für »Problemlösender Aufbau«, »D« für »Durcharbeiten«, »U« für »Üben und Wiederholen« und »A« für das Anwenden der entwickelten Kompetenzen in einem anderen Kontext. Kompetenzförderndes Unterrichten kann somit – aus der Perspektive der Lernenden betrachtet – als ein Durchlaufen vollständiger Lernprozesse beschrieben werden (vgl. Reusser, 2014, S. 92). Steiner (2010, S. 69) reflektiert das katalytische Potenzial von Aufgaben für unterschiedliche Phasen eines adaptiven Lernprozesses.
Aufgaben als Dreh- und Angelpunkt schulischen Lernens müssen, um die Strukturmomente vollständiger Lernprozesse im Unterricht tatsächlich gewährleisten zu können, nach ihren Funktionen unterschieden werden. Beispielsweise braucht es Erarbeitungsaufgaben zum Aufbau oder Übungsaufgaben zum Festigen und Vertiefen von Kompetenzen. Für die Mathematik haben Prediger et al. (2013, S. 770) hierzu ein mehrperspektivisches Strukturierungsmodell entwickelt, das im Lehrwerk »Mathewerkstatt«[7] zur Anwendung kommt. Darin werden vier Aufgabenformate unterschieden: Aufgaben zum Anknüpfen, zum Erkunden, zum Ordnen und zum Vertiefen.
Eine breite Beachtung hat das Modell des Lehr-Lern-Prozesses nach Leisen (2010, S. 60) gefunden. Die Schülerinnen und Schüler haben gemäß diesem Modell zunächst die »Aufgabe«, die Problemstellung (Fragestellung, Thema, Aufgabe, Relevanz usw.) zu entdecken und zu entfalten. Die Konfrontation mit einer passenden »kalkulierten Überforderung« als einer Form der Störung wird bewusst dazu genutzt, die Lernenden zunächst in ein kognitives Ungleichgewicht zu bringen (1). In einem zweiten Schritt werden Vorstellungen darüber entwickelt, wie das Problem gelöst werden kann. Damit soll das Vorwissen reaktiviert werden (2). Im dritten Schritt erhalten die Schülerinnen und Schüler Informationen und Lernmaterialien, die ihnen helfen sollen, neue Erkenntnisse zu gewinnen, sie besser zu verstehen und zu erweitern. Der Lernzuwachs ist jedoch noch instabil (3). Er muss daher in einer weiteren Phase einerseits stabilisiert, andererseits vernetzt und erweitert werden (4). Im fünften Schritt wird der Lernzuwachs bestimmt, und es wird erprobt, ob er einem handelnden Umgang standhält (5). Zuletzt wird das in einem bestimmten Kontext Gelernte eventuell in einem anderen Kontext oder auf andere Beispiele angewendet (6). Gemäß Leisen (2010) sollte die Aufeinanderfolge einzelner Aufgaben in einer »Lernumgebung zur Kompetenzentwicklung« (ebd., S. 60) eine Verlaufsstruktur aufweisen, die auf die Logik des Lehr-Lern-Prozesses ausgerichtet ist. Dieser Gedanke wird im vorliegenden Band verfolgt und weiterentwickelt. Denn es leuchtet ein, dass die einzelnen Aufgaben klar durch ihre Funktionen im Lehr-Lern-Prozess bestimmt sind. Im Folgenden wird daher eine Aufgabensammlung, die mit der Logik des Lehr-Lern-Prozesses korrespondiert, als Aufgabenset bezeichnet.
Fazit: Der Kompetenzaufbau ist ein Lernprozess, der Zeit braucht und stets über mehrere Stationen erfolgt. Zum Lernen werden funktional unterscheidende Aufgabenstellungen benötigt. Es ist sinnvoll, die Aufgaben entlang ihrer didaktischen Funktion im Lernprozess auszurichten. Dabei hilft die Orientierung an Lernprozessmodellen, weil sie vollständige Lernprozesse modellieren. Als Aufgabensets werden Aufgabensammlungen bezeichnet, die sich an solchen Lernprozessmodellen orientieren. Lehrkräfte sind gefordert, neben der didaktischen Funktion einzelner Aufgaben auch die damit verbundenen Bearbeitungsprozesse als Ganzes zu erkennen.
1.1.4 Qualität der Aufgabensituation: Die Dialog- und Unterstützungskultur
Grundsätzlich müssen Schülerinnen und Schüler ihre Kompetenzen selbst aufbauen und entwickeln, indem sie sich im Unterricht aktiv mit den Lerninhalten auseinandersetzen. Gemäß dem Angebot-Nutzungs-Modell kann keine noch so versierte Lehrkraft ihnen diese Arbeit und die damit verbundenen Anstrengungen abnehmen. Trotzdem brauchen sie qualifizierte Lehrkräfte, die ihnen eine hohe Aufmerksamkeit und Sensibilität für Verständnisprobleme entgegenbringen. Bereits bei der Unterrichtsvorbereitung hat die Lehrkraft deshalb die Denk- und Verstehensprozesse der Schülerinnen und Schüler, die durch die Aufgabe nahegelegt werden, zu antizipieren (am besten, indem sie die Aufgabe zunächst selbst einmal löst).
In der Aufgabensituation geht das Handeln der Lehrkraft mit einer Lernunterstützung und -begleitung einher, bei der sie argumentative und diskursive Prozesse fördert, vertieftes Verstehen des Inhalts und die Vernetzung von Wissen ermöglicht. Ein Konzept der konstruktiven, aufgabenbezogenen Lernunterstützung erfordert von der Lehrkraft somit 1. das Lesen von Lernspuren, 2. strukturierende Maßnahmen, 3. Rückmeldungen sowie 4. eine Haltung, die Schülerinnen und Schüler als autonome Persönlichkeiten schützt und wertschätzt (vgl. Cornelius-White, 2007, S. 134).
1. Weil sich die Kompetenz als Disposition einer Person erst in der Performanz zeigt, also in der Art und Weise bzw. im Grad der Bewältigung einer Anforderungssituation, müssen die Schülerinnen und Schüler in Performanzsituationen verwickelt werden, damit sich ihre bisherigen Kompetenzen zunächst einmal zeigen – damit Sie anschließend weiterentwickelt werden können. Solche Performanzsituationen werden im schulischen Unterricht mehrheitlich über Aufgaben realisiert und strukturiert, weil sie einen Einblick in die Vorstellungen, Erfahrungen und Kompetenzen – und so in das Lernen – der Schülerinnen und Schüler geben: Aufgaben machen im besten Sinne von Hatties (2009) Kernbotschaft das Lernen sichtbar. Von der Lehrkraft erfordert dies jedoch eine beträchtliche interpretative Arbeit. Einerseits gilt es, die Lernspuren zu lesen, andererseits sind die Erkenntnisse diagnostisch in die Lernunterstützung und in die weitere Planung einzubinden. Deutlich wird, dass die Gestaltung von Aufgabensituationen ein personales Geschäft ist, bei dem es erstens um aufgabenbezogene Lehr-Lern-Dialoge und zweitens um eine adaptive pädagogische Lernunterstützung geht.
2. Neben dem Lesen von Lernspuren gehören zu einer aufgabenbezogenen Lernunterstützung strukturierende Maßnahmen, wie sie in der Literatur zum Scaffolding beschrieben sind (vgl. z. B. Hogan & Pressley, 1997; Pea, 2004). Dabei kann zwischen Prompts und Coaching-Moves unterschieden werden. Prompts sind Anleitungen, Denkanstöße und andere Hilfestellungen, die den Schülerinnen und Schülern helfen, ihr Potenzial an Kenntnissen und Fähigkeiten möglichst optimal auszuschöpfen (vgl. Bannert, 2009, S. 139). Sie vermitteln kein Wissen, sondern geben Impulse, um das bereits vorhandene Wissen zu aktivieren: »Beschreibe zuerst …!«, »Zeige auf …!«, »Ermittle …!«, »Ordne zu/ein …!«, »Gib wieder …!«, »Fasse (thesenartig) zusammen …!«, »Zeichne/Skizziere …!« u. Ä. (vgl. Brodengeier, 2007). Prompts dienen der Überwindung eines Produktionsdefizits, nicht der Demonstration eines Verfügbarkeitsmangels (vgl. Wirth, 2009, S. 91), indem sie die Bewältigung einer bestimmten Aufgabe vereinfachen. Mithilfe von Coaching-Moves gestaltet die Lehrkraft dagegen Dialoge ko-konstruktiv und unterstützt die Lernenden darin, eigene Vorschläge, Begründungen und Sichtweisen einzubringen: »Nimm Stellung …!«, »Warum …!«, »Wieso …!«, »Begründe …!«, »Beurteile …!«, »Reflektiere …!«, »Charakterisiere …!« u. Ä. (vgl. Brodengeier, 2007). Ein solches Repertoire hilft der Lehrkraft, mündlich in Form von Lerndialogen oder schriftlich in Form von Lernkarten-Prompts auf der Oberflächenstruktur der Lernbegleitung eine aufgabenbezogene Unterstützung zu installieren; beides ist aber nicht hinreichend für eine Lernbegleitung mit tiefenstruktureller Wirkung auf den Lernprozess (vgl. Reusser, 2014, S. 96) – hier sind die Lehrkräfte im Analysieren und Diagnostizieren von Lernspuren gefordert.
3. Der Prozess des Kompetenzerwerbs als ein eigenaktiver Lernprozess ist komplex und somit auf Rückmeldungen (Feedback) angewiesen: Lernende und Lehrende müssen wissen, welches Wissen, welche Verfahren usw. bereits gefestigt sind, damit weitere Schritte darauf aufgebaut werden können. Die Rückmeldung gehört gemäß der Studie von Hattie (2009, 2013; Hattie & Timperley, 2007) zu den einflussreichsten Faktoren für den schulischen Lernerfolg. Doch nicht jede Rückmeldung ist automatisch wirksam. So gibt beispielsweise die sachliche Rückmeldung »Das ist falsch!« der Schülerin oder dem Schüler zwar objektiv den Hinweis, dass er oder sie die Aufgabe falsch gelöst hat, wird aber darüber hinaus sehr wohl auch als persönlicher Misserfolg aufgefasst. Diese Deutung wird noch verstärkt, wenn einerseits keine weiteren inhaltlichen Informationen folgen oder Mitschülerinnen oder Mitschüler mit einer entsprechenden Bemerkung aufwarten. Nach Hattie (2013, S. 209) greift eine wirksame Rückmeldung die Stufen der Aufgabe, des Prozesses und der Selbstregulation auf. Auch Jacobs (2008) verweist in seinen Forschungsarbeiten auf die Überlegenheit eines sachorientierten Feedbacks mit Hinweisen auf Fehler und deren Überwindung gegenüber einer rein