seinem Kreis wählen. Zwar teilte Schmid dem Domkapitel am 17. Januar 1850 mit, er nehme den päpstlichen Entscheid vorerst hin. Doch setzte er sich nun durch seine Interessensvertreter in Mainz in öffentlichen Versammlungen, Adressen an das Domkapitel und den Papst sowie den Landesherrn zur Wehr, wobei natürlich auch Angriffe auf Lennig nicht ausblieben. Die Mehrheit des Domkapitels, die gleichfalls auf ihrer Entscheidung beharrte, hatte gegenüber dem Papst nochmals den friedfertigen Sinn Schmids in konfessionellen Fragen betont und die Schärfe seiner theologischen Gedankenführung sogar über die des Thomas von Aquin gestellt, was aber dessen Argwohn nur noch bestärkte. In dem damals von der radikaldemokratischen Bewegung geprägten Mainz hatten die Anhänger Schmids am 28. Januar im Frankfurter Hof eine Protestversammlung veranstaltet, bei der heftige Attacken gegen Lennig nicht ausblieben. Dabei wurde ihm nicht so sehr sein Streben nach dem Bischofsamt vorgehalten, die Agitatoren sahen in ihm vor allem den Repräsentanten einer restaurativen geistigen, kirchlichen und politischen Ausrichtung, die sie bekämpften.

      Der Protest wurde unterstützt von der liberalen „Mainzer Zeitung“ und dem „Frankfurter Journal“. Auch ein erheblicher Anteil des Diözesanklerus, der die Ausrichtung des Mainzer Kreises ablehnte, hatte für Schmid Partei ergriffen und setzte große Hoffnungen in ihn bezüglich einer Reform des kirchlichen Lebens, so etwa die Abschaffung des Zölibats. Als die Mehrheit des Domkapitels am 29. Januar abermals auf ihrer Wahl Schmids beharrte, wirkte nun, da die Verhältnisse in Mainz anarchische Züge anzunehmen drohten, die großherzogliche Regierung auf das Domkapitel ein. Inzwischen war Ministerpräsident Jaup durch den im Umgang mit radikalen demokratischen Strömungen bewährten Mainzer Regierungsdirektor von Dalwigk ersetzt worden. Die Mehrheit im Domkapitel kam schließlich mit der Minderheit dahingehend überein, sich einer erneuten Wahl zu enthalten und dem Papst drei Geistliche vorzuschlagen, die nicht der Mainzer Diözese angehörten: Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler, seit 1849 Propst von St. Hedwig in Berlin, Heinrich Förster, Domkapitular in Breslau, und Anton von Oehler, Domkapitular in Rottenburg. Der Großherzog erteilte dieser Liste am 1. März 1850 sein Plazet. Bereits am 8. Februar 1850 hatte die Regierung Professor Schmid dazu gedrängt, gegenüber der Kapitelsmajorität seine Zustimmung zu diesem Verfahren zu erklären. Mit einem Breve vom 16. März ließ Papst Pius IX. dann wissen, er habe Wilhelm Emmanuel von Ketteler als Bischof für Mainz ausgewählt. Dieses Resultat konnten Lennig und seine Anhänger als Sieg verbuchen. Zugleich war damit ein Bischof gefunden worden, der außerhalb der tief zerstrittenen Parteien stand, deren Zusammenführung und Aussöhnung die erste große Herausforderung für den am 25. Juli im Mainzer Dom zum Bischof geweihten Ketteler war.

      Generalvikar Bischof von Kettelers

      Zwar gab es nach Kettelers Amtsantritt noch Versuche, ihn gegen Lennig und dessen Anhänger einzunehmen, doch zeigte er sich davon unbeeindruckt. Er ging vielmehr mit großer Energie und persönlicher Opferbereitschaft daran, die kirchliche Ordnung in der ihm erforderlich scheinenden Weise wiederherzustellen, wobei er einen sehr autoritären Stil in der Leitung der Diözese entwickelte, weshalb Lennig, den er am 15. Dezember 1852 zu seinem Generalvikar berufen hatte, häufig ausgleichend wirken musste. Ketteler zog auch radikale Schritte in Betracht, wie etwa die verpflichtende Einführung der „vita communis“ für alle Kleriker, der sich aber selbst Lennig durch Rücktrittsdrohung widersetzte, was ihn aber nicht daran hinderte, 1857 den Assistenten und Dozenten für Kirchengeschichte am Priesterseminar, Heinrich Brück, in seinem Hause aufzunehmen, wo dieser bis zu Lennigs Tod wohnte.

      Bei aller Schroffheit zeigte Kettler gleichwohl nicht nur ein waches Bewusstsein für die soziale Not vieler der ihm anvertrauten Menschen, sondern sorgte bald auch für deren Bekämpfung. Der großherzoglichen Regierung trat er von Anfang an selbstbewusst entgegen. Seine erste kirchenpolitisch brisante Maßnahme führte zum faktischen Ende der katholisch-theologischen Fakultät in Gießen. In Abstimmung mit seinen Beratern und dem Domkapitel verlegte er das Theologiestudium eigenmächtig nach Mainz zurück, wo die Fakultät am 1. Mai 1851 wiedereröffnet wurde. Zwar riskierte er so einen Konflikt mit der Regierung, doch ließ diese ihn gewähren, weil sie inzwischen in der katholischen Kirche einen wichtigen Bundesgenossen gegen die radikal-demokratischen Strömungen im Großherzogtum erkannt hatte. Damit war eine grundsätzliche Forderung des Mainzer Kreises erfüllt.

       Adam Franz Lennig (nach 1858) mit dem hessischen Ludwigsorden

      Weitere Punkte, die Ketteler zügig anging, waren die Frage der Bildung und Verwaltung der bischöflichen Dotation und damit zusammenhängend der Besetzung der Pfarrstellen, die immer noch durch staatskirchliche Verwaltungsvorschriften geregelt waren. Deshalb ersetzte er die 1830 von Bischof Burg erlassene Verordnung über die Bildung und Verwaltung der Dotationen des Bistums