gemeint haben. Darin hatte Sutter vermerkt:
«Bekanntlich haben die auf Zollposten stazionierten Landjäger entweder einen Gulden täglichen Sold oder, was ungefähr auf das Nämliche heraus kommt, eine Vergutung auf dem Holzausfuhrzoll, da wo dieselben mit der Disfälligen Beaufsichtigung beauftragt siend. Nun die Station an der Tardisbrücke war bisher diejenige wo der Landjäger nicht mehr als den gewöhnlichen Sold nämlich 54 [Kreuzer] Per Tag bezog. Ich wage daher nun so mehr die unterthänigste Bitte an Eure Weisheiten mich im Sold gütigst meinen Collegen auf andren Zollstationen gleichstellen zu wollen […].»374
In einem Antwortschreiben hatte ihm der Standeskassier daraufhin geschrieben, dass der Kleine Rat beschlossen habe, Sutter die «Soldvermehrung […] durch Belaßung von 4% Holzzolleinzieherlohn vom 1. März dieses Jahres an, zukommen zu laßen».375 Diese Zahlen indes bedürfen einer kurzen Erläuterung: Mit einem Gulden «täglichem Sold» für die Einkünfte aus dem Holzausfuhrzoll resultierten (angesichts der Tatsache, dass im Polizeisystem jeder Jahrestag vergütet wurde) theoretisch 365 Gulden, was also jährlich nur 36 Gulden 30 Kreuzer Mehreinnahmen bedeutet hätte. Insofern hatte der Verhörrichter mit den angegebenen 200 Gulden wohl eher auf die Vier-Prozent-Regelung verwiesen, welche in verkehrsreichen Zeiten376 zu signifikanten Mehreinnahmen führen konnte. Jedenfalls plädierte er in seinem Bericht von 1837 dezidiert für mehr finanzielle Gleichheit innerhalb des Korps: Er schlug nämlich vor, die Hälfte der Einkünfte in eine gemeinsame Kasse einzahlen zu lassen und am Jahresende jeweils auf alle Landjäger, inklusive derjenigen am Grenzzoll, gleichmässig aufzuteilen.377 Ein weiterer Vorschlag war, einen Teil dieser Summe noch abzuziehen und im Sinn der oben genannten Gratifikationen für spezielle Verdienste oder «als Belohnung für die Landjäger, die am meisten Ausgeschriebene, Vaganten [usw.] auffiengen», zu verwenden. Diese Vorschläge indes erfuhren keine Unterstützung. Der Standeskassier verteidigte die speziellen Bonuszahlungen der Landjäger am Grenzzoll vehement, indem er auf den damit erzielten Ansporn zu intensiverer Diensttätigkeit verwies:
«Dieses wäre gerade zu eine Ungerechtigkeit und gegen das Interesse des Kantons. Als die Wohl. Standescommission im Jahr 1825 den Grundsaz aufstellte, daß so wol Zoller als die beigegebenen Landjäger einen Antheil an dem Holzzoll, als Einzugsgebühr einzubehalten berechtigt seien, ging sie von der ganz richtigen Ansicht aus: beide werden sich um so mehr angelegen sein laßen, darüber zu wachen, daß kein Holz unverzollt ausgeführt werde.»378
Eine Änderung hätte für die auf die elf Grenzposten verteilten Landjäger unzweifelhaft eine Vernachlässigung im Diensteifer zur Folge, so der Standeskassier abschliessend. Im untersuchten Quellenmaterial finden sich keine Anzeichen dafür, dass der Antrag des Verhörrichters für mehr Lohngleichheit weiterverfolgt wurde.
Eine zweite Art prozentualer Bonuszahlungen war im Zusammenhang mit der Ausfertigung von Patenten geregelt, wobei es sich hierbei jedoch um eine polizeiliche Nischentätigkeit handelte. Sie hatte damit angefangen, dass der Kanton die Neubesetzung der Stelle des entlassenen Grenzkommissärs in Maienfeld, Johann Friedrich von Salis, als überflüssig betrachtete. Stattdessen wies die Regierung den Verhörrichter an, die am Grenzzoll stationierten Landjäger temporär mit der Ausstellung der Patente zu betrauen und ihnen eine entsprechende Gratifikation zukommen zu lassen. Daraufhin liess der Verhörrichter die am Grenzzoll auf der St. Luzisteig und an der Unteren Zollbrücke (Tardisbrücke) stationierten Landjäger Johann Luzi Sutter und Joseph Maculin wissen, dass sie für die Lösung der Patente «etwas Procente» erhalten würden, jedoch eine Übersichtstabelle gemäss mitgegebenem Formular einsenden müssten.379 Diese ausserordentliche Bonifikation für das Ausstellen von Patenten380 wurde im Weiteren auch von einigen Landjägern im Misox praktiziert. Sie scheint mit dem neu in Mesocco stationierten Landjäger Johann Baptista Bergamin erstmals Einzug gehalten zu haben. Derselbe bat um vorgefertigte Patente, da einige Fremde erst bezahlen würden, wenn sie das Patent erhalten hätten.381 Der Verhörrichter liess ihm daraufhin sechs leere Patente zukommen.382 Nach Erhalt einer zufriedenstellenden Übersicht über eingetriebene Patentgelder ersuchte der Verhörrichter den Standeskassier, dem Landjäger Bergamin eine «Auszahlung der Procent» zukommen zu lassen.383 Zu einem späteren Zeitpunkt äusserte sich der Verhörrichter dahingehend, dass er diese Vorgehensweise (angesichts der zahlreichen fremden Arbeiter) als effektivste Lösung betrachte: In einer Weisung an den später in Mesocco stationierten Landjäger Christian Alig hiess es, dass ihm auf sein Ersuchen hin 24 Handwerkspatente zugesandt würden. Dazu folgte die Angabe aller Indikationen, welche Alig in einer Tabelle aufführen sollte. Für ausgestellte Patente erhalte er bei Lehrlingen 1 Gulden und bei Meistern und Gesellen 1 Gulden und 40 Kreuzer.384 Bereits früh jedoch zeigte sich auch die Kehrseite dieser Vorgehensweise: Die Landjäger tendierten dazu, die Ausstellung von Patenten zu ihren Gunsten zu missbrauchen. Solchen Landjägern gehe es, wie der Verhörrichter kritisch anmerkte, «mehr um Erhaschung der Procenten, von den ihn anvertrauten Patente als um Erhaltung der öfentlichen Sicherheit und Ordnung».385 Im Wiederholungsfall drohte er deshalb mit der Dienstentlassung. Statt das eigentliche Ausstellen der Patente den Landjägern zu überlassen, wurden deshalb zuweilen auch nur die Bemühungen, den Passkommissär mit möglichst vielen Patentlösungen zu beschäftigen, mit einer ausserordentlichen Bonifikation belohnt. Den in Poschiavo stationierten Landjäger Jakob Rechsteiner etwa liess der Verhörrichter wissen, dass er eine Liste einreichen solle, in welcher er alle Personen eintrage, die er zur Ausstellung eines Patents dem Passkommissär zugeführt habe, damit «man ihm wann möglich zu einem Trinkgeld verhelfen könne».386
Die Auszahlung der Summen erfolgte je nach Landjäger auf ganz unterschiedlichem Weg. Sofern die Polizeibeamten den Sold nicht in Chur abholten, wurde er den meisten Landjägern allmonatlich per Postbote auf den Laufposten zugestellt. Eine zusätzliche Variante bildete etwa der Wunsch des in der Nähe des Grenzzolls in Castasegna stationierten Landjägers Joos Grass, welcher sich seinen Sold nicht durch den Postboten, sondern durch den dortigen Zolleinnehmer aushändigen liess.387 Als neu gegründete zentralkantonale Institution transportierte die Post den Sold ex officio, das heisst ohne dafür Speditionsgebühren zu verlangen, da sie analog zu den Landjägerrapporten und den Weisungen des Verhörrichters innerhalb der Kantonsverwaltung versandt wurden.388 Eine Alternative war, gerade wenn es sich um Bonifikationen und sonstige Zahlen wie beispielsweise Spesenbegleichungen oder Uniformguthaben handelte, der Transport durch andere Landjäger. Der in Mesocco stationierte Landjäger Johann Baptista Bergamin etwa berichtete dem Verhörrichter 1831 von der Geldsumme, welche Landjäger Martin Casanova ihm auf dessen Durchreise zum Posten in Roveredo für die Verhaftung dreier Deserteure überbracht habe. Gleichzeitig liess er den Verhörrichter wissen, dass ihm im Gegenzug das eingezogene Geld für die Ausstellung der Patente für die Holzschröter durch Landjäger Joseph Sandriser überbracht werde.389
Ausgabekategorien
Dem wegen hoher Unterkunfts- und Zehrungsauslagen klagenden Joseph Anton Schuoler, provisorischer Landjäger in Bondo, wusste der Verhörrichter zu entgegnen:
«[Ü]brigens muß man ihm bemerken, daß alle außer ihm mit dem Sold von 54 [Kreuzern] samt Zugebühren zufrieden sind, und jeder nach seinem Einkommen zu leben habe. [/] Wenn er nicht den ganzen Tag im Wirthshaus sizt und dort zehrt, sondern wie vorgeschrieben in den bergen besonders im Bondascathal, Touren macht, und auf Alpen oder bei Landleuten seine Verpflegung und Quartier nimt, so sollte er wohl hinreichend auskommen.»390
Wie noch zu zeigen sein wird, war die Aussage, dass sämtliche restlichen Korpsmitglieder mit den finanziellen Einkünften zurechtkämen, ja sogar «zufrieden» seien, schlicht übertrieben. Dies war dem Verhörrichter auch nachweislich bewusst. Seine Beschreibung der ökonomischen Verhältnisse aus dem Alltag mehrerer Landjäger wurde jedoch als Mittel zum Zweck verwendet, um gegenüber einem Neuling wie Schuoler die bestehenden Sold- und sonstigen Bestimmungen betreffend Einkünfte nicht weiter rechtfertigen zu müssen. Dass es tatsächlich Landjäger gab, die mit den vorgesehenen finanziellen Einkünften zurechtkamen, genügte dem Verhörrichter, um die diesbezüglichen organisatorischen Richtlinien zu verteidigen und zu manifestieren. Schliesslich waren es in den Augen der leitenden Polizeigremien gerade diese Richtlinien, welche trotz ihrer positiv angelegten Ausrichtung