Mitteln i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO. Sie werden deshalb auch nicht in die Bemessungsgrundlage für die Rücklagenbildung i. S. d. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO – 1. Alternative – einbezogen454, sondern können in vollem Umfang den nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln zugeordnet werden.
Seit dem 01.01.2000 können darüber hinaus höchstens 10 % der »sonstigen« – d. h. der nicht in der Vermögensverwaltung angesiedelten455 – nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel in eine (weitere) freie Rücklage gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO eingestellt werden. Mit dieser (zusätzlichen) Möglichkeit zur Bildung freier Rücklagen wird insbesondere solchen Körperschaften die Gelegenheit geboten, eigentlich zeitnah zu verwendende Mittel anzusparen, die über keine nennenswerten Einkünfte aus Vermögensverwaltung verfügen.456 Außerdem sollten hierdurch offensichtlich auch sog. »Endowments « erleichtert werden, also Weiterleitungen von (eigentlich) zeitnah zu verwendenden Mitteln als Ausstattungskapital an andere steuerbegünstigte Körperschaften.457
Fraglich ist, welche Bemessungsgrundlage bei der Bildung der 10 %-Rücklage anzuwenden ist. Nach Nr. 10 Satz 2 des Anwendungserlasses zu § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ist zum einen auf die Gewinne aus Zweckbetrieben und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben abzustellen458 und zum anderen auf die Bruttoeinnahmen des ideellen Bereichs, also z. B. auf die Spenden- und Mitgliedereinnahmen.459 Danach können freie Rücklagen aus dem ideellen Bereich auch dann gebildet werden, wenn der ideelle Bereich mit einer Unterdeckung abgeschlossen hat460, was aber tatsächlich nur ausnahmsweise gegeben sein dürfte, bzw. auch dann, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft insgesamt im Veranlagungszeitraum eine Unterdeckung aufweist.461
Sollten verschiedene Zweckbetriebe unterhalten werden, z. B. neben dem Krankenhaus auch noch ein Altenheim oder ein Mahlzeitendienst (»Essen auf Rädern«) oder eine Kurzzeitpflegeeinrichtung, müssen Gewinne und Verluste dieser Zweckbetriebe zunächst saldiert werden. Darüber hinausgehende Verluste mindern die Bemessungsgrundlage der Rücklage nicht.462
Dies gilt entsprechend für Verluste aus dem einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, z. B. aus einer Lieferapotheke und Besuchercafeteria.463 Ein Verlust aus der Vermögensverwaltung mindert die Bemessungsgrundlage für die freie Rücklage in Höhe von 10 % der sonstigen (zeitnah zu verwendenden) Mittel nicht.464
Es handelt sich bei beiden Varianten des § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO um sog. » freie Rücklagen«. Dies bedeutet, dass die Mittel, die in dieser Rücklage (in diesen Rücklagen) zurückgelegt worden sind, auf Dauer – und damit letztlich bis zur Auflösung oder Aufhebung der steuerbegünstigten Körperschaft – nicht für die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke verwendet zu werden brauchen.
Die »Freiheit« dieser Rücklagen gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO hat letztlich drei Facetten:
• Zum einen ist die Gesamthöhe der freien Rücklage unbegrenzt (»Freiheit in der betragsmäßigen Höhe«).465
• Außerdem braucht die Körperschaft während der Dauer ihres Bestehens die freie Rücklage nicht aufzulösen (»Freiheit in der Dauer«).466
• Die angesammelten Mittel unterliegen schließlich nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung und sind (nur) final, d. h. spätestens im Zeitpunkt der Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft bzw. im Zeitpunkt des Wegfalls der steuerbegünstigten Zwecke, für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden (»Freiheit in zumeist langfristiger Nutzungsmöglichkeit auch außerhalb der unmittelbaren Verwendung für Satzungszwecke bis zur Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft«).467
Diese weitreichende »Freiheit« macht die Rücklagen i. S. d. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO in der Praxis als Finanzierungsinstrument steuerbegünstigter Körperschaften überaus interessant, wenn eine Finanzierung über Eigenmittel gewünscht und eine Verwendung zeitnah zu verwendender Mittel nicht möglich ist. Sie sind damit ein zentrales Instrument der (Steuer-) Bilanzpolitik steuerbegünstigter Körperschaften.468 Dieser Umstand spricht für die dringende Empfehlung, die freien Rücklagen jährlich stets im höchstmöglichen Umfang zu dotieren. Die in »freien Rücklagen« i. S. d. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO thesaurierten Mittel dürfen auch dem Ausstattungskapital zugeschlagen werden, eben weil ihre Bildung und Beibehaltung zeitlich unbegrenzt zulässig sind.469
Die in freien Rücklagen i. S. d. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO angesammelten Mittel dürfen auf Dauer Ertrag bringend angelegt werden.470 Eine (endgültige) Verwendung im Sinne eines »Verbrauchs« im »steuerschädlichen Bereich«, z. B. zur Verlustabdeckung im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, ist aber unzulässig.471
Selbstverständlich kann eine solche freie Rücklage jederzeit aufgelöst werden, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft dies wünscht bzw. wenn dies aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist. Eine Verpflichtung hierzu besteht aber, wie dargestellt, nicht.
Die freie Rücklage aus der Vermögensverwaltung ist zulässig in Höhe von maximal einem Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung. Die Bildung der Rücklage hat gemäß § 62 Abs. 2 AO »innerhalb der Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO« zu erfolgen, also (spätestens) in den beiden Kalender- oder Wirtschaftsjahren, die auf das Jahr der Erzielung der für die freie Rücklage maßgeblichen Mittel folgen. Wird der jährliche Höchstbetrag der Mittel, die in die freie Rücklage hätten eingestellt werden können, in einem Jahr nicht ausgeschöpft, können also Mittel in Höhe des nicht ausgeschöpften Betrages zusätzlich in den beiden Folgejahren in die freie Rücklage eingestellt werden.472
Wenn z. B. eine Körperschaft im Jahr 2019 30.000 in die freie Rücklage hätte einstellen können, tatsächlich aber nur 25.000 eingestellt hat, kann sie in den nächsten beiden Jahren zusätzlich zu dem für das jeweilige Jahr zulässigen Betrag nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO noch weitere 5.000 in die freie Rücklage des jeweiligen Jahres einstellen. Die Körperschaft kann diesen Betrag auf beide Jahre aufteilen (2020: 3.000, 2021: 2.000) oder den ganzen Betrag (entweder in 2020 oder in 2021) in die Rücklage einstellen.473
Aus der fristbezogenen Vorschrift des § 62 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 AO ergibt sich im Umkehrschluss, dass eine unterbliebene Entscheidung über die Bildung einer freien Rücklage grundsätzlich nicht nachgeholt werden kann (sog. »Nachholverbot «).474
Die Rücklagenbildung in Höhe bis zu einem Drittel des Überschusses aus Vermögensverwaltung setzt voraus, dass