wiße[]».210 Im Gegensatz zum Beispiel Bantlis zeigte sich der Verhörrichter zuweilen dennoch kompromisswillig, falls sich eine Alternative anbot: Jan Gees von Scharans etwa wurde im Sommer 1836 als provisorischer Landjäger in Roveredo stationiert, zeigte sich mit diesem Posten jedoch durchwegs unzufrieden. Nebst Klagen über hohe Auslagen missfiel ihm auch das konfessionelle Umfeld: «[U]nd für ein Teil bien ich Reformiert und daß paßt nicht Gar gutt jen diese Lantschaft.»211 Nach neuerlicher Klage schlug der Verhörrichter vor, dass er den Posten mit dem in Bondo (im reformierten Bergell) stationierten provisorischen Landjäger Joseph Anton Schuoler, einem Katholiken, tauschen könnte, falls die Konfession ein Problem darstelle. Er habe «jeden falls gleich anher zu berichten, ob er in Roveredo bleibe, oder nach Bergell gehe».212 Gees indes hatte bereits seine frühzeitige Kündigung eingereicht, da er mit einem Schreinerlohn seine Familie beinahe besser ernähren könne als mit dem Sold eines provisorischen Landjägers.213 Dass eben erwähnter Landjäger Joseph Anton Schuoler von Disentis seinerseits wohl ebenfalls an einer Versetzung interessiert war, zeigt ein Bittschreiben der Obrigkeit von Disentis an den Verhörrichter betreffend Abberufung ihres Gerichtsgenossen aus dem reformierten Bondo. Darin schrieb der Vorsteher der Gerichtsgemeinde Disentis:
«So bitten wier Sie Gnädigst durch seine anstalt dazu veranlaßt: daß Sie so gütig seÿn wurden, den gemeldeten Schuoler, wenn es möglich ist von benanter Poste ab zu wechslen und ihn in einem Catolischen Orte zu bestellen. […]»214
In einer beigefügten Notiz schrieb der Verhörrichter (sein Kompromisswille dürfte im Gegensatz zum Fall des Landjägers Christian Bantli insbesondere auch in der Berücksichtigung der Anfrage durch die Obrigkeit von Disentis gelegen haben), dass die Angelegenheit erledigt sei, da Schuoler «abgelößt resp. einberufen» worden sei.215
Im Gegensatz zur Postenzuteilung schweigen sich die verschiedenen Instruktionen betreffend Unterkunftsorganisation mehrheitlich aus. Für die Landjäger am Grenzzoll war die Unterkunftsfrage vergleichsweise einfacher zu regeln, da sie üblicherweise im Zollhaus logierten, welches Eigentum des Kantons war. Die Zollhäuser in Martinsbruck und auf der St. Luzisteig werden diesbezüglich bereits zu einem frühen Zeitpunkt vom Kleinen Rat erwähnt: Im Amtsbericht vom 22. April 1811 war über die «Erbauung eines kleinen Zollhauses in der Nähe der Martinsbruck» berichtet worden, welches «an dem äußersten Gränzpunkt gegen das Tirol» errichtet worden sei.216 Dieses sei nach «Schließung des neuen SalzContractes» mit der Königlich Bayerischen Regierung als «für den Kanton vortheilhafte Einrichtung bewogen worden». Im gleichen Bericht war auch die Erneuerung des zerstörten Wachthauses auf der St. Luzisteig beschlossen worden.
17 Festung St. Luzisteig, um 1835. In der Bildmitte neben dem Torbogen die Zolleinnehmer- und Landjägerwohnung. Aquatinta von D. A. Schmid, C. Burkhardt.
Infolge dieser klar geregelten Besitzverhältnisse waren die Landjäger am Grenzzoll vom Mietzins befreit. Dazu ist auch ein Beispiel von der Grenzstation im untersten Bergell überliefert: Da die Räumlichkeiten im Zollhaus von Castasegna den beiden Familien des Zolleinnehmers und des Landjägers Florian Flütsch zu eng wurden, beauftragte der Kleine Rat den Verhörrichter, für Flütsch eine Wohnung nahe des Zollhauses zu suchen und im Namen des Kantons zu mieten.217 Aus alledem wird ersichtlich, dass die Landjäger am Grenzzoll wegen der Besitzverhältnisse, aber auch wegen ihrer Ortsgebundenheit und im Gegensatz zu ihren Korpskameraden auf den Laufposten nicht auf externe Unterkunftslokalitäten angewiesen waren. Ohnehin war die Lage der Letztgenannten in dieser Hinsicht am kompliziertesten. Zwar wurde den in den Bezirken stationierten Landjägern, der anteilsmässig grössten Landjägergruppe, betreffend Unterkunftsmodalitäten mit Ausnahme der Wunschposition nicht allzu viel vorgeschrieben. Gerade aber die Tatsache, dass sie bei einem Postenwechsel stets auf Wohnungssuche gehen mussten, sorgte oftmals für überaus energieraubende Umständlichkeiten. Der Verhörrichter instruierte die für einen Postenwechsel vorgesehenen Landjäger meistens lediglich über den Wunschort innerhalb des Bezirks, war sich jedoch bewusst, dass die Polizeibeamten wegen nicht immer vorhandener Vermieter auf eine Alternativlösung ausweichen mussten, wobei dies ad interim auch ein Wirtshaus sein konnte. Nicht ganz nachvollziehbar ist dabei, weshalb neue Landjäger immer wieder von Neuem eine Unterkunft aufsuchen mussten und nicht als Nachmieter ihrer Vorgänger eintreten konnten. Diese Praxis scheint am ehesten noch dort gehandhabt worden zu sein, wo der Verhörrichter sich ursprünglich selbst um einen Logisgeber bemüht hatte. Clara Tester von Rongellen etwa erkundigte sich nach dem Abgang des Landjägers Jakob Mathis beim Verhörrichter, ob die Unterkunft für einen neuen Landjäger bereitzuhalten sei:
«Es wird Ihnen wohl bekant sein, das Sie mich um eine Herberg für ein Landjäger anhielten, welches ich auch gleich volzogen hatte, und Jacob Mathis annahm, ich glaubte nach Ihrer angabe daß gleich nach seiner Abreise ein anderer den Posten beziehen werde, da aber noch keiner hier angelangt ist, so bitte ich Sie von der Gütte zu sein, und mich in bälde zu berichten, ob jemand hieher komt, oder nicht, nur daß ich mich darnach richten kann.»218
Der Verhörrichter trat auf diese Offerte ein und erteilte dem für Rongellen vorgesehenen Landjäger Michael Mutzner, den er offenbar schon vorher aufgefordert hatte, sich nach Rongellen zu begeben, und für sein Versäumnis mit der Dienstentlassung ermahnt hatte, mit, sich bei Clara Tester einzuquartieren.219
Als Beispiel für einen typischen Postenwechsel kann der Rapport des Landjägers Sixtus Seeli herangezogen werden, der Anfang April 1840 den seit November 1832 in Splügen stationierten Landjäger Johann Steger ablöste:
«[J]ou sondel a Rivaus dils 15 apriel a Spligen Cun me famella, aber par ilg Katier vai jou aung nagien a ei fortz bucca da survangir a spliga kattier a ch’ia sai jou bucca star en La usstria Cun me famella, jou vi far tut mieu pusseivel da survangier Kattier a Spliga a schilog sonel jou obligaus da ier a medels ne a suffers Cun me famella a ch’ia suplikes jou, Lelss par ina karra riesspossta cho jou hai da far.»220
«Ich bin am 15. April mit meiner Familie in Splügen angekommen, habe jedoch noch kein Quartier erhalten. [Es] ist in Splügen womöglich kein Quartier erhältlich. Weil ich mit meiner Familie im Wirtshaus nicht bleiben kann, möchte ich mein Möglichstes machen, um in Splügen [ein] Quartier zu erhalten. Andernfalls bin ich gezwungen, mit meiner Familie nach Medels [im Rheinwald] oder nach Sufers zu gehen. [Aus diesen Gründen] bitte ich um eine herzliche Antwort, [damit ich weiss,] wie ich zu verfahren habe.»
Daraufhin antwortete ihm der Verhörrichter einen Tag später, dass Seeli «wenn immer möglich» darauf achten solle, seine Unterkunft in Splügen «und zwar an der Landstraße, wen auch etwa über dem Waßer» zu beziehen. Nach Sufers dürfe er «auf keinen Fall» gehen. Eher noch komme die «Ebi» (linksrheinische Fraktion Aebi zwischen Medels im Rheinwald und Nufenen), die «Schmelze» (Eisenschmelze bei Ausserferrera) oder «Bärenburg» vor Andeer infrage.221 Auf diese Aufforderung konnte Seeli am 19. April schliesslich folgendes antworten:
«[O]ssa Cun gieg star en La usstria a stuver spender bers daners sch’i h’ai jou survangieu kattier a Spliga vi eifer La pon sper La via nuch’a in va silg Culm. da spliga vai eber stuvieu ampar metter in grond ch’eins Cassa, ebeber jou vai spronz Ca elss singiur Barron mi vienan a far Ca jou surving an qual Caussa par ilg Katier ni par gidar pagar quei Cheins Cassa. ossa autter danief vai jou nagut.»222
«Nunmehr, nach langem Verharren im Wirtshaus, wozu ich viel Geld holen musste, habe ich in Splügen Quartier erhalten, jenseits der Brücke [und] an der Strasse, die auf den Berg führt. In Splügen habe ich eben einen grossen Hausmietzins versprechen müssen, aber ich hege die Hoffnung, dass Ihr, Herr Baron, besorgen könntet, dass ich etwas Geld erhalte zur Bezahlung des Quartiers oder für den Hausmietzins. Weiters habe ich fürs Erste nichts Neues.»
Seeli hatte folglich für sich ein Quartier an der Bergstrasse zum Splügenpass genommen und für seine Familie eine Unterkunft im Dorf Splügen gefunden. Dass eine solche Lösung, wie auch die ganze Vorgeschichte bis zum Bezug einer definitiven Unterkunft, sehr kostspielig war, betonte der Landjäger explizit. Obwohl an dieser Stelle nicht eingehender auf die finanzielle