unterstellt die Finanzverwaltung, dass Entgelte, die mit fremden Dritten vereinbart werden, in der Regel angemessen sind, sodass sich diese 2. Stufe der Angemessenheitsprüfung regelmäßig (nur) auf Mittelverwendungen für Mitglieder, Organe, Arbeitnehmer und/oder verbundene (steuerbegünstigte oder nicht steuerbegünstigte) Unternehmen (und deren Mitglieder, Organe und Arbeitnehmer) bezieht.
Als angemessen kann ganz grundsätzlich eine Mittelverwendung angesehen werden, die für eine vergleichbare Tätigkeit oder Leistung üblicherweise von nicht steuerbegünstigten Einrichtungen (Wirtschaftsunternehmen, staatliche Stellen) gezahlt wird.398
Die Bezahlungen im Rahmen der Tariflöhne oder höhere Bezahlungen, die branchenüblich oder durch besondere Leistungen z. B. eines Arbeitnehmers gerechtfertigt sind – zu denken ist im Krankenhausbereich insoweit beispielsweise an die Bezüge der Chefärzte – sind zulässig, ebenso auch heute allgemein übliche Mitarbeiterboni399. Eine Anlehnung der Gehaltsstruktur etwa an den öffentlichen Dienst ist also für Zwecke der Beurteilung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Angemessenheit grundsätzlich nicht geboten.400 Dies hat der BFH in einem aktuellen Urteil vom 12.03.2020 (Az.: V R 5/17) noch einmal ausdrücklich hervorgehoben. Hiernach sind als Maßstab für den (externen) Fremdvergleich die für vergleichbare Tätigkeiten auch von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen heranzuziehen.
Bei den Kosten für die Beschäftigung eines Geschäftsführers – zur Frage der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung s. u. – handelt es sich grundsätzlich um Verwaltungsausgaben. Eine Zuordnung dieser Kosten zu der steuerbegünstigten Tätigkeit ist nur insoweit möglich, als der Geschäftsführer unmittelbar bei steuerbegünstigten Projekten mitarbeitet. Entsprechendes gilt für die Zuordnung von Reisekosten.401
Die Tatsache, dass Betriebsausgaben wegen Unangemessenheit ertragsteuerlich nicht anerkannt werden, bedeutet im Übrigen nicht automatisch, dass gemeinnützigkeitsrechtlich eine Mittelfehlverwendung gegeben ist.402
§ 55 AO enthält im Übrigen keine absoluten oder prozentualen Obergrenzen für die Verwaltungskosten.403 Entscheidendes Kriterium ist vielmehr (sowohl für die Angemessenheitsprüfung der Gesamtausgaben als auch jeder Einzelausgabe), ob unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls das Ausgabeverhalten der Körperschaft angemessen ist oder nicht. Das ist dann der Fall, wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist und dazu beiträgt, dass ein möglichst hoher Anteil der Mittel unmittelbar und effektiv den steuerbegünstigten Zwecken zugute kommt.404
Die Finanzverwaltung folgt grundsätzlich dieser Rechtsprechung.405
Der Rahmen der Angemessenheit ist in jedem Fall überschritten, wenn eine Körperschaft, die sich weitgehend durch Geldspenden finanziert, diese – nach einer Aufbauphase – überwiegend zur Bestreitung von Ausgaben für die Verwaltung und Spendenwerbung verwendet.406
Für die Frage der Angemessenheit der Verwaltungsausgaben kommt es, wie schon erwähnt, entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine für die Steuerbegünstigung schädliche Mittelverwendung kann jedenfalls nach Auffassung der Finanzverwaltung deshalb auch schon dann vorliegen, wenn der prozentuale Anteil der Verwaltungsausgaben einschließlich der Spendenwerbung deutlich geringer als 50 % ist.407
Während der Gründungs- oder Aufbauphase einer Körperschaft kann auch eine überwiegende Verwendung der Mittel für Verwaltungsausgaben und Spendenwerbung unschädlich für die Steuerbegünstigung sein.408
Ganz allgemein ist ein Ausgabeverhalten im Übrigen auch dann unangemessen (in diesem Sinne), wenn damit gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen wird.409
Zu denken ist im steuerbegünstigten Krankenhaus insoweit z. B. an die Zahlung gesetzwidriger Einweiser-Prämien an niedergelassene Ärzte.
Nach § 31 der Musterberufsordnung der Deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ärzte) ist es Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, sich für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder für Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Nach § 31a Krankenhausgestaltungsgesetz NRW (KHGestG NRW) ist es Krankenhäusern und ihren Trägern – jedenfalls in NRW – verboten, für die Zuweisung von Patienten und Patientinnen ein Entgelt oder andere Vorteile zu gewähren, zu versprechen, sich gewähren oder versprechen zu lassen.
Als gemeinnützigkeitsrechtlich kritisch können insoweit z. B. Pauschalentgelte für die Einweisung von Patienten oder für die Erbringung von Operationsleistungen, die Forderung einer Beteiligung an der DRG-Pauschale des Krankenhauses durch einen Belegarzt, die Kooperationen im Bereich der prä- und postoperativen Versorgung, die Durchführung ambulanter Operationen durch Vertragsärzte für das Krankenhaus und die Einbindung von Vertragsärzten in das stationäre Leistungsgeschehen anzusehen sein.410
Zu der Frage der (Un-)Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen bei einer steuerbegünstigten Körperschaft hat der BFH in einem aktuellen Urteil vom 12.03.2020 (V R 5/17) Stellung genommen.411 Der Bundesfinanzhof hat in dieser Entscheidung einige für die Praxis überaus wichtige Aussagen getroffen, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen.
Zum einen hat der BFH darauf hingewiesen, dass zur Feststellung von Mittelfehlverwendungen i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) anzuwenden sind. Eine Mittelfehlverwendung liegt nach diesem Maßstab – vereinfacht gesprochen – dann vor, wenn auch ein gewissenhafter und ordentlicher Geschäftsleiter unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls diese (Gehalts-) Zahlung nicht bzw. nicht in dieser Höhe vorgenommen hätte. Maßstab des externen Fremdvergleichs – und dies ist die »Richtschnur« für den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter – sind hierbei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von gewerblichen Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen. Der BFH hält es in diesem Zusammenhang für zulässig, in Bezug auf den externen Fremdvergleich auf entsprechende Vergütungs- bzw. Gehaltsstudien (z. B. auf die Gehaltsstudie »GmbH-Geschäftsführervergütungen« der BBE media, auf die der BFH bzw. das FG Mecklenburg-Vorpommern als Vorinstanz412 ausdrücklich Bezug genommen haben) zurückzugreifen.413
In diesem Zusammenhang hat der BFH auch klargestellt, dass es nicht ein einziges angemessenes Gehalt gibt, sondern dass sich die Beurteilung der Angemessenheit innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen kann. Erst wenn die konkrete Vergütung oberhalb dieser Bandbreite liegt, soll ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, mithin ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO, vorliegen.
Ferner können auch (fiktive) Zu- und Abschläge bei der Beurteilung der Angemessenheit vorgenommen werden. Dies kann