bezalt habe».409 Die Summe entsprach mit 105 Bluzgern dem Gegenwert von 1 Gulden 30 Kreuzern. Diese Zahlen indes sind mit Vorsicht zu interpretieren, handelt es sich hierbei – neben den zur zweiten Auslagengruppe gehörenden sonstigen Kosten – doch um die am wenigsten transparente Ausgabekategorie.
Um die Nahrungsmittelkosten tief zu halten, bot sich am ehesten die Subsistenzwirtschaft an. In den Randzeiten konnten die Landjäger, sofern sie ihre Familie bei sich hatten, im heimischen Betrieb aushelfen. Dies war jedoch nur erlaubt, wenn die Landjäger nicht aktiven Handel mit Produkten betrieben. Als am Stationsort allein lebende Hintersässen konnten sie hingegen kaum Subsistenzwirtschaft betreiben, da ihre Arbeitszeiten dafür zu unregelmässig waren. Sofern die Landjäger ledig waren, war dies bei einer nicht allzu verschwenderischen Lebensform auch nicht nötig. Andernfalls waren sie häufig von Subsistenzwirtschaftsformen oder anderweitigen Einkünften, die ihre Ehefrauen am Heimatort erwirtschafteten, abhängig. In diesem Zusammenhang kann auch keine formal-normative Vorgabe entdeckt werden, nach welcher sich die Landjäger betreffend Nahrungsmittelfragen zu richten gehabt hätten. Dies wäre angesichts der sehr unterschiedlichen individuellen beziehungsweise privaten Konstellationen der Landjäger auch gar nicht möglich gewesen. Die Polizeiorganisation bot hier eher eine Art Entscheidungsfeld an, in welchem individuelle Lösungsstrategien der Landjäger von den Polizeigremien akzeptiert wurden. Das Beispiel des provisorischen Landjägers Johann Weber ist hierfür exemplarisch: In Madulain im Oberengadin stationiert, ersuchte er den Verhörrichter um die Erlaubnis, nach Hause gehen zu dürfen, um sich mit Kartoffeln eindecken zu können.410 Dazu musste Weber nach Luzein ins mittlere Prättigau reisen. Der Verhörrichter erteilte ihm die Erlaubnis, jedoch nur unter der Bedingung, dass die Heimreise schnell vonstattengehen und er sich auf dem Rückweg in Chur melden würde.411 Angesichts der noch zu behandelnden zahlreichen Fälle von Finanzproblemen, die sich bei einem Teil der Landjäger zeigten und die dem Verhörrichter viel Arbeit abverlangten, war die Strategie der Polizeileitung darauf ausgelegt, jeglichen finanziellen Schwierigkeiten vorzubeugen und vorsorgliche Aktivitäten zu unterstützen, sofern diese den Dienst nicht tangierten. Die an Weber gerichtete Forderung, sich auf dem Rückweg noch in Chur zu zeigen, liest sich demgegenüber fast schon als absichtliche Schikane, um gegenüber dem Landjäger die Heimreise nicht als Selbstverständlichkeit erscheinen zu lassen. Ferner gilt zu unterstreichen, dass ganz offensichtlich auch nicht sämtliche Anfragen, welche subsistenzwirtschaftliche Praktiken ansprachen, beantwortet wurden: Zum Gesuch des Landjägers Martin Antoni Albin beispielsweise, der vor dem Wintereinfall noch sein Maiensäss bewirtschaften wollte, 412 nahm der Verhörrichter in seiner anschliessenden Weisung nicht Stellung, sodass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass auf diesen Wunsch nicht eingegangen wurde. Wie vorteilhaft indes die Situation sein konnte, im Heimatort stationiert zu sein – diese spezielle Gunst wurde, wie im Unterkapitel Postenzuteilung erwähnt, sehr wenigen Landjägern gewährt –, zeigt das Beispiel des Jonas Sandriser. Infolge eines des die Anbauprodukte beschädigenden Unwetters schrieb er auf das Jahr 1829 rückblickend:
«[Ich habe] daß lezte Jahr beÿ 40 [Gulden] unkosten wegen Wuren gehabt, und darzu alles gefelt, sehr wenig heü und Emt, zu gleich daß obst, und daß wenig frucht, daß mann Pflanz, ist ganz gefehhlt, andurch muß ich von da an, alles kaufen waß ich mit meiner famillien Eßen will aus meinem Verdienst.»413
Aus Sandrisers Worten ist zu entnehmen, wie eminent wichtig in seinem Fall subsistenzwirtschaftliche Formen waren. Ob sich die erwähnte Schadenssumme von 40 Gulden nur auf seine Anbauprodukte oder aber auch auf sonstige Besitztümer bezog, geht aus seiner Aussage nicht klar hervor. Wenn Ersteres der Fall gewesen wäre, hätte er den rund eineinhalbfachen Monatssold mit der Haupteinnahmekategorie kompensieren müssen. Mit anderen Worten hätte Sandriser, falls er jährlich Nahrungsmittel im Mindestwert von 40 Gulden erwirtschaftet hätte, im Gegensatz zu manchen Landjägern auf anderen Laufposten monatlich mindestens 3 Gulden 20 Kreuzer, also rund 12,3 Prozent des Monatssolds, eingespart.
Die Richtlinie, gemäss welcher Landjäger wenn immer möglich ausserhalb ihres Heimatortes stationiert werden sollten, führte dazu, dass die Polizeibeamten in den meisten Fällen in den ihnen zugewiesenen Orten als Hintersässen fungierten. Dies bedeutete in der Regel, dass sie vom gemeinsamen Gebrauch verschiedener ökonomischer Rechte und vom politischen Mitspracherecht ausgeschlossen blieben. Meist waren sie sodann zur Zahlung eines Hintersässengeldes verpflichtet. Sixtus Seeli beispielsweise bezahlte für seine fünfköpfige Familie bei einem Aufenthalt in Splügen jährliche 6 Gulden414 beziehungsweise rund 1,8 Prozent des Monatssolds, während seiner späteren Stationierung für jede Person jährliche 2 Gulden 50 Kreuzer, 415 was bei einem Fünfpersonenhaushalt theoretisch monatliche 1 Gulden 10,8 Kreuzer beziehungsweise 4,4 Prozent des Monatssolds ausmachte. Beim Hintersässengeld handelte es sich um die am wenigsten beeinflussbare Ausgabekategorie der Landjäger.416
Im Weiteren gehörte zu den unvermeidlichen Ausgaben das Brennholz. Als Hintersässen hatten die Landjäger in der Regel kein Anrecht auf das Losholz, welches zu den ökonomischen Rechten der jeweiligen Ortsbürger zählte. Deshalb mussten sie das Brennholz beziehungsweise das Recht, solches zu schlagen, aus eigener Tasche begleichen. In seinem Bericht hatte der Verhörrichter den betreffend Unterkunft und Holz bestehenden Unterschied zwischen den beiden Landjägergruppen angedeutet, indem er erwähnte, dass die «Landjäger bei den Zollstationen […] Quartier und |: wie wohl zu vermuthen steht:| Holz frei s[eien]».417 Obwohl aus seiner Aussage nicht eindeutig hervorgeht, dass die Landjäger am Grenzzoll erwiesenermassen holzfrei waren, unterstreicht die Stelle dennoch, dass die Polizeibeamten auf den Laufposten solches bestimmt nicht waren. Der Bedarf an Brennholz jedenfalls war angesichts des relativ kurzen Sommers und der kalten Winter im ganzen Kanton gross, in den Hochtälern wie dem Oberengadin noch ungleich grösser. Sofern die Landjäger alleinstehend waren, beschränkte sich das Einheizen auf die Stunden, während denen sie sich in ihrer Unterkunft aufhielten. Bedeutend grössere Auslagen dürften diejenigen Landjäger gehabt haben, deren Familienmitglieder sich infolge Familiennachzugs ebenfalls am Ort ihrer Laufposten aufhielten. Auch bei Landjägern, deren Familie am Heimatort verweilte, konnten grössere Auslagen anfallen, sofern die Familie ihren Holzbedarf nicht durch das zugeschriebene Losholz zu decken vermochte. Insofern beeinflussten die Brennholzausgaben den Entscheid für einen Familiennachzug je nach örtlichen Losholzbestimmungen und Brennholzpreisen sehr unterschiedlich. Entscheidend war sicherlich die Frage, ob das Brennholz am Heimatort Kosten verursachte und wie hoch diese zu stehen kamen. Je höher die Auslagen am Heimatort ausfielen, desto schneller fiel der Entscheid, die Familienangehörigen nachzuziehen. Dadurch konnte ein gewisser Vorteil erzielt werden. Allgemeingültige Angaben betreffend Holzbedarf indes sind angesichts der erwähnten Unterschiede nicht möglich. Eine ungefähre Einschätzung erlauben wiederum die in den Quellen auftauchenden Schilderungen: Im Januar 1832 beispielsweise bezahlte Landjäger Sixtus Seeli für «drei Fuder Holz plus Abschlagzins» 3 Gulden 52 Kreuzer.418 Diese rund sieben Kubikmeter entsprachen ungefähr 100 Scheiten à 50 Zentimeter, was in einem kalten Oberengadiner Winter für ungefähr fünf bis sechs Tage ausreichte.419 Im Extremfall hätte dies für einen mit der Familie im Oberengadin lebenden Landjäger, weil die anderen Familienmitglieder im Gegensatz zu ihm mehr oder weniger ständig im Haus ein- und ausgingen, bei ähnlichen Preisen ungefähr 15 Gulden pro Monat gekostet, was im Winter mehr als die Hälfte des Monatssolds bedeutet hätte. Als besagter Landjäger Sixtus Seeli 1840 aus Splügen rapportierte, gab er an, 30 Gulden für Holz bezahlen zu müssen.420 Weil er gleichzeitig die Wohnungsmiete (26 Gulden) und das Hintersässengeld (2 Gulden 50 Kreuzer/Person) angab (und diese Zahlen als Jahresangaben gelesen werden müssen), ist anzunehmen, dass der Holzpreis in Splügen 1840 tatsächlich bedeutend tiefer lag. Dies ist nicht zuletzt auch deshalb vorstellbar, weil mit dem Armengesetz von 1839 die Gerichtsgemeinden verpflichtet worden waren, Massnahmen zur Beseitigung der insbesondere auch unter den eigenen Kantonsbürgern grassierenden Armut zu treffen.421 Sofern Seeli mit 30 Gulden für ein Jahr gedeckt gewesen wäre, hätte dies umgerechnet 2 Gulden 30 Kreuzer pro Monat oder 9,3 Prozent des Monatssolds entsprochen. Dies alles berücksichtigend muss davon ausgegangen werden, dass der durchschnittliche Brennholzverbrauch im Monat in Anbetracht variierender Familienkonstellationen und unterschiedlicher Stationsorte übers Jahr berechnet422 je nach Landjäger zwischen 2–3423 und 10 Gulden424,