tätig wird (im Streitfall für den Gesellschafter der klagenden GmbH). Aufgrund des zusätzlichen zeitlichen Einsatzes des Geschäftsführers für das Dritt-Unternehmen und der damit einhergehenden nur eingeschränkten Verfügbarkeit des Geschäftsführers für seine »originäre« Geschäftsführungstätigkeit hält der BFH einen angemessenen Abschlag auf die durch Fremdvergleich ermittelte Vergütung für gerechtfertigt.414
Schließlich hat sich der BFH, soweit ersichtlich, erstmals zu der Frage positioniert, ob beim Entzug der Gemeinnützigkeit die Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips anzuwenden sind. Das Schrifttum hat sich in der Vergangenheit schon länger dafür ausgesprochen, dass die Versagung des steuerbegünstigten Status – als »qualitativer Sprung«415 – überhaupt nur dann in Betracht kommen kann, wenn es sich um eine nach Ausmaß und Gewicht erhebliche Pflichtverletzung im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO) handelt. Bei kleineren, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften, so die Literatur, solle eine Entziehung der Steuervergünstigung grundsätzlich ausscheiden (sog. Bagatellvorbehalt).416 Dieser Auffassung hat sich der BFH nunmehr angeschlossen, jedenfalls in Bezug auf geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO.
Der BFH hat in diesem Zusammenhang allerdings auch eine konkrete betragsmäßige Größenordnung benannt, ab der aus seiner Sicht eine gemeinnützigkeitsrechtliche Mittelfehlverwendung vorliegen soll. Insoweit hat das Gericht betont, dass eine Mittelfehlverwendung von über 10.000,00 nicht mehr als geringfügig angesehen werden kann, sodass in diesem Fall ein Entzug der Gemeinnützigkeit droht bzw. zwingend zu erfolgen hat.
Es steht zu erwarten, dass die Entscheidung des BFH im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird, was zur Folge hat, dass es für die Finanzverwaltung bindend und damit zwingend anzuwenden ist. Gegebenenfalls wird zusätzlich auch ein erläuterndes BMF-Schreiben veröffentlicht – bzw. eine Ergänzung im AEAO vorgenommen – werden, welches sich zur konkreten Anwendbarkeit des BFH-Urteils äußern wird.
Auch wenn die o. g. BFH-Entscheidung in ihren grundsätzlichen und Aussagen ausdrücklich zu begrüßen ist, da sie in vielen Punkten endlich Rechtsklarheit schafft, steht andererseits leider zu befürchten, dass die Finanzverwaltung insbesondere die o. g. (starre) Grenze für eine Mittelfehlverwendung in Betriebsprüfungen als willkommenes »Druckmittel« einsetzen wird, um anderweitige steuerliche Sachverhalte in ihrem Sinne gegenüber dem steuerbegünstigten Krankenhausträger durchzusetzen.
4 Gebot der Selbstlosigkeit: Gebot der zeitnahen Mittelverwendung
Das Gebot der Selbstlosigkeit beinhaltet auch das Erfordernis, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zeitnah zu verfolgen.
Der Beachtung der zeitnahen Verwendung aller Mittel für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke kommt derzeit in der Praxis eine zentrale Bedeutung zu. Der Gesetzgeber hat dies im Rahmen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes vom 21.03.2013 durch eine Zusammenfassung der diesbezüglichen Ausführungsregelungen in § 62 AO (»Rücklagen und Vermögensbildung«) zum Ausdruck zu bringen versucht.417 Die Finanzverwaltung weist ihrerseits in ihren Veröffentlichungen hierauf explizit hin.418
Dies ist in § 55 Abs. 1 Nr. 5 EStG ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben. Die Ergänzung des § 55 Abs. 1 AO um die genannte neue Nr. 5 stellte keine Rechtsänderung dar; auch vorher wurde – ohne dass dies in der Abgabenordnung ausdrücklich geregelt war – das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung als Ausprägung des Gebotes der Selbstlosigkeit angesehen, und zwar auf der Grundlage der BFH-Rechtsprechung.419
Eine »zeitnahe Verwendung« in diesem Sinne ist gegeben, wenn die Mittel der steuerbegünstigten Körperschaft spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.420 Als »Verwendung« ist auch die Nutzung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen, anzusehen, § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 AO.
Bestimmte Mittel (Vermögenswerte) einer steuerbegünstigten Körperschaft unterliegen ausnahmsweise nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.
Diese Ausnahme betrifft vor allem das sog. Grundstock- oder Ausstattungsvermögen einer Körperschaft, z. B. das Vermögen, mit welchem eine neu errichtete Stiftung vom Stifter ausgestattet wird, oder das Grund- oder Stammkapital einer (gemeinnützigen) Aktiengesellschaft oder GmbH.421
Nach dem Anwendungserlass des Bundesfinanzministers zum Selbstlosigkeitsgebot422 umfasst diese Ausnahme vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung auch solches Vermögen einer steuerbegünstigten Körperschaft, welches durch Umschichtungen entstanden ist, z. B. durch den Verkauf eines Grundstücks. Nicht zeitnah zu verwenden ist hierbei auch der den Buchwert übersteigende Teil des Veräußerungserlöses, sodass der Veräußerungserlös in voller Höhe auf Dauer dem Kapital der steuerbegünstigten Körperschaft zugeführt werden kann, ohne dass ein Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung eintritt.
Weitere Ausnahmen vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung enthält der Katalog des § 62 Abs. 3 AO423, der nach Auffassung der Finanzbehörden eine abschließende Aufzählung darstellt:424
• Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat,
• Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt425, dass sie zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind,
• Zuwendungen aufgrund eines Spendenaufrufes der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden,
• Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören.
Gemäß § 62 Abs. 4 AO darf eine steuerbegünstigte Stiftung – für steuerbegünstigte Krankenhausträger in anderer Rechtsform gilt dies nicht – im Jahr ihrer Errichtung und in den zwei folgenden Kalenderjahren Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführen (sog. »Ansparrücklage «)426. Für sonstige Mittel einer Stiftung, z. B. für Zuwendungen (insbesondere Spenden) und Zuschüsse (der öffentlichen Hand), gilt diese Regelung dagegen nicht.427
Im Hinblick auf das Erfordernis der zeitnahen Mittelverwendung muss jede steuerbegünstigte Körperschaft prüfen, ob bestimmte Vermögenswerte nach Maßgabe der vorstehenden Regelungen ausnahmsweise nicht zeitnah zu verwenden sind.
Üblicherweise ist der überwiegende Teil der einer steuerbegünstigten Körperschaft zufließenden Mittel – hierzu zählen Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse, Gewinne aus Zweckbetrieben, Überschüsse aus Vermögensverwaltung, Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben – zeitnah zu verwenden.
Die Erfüllung dieses