ist. Möglicherweise soll eine Rücklagenbildung voraussetzen, dass die Körperschaft im Zeitpunkt der Rücklagenbildung auch tatsächlich über entsprechende Mittel (im Sinne von Vermögenswerten) verfügt.476 Andererseits steht es steuerbegünstigten Körperschaften frei, satzungsmäßige Ausgaben auf Kredit zu finanzieren, sodass es auch möglich wäre, zu Beginn eines Jahres einen Beschluss über die Bildung einer Rücklage aus den zugeflossenen Mitteln zu fassen und dann »auf Kredit« weitere satzungsmäßige Ausgaben zu tätigen.477
Über die Zuführung von Mitteln zu einer freien Rücklage gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO müssen die entscheidungsbefugten Gremien der steuerbegünstigten Körperschaft478 im Zusammenhang mit der Feststellung der Vermögensaufstellung entscheiden, und zwar jeweils auf den Schluss eines Kalender- oder Wirtschaftsjahres.479 Es kommt dabei stets auf die verfügbaren Mittel zum Jahresende an, auch wenn unterjährig höhere Mittel verfügbar gewesen sein sollten.480
Es ist zu empfehlen, die freien Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO jährlich in der maximal zulässigen Höhe zu dotieren.481 Negative Konsequenzen können sich hieraus nicht ergeben. Über die in den Rücklagen zurückgelegten Mittel kann jederzeit verfügt werden, allerdings nur zur Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke, nicht etwa im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, z. B. zum Verlustausgleich.
Eine weitere Rücklagenbildungsmöglichkeit i. S. d. steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts bietet § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO.
Hiernach darf ein steuerbegünstigter Krankenhausträger Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ansammeln. Diese Rücklagenbildungsmöglichkeit spielt für Krankenhäuser bzw. -träger eine eher geringe Rolle. Sollte im Einzelfall eine solche Rücklage gebildet werden, wird hierdurch aber nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift die Höchstgrenze für die Zuführung zu der freien Rücklage gemindert.482
Bei der Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO handelt es sich um eine zweckgebundene Rücklage, also nicht um eine freie Rücklage wie bei § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO.
§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO ist im Übrigen nicht anwendbar bei einem erstmaligen Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft483, ebenso wenig beim Erwerb von Anteilen zur Erhöhung der prozentualen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.484
Für die Erhöhung der Beteiligungsquote käme aber eine evtl. vorhandene freie Rücklage im Sinne von § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO in Betracht.485
Die Verwendung von Mitteln zum Erwerb bzw. zur Erhaltung der Beteiligungsquote an einer Personengesellschaft ist nicht durch § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO gedeckt. Derartige Mittelverwendungen sind prinzipiell unzulässig und werden nicht durch § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO »geheilt«.486
Umstritten ist im Schrifttum, ob § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO anwendbar ist, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft die Kapitalerhöhung aufgrund der Bedeutung ihrer Beteiligung de facto erzwingen kann. Ist sie z. B. zu mehr als der Hälfte am Kapital der Kapitalgesellschaft beteiligt, könnte sie bei ihrer Beteiligungsgesellschaft eine Kapitalerhöhung veranlassen, um eigene Mittel, die sie nicht zeitnah verwenden kann oder will, auf diese Weise »zu parken«.487 Möglicherweise reicht hierfür sogar schon eine Beteiligung von 25 % aus.488
Eine derartige Zielsetzung für eine Kapitalerhöhung dürfte den Regelungen des § 55 AO zum Gebot der Selbstlosigkeit widersprechen. Für die Kapitalerhöhung bei der Kapitalgesellschaft müssen deshalb in jedem Falle nachprüfbare wirtschaftliche Gründe vorliegen, die bei der Kapitalgesellschaft eine Kapitalerhöhung durch die Gesellschafter letztlich unumgänglich machen. Je höher die Beteiligungsquote der gemeinnützigen Körperschaft ist, umso sorgfältiger wird man prüfen müssen, ob die Kapitalerhöhung bei der Beteiligungsgesellschaft wirtschaftlich sinnvoll ist.489
§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO eröffnet die Möglichkeit der Bildung sog. » zweckgebundener Rücklagen« (sog. »Projektrücklagen «).490 Bei der Bildung einer solchen Rücklage kommt es – anders als bei der freien Rücklage – nicht auf die Herkunft der Mittel an. Der Rücklage dürfen also alle Arten von Mitteln zugeführt werden, z. B. auch Spenden.491
Gemeint sind bei § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO – wie bei § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO – nicht die Rücklagen im handelsrechtlichen und bilanzsteuerlichen Sinne. Vielmehr wird auch durch diese (steuerliche) »Rücklagenbildung« die (gemeinnützigkeitsrechtliche) Möglichkeit der Ansammlung von Mitteln eröffnet. Der hier verwendete Rücklagenbegriff ist rein steuerlicher Natur; er steht prinzipiell in keiner Beziehung zu etwaigen Rücklagen, die gemäß §§ 266 Abs. 3, 272 HGB in der Handelsbilanz zu bilden sind oder gebildet werden dürfen.
Eine solche (gemeinnützigkeitsrechtliche) Rücklagenbildung braucht in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen zu sein, sie darf allerdings durch die Satzung auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Die Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO sind zweckgebunden. Dies unterscheidet sie maßgeblich von den freien Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO. Voraussetzung für die Bildung einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO ist in jedem Fall, dass ohne die Rücklage die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig nicht erfüllt werden können. Das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit der steuerbegünstigten Körperschaft zu erhalten, reicht für eine steuerlich unschädliche Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht aus.492
Im Rahmen einer zweckgebundenen Rücklage nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 AO müssen die Mittel der steuerbegünstigten Körperschaft für bestimmte, die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwirklichende Vorhaben angesammelt werden, für deren Durchführung bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen.493 Nach Auffassung der OFD Frankfurt494 sollte ein Zeitraum von sechs Jahren grundsätzlich nicht überschritten werden. Diese zeitliche Restriktion ist abzulehnen; sie führt tendenziell zu einer Abkehr von der Beurteilung des konkreten Einzelfalles.
Besteht noch keine konkrete Zeitvorstellung, ist eine Rücklagenbildung zulässig, wenn die Durchführung des Vorhabens glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der steuerbegünstigten Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich ist.495 Was als » angemessen« in diesem Sinne angesehen werden kann, ist nicht eindeutig geregelt bzw. geklärt. Im Schrifttum werden Zeiträume von zwischen drei bis fünf Jahren einerseits oder bis zu zehn Jahren andererseits genannt.496 Darüber hinausgehende Zeiträume dürften