dem Entscheidungsfall hat eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die mit Bescheid nach § 60a AO als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt war und nach ihrer Satzung Kunst und Kultur fördert, in erheblichem Umfang sog. »Dividendenstripping-Geschäfte« (»Cum-Cum«-Geschäfte) getätigt. Hierbei kaufte die UG kurz vor dem Dividendenstichtag von ausländischen Anteilseignern Aktien an, ließ sich die Dividende unter Vorlage des § 60a-Bescheides ohne Kapitalertragsteuerabzug ausbezahlen300 und verkaufte die Aktien anschließend wieder zurück an die ursprünglichen Anteilseigner.
Die Finanzverwaltung und auch der BFH sahen hierin einen Verstoß gegen die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 AO), da die UG den weit überwiegenden Teil ihrer personellen und sachlichen Ressourcen in die teilweise hochkomplexe Abwicklung der Dividendenstripping-Geschäfte einsetzte, während die Allgemeinheit, so der BFH, mit Ausnahme einer einwöchigen Kunstaustellung keinen Nutzen von den Tätigkeiten der UG gehabt habe. Die tatsächliche Geschäftsführung war daher nicht auf die ausschließliche Verfolgung der satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke (Förderung von Kunst und Kultur) gerichtet, sodass die Steuerbefreiung zu versagen war.
Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung aus dem vorgenannten Urteil möglicherweise wieder eine Verschärfung des Gebots der Ausschließlichkeit (§ 56) ableiten und zukünftig wieder verstärkt den Zeit- und Personaleinsatz im steuerpflichtigen Bereich prüfen wird. Auszuschließen ist dies wegen der eindeutigen Aussagen des BFH in den Urteilsgründen301 u. E. jedenfalls nicht.
Die Tätigkeit einer steuerbegünstigten Körperschaft darf zudem nicht in erster Linie auf die Mehrung ihres eigenen Vermögens gerichtet sein302, ebenso wenig auf die Verfolgung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder oder Gesellschafter.303
Die Formulierung – » gerichtet sein« – des § 55 Abs. 1 Satz 1 AO verdeutlicht, dass steuerbegünstigte Körperschaften ohne Verlust der Steuervergünstigungen durchaus (steuerpflichtige) wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten dürfen (jedenfalls soweit hierdurch Mittel generiert werden, die von der steuerbegünstigten Körperschaft für steuerbegünstigte Zwecke – grundsätzlich zeitnah – einzusetzen sind).
Insoweit sind (steuerpflichtige) wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zulässig, soweit sie nicht als eigenständige – satzungsmäßige – Zwecke der Körperschaft betrieben werden, sondern nur » anlässlich« der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke.
Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe dürfen zudem nicht in der Satzung verankert sein, auch nicht als »Nebenzwecke«304, ebenso wenig die Vermögensverwaltung. Vermögensverwaltende Tätigkeiten unterliegen zwar – anders als die Tätigkeiten im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe – bei steuerbegünstigten Körperschaften gemäß § 64 Abs. 1 AO i. V. m. § 14 Satz 1 AO nicht der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer.
Vor diesem Hintergrund sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe bzw. vermögensverwaltende Tätigkeiten im Hinblick auf das Gebot der Selbstlosigkeit unbedenklich – wohl auch dann, wenn sie nachhaltig zu Gewinnen bzw. Überschüssen führen305 – sofern sie nicht in der Satzung als »ausdrückliche« Zwecke der Körperschaft genannt werden.306
Allerdings ist insoweit auch das Gebot der Ausschließlichkeit (§ 56 AO) zu bedenken.307 Dieses besagt, dass eine Körperschaft dann nicht steuerbegünstigt ist, wenn sie neben ihrer steuerbegünstigten Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht steuerbegünstigt sind.
Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung und mit steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben – sog. »Nicht-Zweckbetrieben«308 – folgt daraus, dass deren Unterhaltung der Steuerbegünstigung einer Körperschaft entgegensteht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft tritt.
Die Vermögensverwaltung sowie die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgen, indem sie z. B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgabe dienen.309
Ist die Vermögensverwaltung bzw. der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbegünstigten Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Steuerbegünstigung am Gebot der Ausschließlichkeit (§ 56 AO). In einem solchen Fall kann die Betätigung der Körperschaft auch nicht in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden; vielmehr ist dann die Körperschaft insgesamt als steuerpflichtig zu behandeln.310
Bei steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere bei sog. »Mittelweitergabe-Körperschaften« (i. S. d. § 58 Nr. 1 AO), die sich im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung sämtlicher Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke halten, ist das Ausschließlichkeitsgebot selbst dann als erfüllt anzusehen, wenn sie sich vollständig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren.311
Eine Körperschaft, welche steuerliche Begünstigungen wegen der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke begehrt, hat im Übrigen ggf. nach den allgemeinen Beweislastregeln den Nachweis zu führen, dass sie nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.312
Für einen Krankenhausträger dürfte sich wegen der überragenden Bedeutung der Einnahmen des eigentlichen Krankenhausbetriebes regelmäßig keine Probleme ergeben, es sei denn, das von ihm betriebene Krankenhaus erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 67 AO für einen Krankenhauszweckbetrieb.
Dann liegt insoweit zwingend ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, der den Status der Steuerbegünstigung verhindert. Eine andere Zweckbetriebsvorschrift der AO (§§ 65 bis 68) kann nicht – auch nicht hilfsweise – in Anspruch genommen werden, insbesondere nicht die Regelung des § 66 AO für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. Dies ist durch § 66 Abs. 3 Satz 2 AO ausdrücklich ausgeschlossen.
2 Gebot der Selbstlosigkeit: Verbot der Begünstigung von Mitgliedern und Gesellschaftern
Zuwendungen an Mitglieder oder Gesellschafter von steuerbegünstigten Einrichtungen müssen auf sog. bloße Annehmlichkeiten, wie sie im Rahmen der Betreuung von Mitgliedern allgemein üblich und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind, beschränkt sein.313 Dies ist Ausfluss des sog. »Bagatellvorbehaltes «, unter dem die Vorgaben des § 55 Abs. 1 AO stehen314, und gilt insbesondere für Zuwendungen in der Form von kostenloser oder verbilligter Bewirtung bei internen Veranstaltungen, z. B. bei Mitgliederversammlungen oder Vorstandssitzungen, und für Sachgeschenke aus persönlichen Anlässen.
Absolute