Ingrid Kaiser

der bauschaden Spezial Instandsetzung von Innen- und Außenputz


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wird durch Egalisierung von Fugen, Unebenheiten und kleineren Mängeln im tragenden Bauteil ein ebener Untergrund für die in der Regel dünnere Oberputzschicht geschaffen sowie die Haftung des Oberputzes gewährleistet. Bei Innenputzen wird anschließend entweder ein Wandbelag, z. B. Tapete, oder ein Anstrich aufgebracht. Nach bauphysikalischem Grundsatz nimmt dabei die Härte der Baustoffe von innen nach außen ab, um Ausdehnungen durch thermische und hygrische Einflüsse zu vermeiden. Je nach System wird dies nicht bei allen Materialien umgesetzt, beispielsweise nicht bei härteren Oberputzen von Wärmedämmputzen.

      Normalputze als Unterputze sind geeignet auf Vollziegeln, Kalksandstein und Normalbeton, während Leichtputze auf allen Untergründen verwendbar sind.

      Unterputze werden in der Regel aus Werktrockenmörtel maschinell aufgebracht. Bei zweischichtigem Putz werden sie „nass in nass“ aufgetragen mit einer Dicke von ca. 1 cm für die erste und 0,5 bis 1 cm für die zweite Schicht, um die erforderliche Gesamtschichtdicke zu erreichen. Dies ist besonders bei stark saugenden Kalk- und Kalk-Zement-Putzen wichtig. Je nach Saugfähigkeit des Untergrunds und Witterungsverhältnissen wird die zweite Schicht nach ca. 10 bis 20 Minuten aufgetragen. Zum vollflächigen Glätten per Hand (Rabotieren) wird ein Gitterwerkzeug empfohlen, um Spannungen aus der Putzoberfläche abzuleiten. Bei zweilagiger (entgegen: zweischichtiger) Verarbeitung wird die zweite Lage erst nach Erhärten der ersten aufgebracht.

      Auf Holzwolle-Leichtbauplatten wird der Unterputz mit einer Dicke von ca. zwei Dritteln der Gesamtdicke, ca. 1 cm, aufgebracht sowie nach einer Standzeit {Standzeit} von 14 Tagen die zweite Schicht mit einem Armierungsgewebe {Armierungsgewebe}. Vor Auftrag des Oberputzes erfolgt eine Zwischenbeschichtung zur Verbesserung der Saugfähigkeit oder ein Haftvermittler.

      Generell gilt für die Standzeit der Unterputze bei normalen Wetterbedingungen (Lufttemperatur {Temperatur} ca. 20 °C, relative Luftfeuchte ca. 60 %) je mm Putzdicke ein Tag, bei Armierungsputzen mit einer Dicke von ca. 0,5 cm sieben Tage. Bei nicht ausreichend getrockneten Untergründen ist die Standzeit auf zwei bis drei Tage je mm zu erhöhen, bei Lufttemperaturen von 5 °C sind zwei Tage je mm und für Armierungsputz ca. 14 Tage anzusetzen. Für Wärmedämmputz gilt eine Standzeit von einem Tag je cm Dicke, jedoch mindestens sieben Tage.

      link1.6 Oberputz

      Oberputze {Oberputz} (auch: Edelputze {Edelputz}) als letzte Putzschicht werden als Dickschicht- oder Dünnschichtputze, meist mit einem Bindemittelgemisch aus Kalk und Zement, ausgeführt. Feinputze haben sehr geringe Korngrößen; zusammen mit dem Bindemittel Kalk finden sie im Innenbereich in feuchtebelasteten Räumen Verwendung, als Außenputze mit Zement im Sockelbereich.

      Zur Oberflächengestaltung stehen viele Techniken zur Verfügung. Bei dem weit verbreiteten Rauputz (auch: Reibeputz) wird durch unterschiedliche Reibetechniken und in Abhängigkeit von der Korngröße die Oberfläche strukturiert. Als Rappputz (auch: Bestich) fand der Rauputz häufig Verwendung in Kellern und Dachböden. In Kellenwurftechnik wird er einlagig angeworfen und glatt gestrichen. Ebenfalls zu den Rauputzen gehört der Kratzputz, bei dem die Struktur durch Anreißen der Oberfläche stellenweise die Bindemittelschicht {Bindemittelschicht} entfernt. Anschließend müssen die gelösten Bestandteile auf der Oberfläche mit einem Besen abgefegt werden.

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      Bild 5: Grundsätzliche Eigenschaften bei Putzsystemen (Quelle: Ingrid Kaiser)

      Außenputz

      Zur Gestaltung von Oberputzen im Außenbereich stehen viele Techniken zur Verfügung. Dazu gehören zum einen der bereits genannte Rau- oder auch Reibeputz sowie der Kratzputz {Kratzputz}, der ebenfalls ein Rauputz ist.

      Scheibenputze {Scheibenputz} werden als Dünnputze auf Kornstärke abgerieben und geglättet. Sie erhalten durch das Verreiben des Größtkorns von 2 oder 4 mm damit eine ähnliche Struktur wie Kratzputze. Der Rillenputz entsteht durch scharfes Abziehen und Abreiben der Oberfläche mit senkrechter, waagerechter oder runder Struktur. Buntsteinputze enthalten unterschiedlich farbige Naturstein-Gesteinskörnungen und sind sowohl diffusionsoffen als auch kratz- und stoßfest, sodass sie häufig in besonders beanspruchten Bereichen wie Sockeln und Eingangsbereichen eingesetzt werden. Modellierputze werden in unterschiedlicher Dicke aufgetragen und individuell mit Kelle oder Spachtel strukturiert, gegebenenfalls mit Quasten gebürstet.

OberflächenstrukturierungKornformKorngröße [mm]Bindemittel
Scheibenputzgebrochen1 bis 5Hybrid-Bindemittel
Kalk-Zement
Silikonharz
Kaliwasserglas
Kratzputzeckiges Splittkorn2 bis 4Kalk-Zement
Rillenputzrund2 bis 3
BuntsteinputzGranulat, gebrochen, Splitt1 bis 2Dispersion
Modellierputzrund1,0 bis 1,5

      Tab. 12: Außenputzstrukturen nach Körnung und Bindemittel (Quelle: Ingrid Kaiser)

      Da sich dunkle Oberflächen schneller erwärmen als helle, sollten bei Außenputzen Hellbezugswerte {Hellbezugswert} (HBW) über 30 (Reinweiß hat den Wert 100, Tiefschwarz den Wert 0) eingehalten werden. HBW zwischen 20 und 30 sollten nur ausnahmsweise gewählt und unter 20 völlig vermieden werden, da die Wärme durch die geringe Wärmeleitfähigkeit der darunterliegenden Schichten nicht ausreichend an diese abgegeben werden. Ergänzend zum HBW berücksichtigt die Total Solar Reflectance (TSR) zusätzlich die erforderliche hohe Reflexion im Infrarotbereich, der über die sichtbaren Farben hinausgeht. Je höher der Prozentwert des TSR, desto besser die Reflexion, das heißt desto geringer die Aufheizung der Oberfläche.

      Innenputz

      Entsprechend ihrer Oberflächenqualität werden Innenputze in Qualitätsstufen {Innenputz, Qualitätsstufen} eingeteilt. Die Qualitätsstufe {Qualitätsstufe} Q1 ist anzuwenden, wenn ein geschlossener Untergrund, z. B. für Fliesen und keramische Wandbeläge und -platten, geschaffen werden soll und keine weiteren Anforderungen an die Ebenheit gestellt werden. Die Toleranzen nach DIN 18202 müssen jedoch eingehalten werden.

      Die Qualitätsstufe Q2 wird im Normalfall aus Gips- oder Zementputz hergestellt und in der ATV DIN 18350 für Innenputze als Standard angesehen (vgl. dazu auch Dreieck Kapitel 3.8.2). Q2-Putze müssen ebenfalls keine besonderen Anforderungen an die Ebenheit der geglätteten Oberfläche erfüllen. Bei Streiflicht können Kellenschläge sichtbar sein. Diese Oberfläche dient der Aufnahme weiterer Beläge wie matten, füllenden Anstrichen oder Beschichtungen, gröber strukturierten Tapeten, z. B. Raufaser, oder andere Wandbelägen.

      Ab Qualitätsstufe Q3 sind die Anforderungen gesondert zu vereinbaren. Q3-Putze werden in der Regel als Gipsputze mit einer Korngröße < 1 mm zweilagig ausgeführt und die Oberfläche geglättet oder gefilzt. Es werden Unterputzprofile oder Putzleisten eingesetzt, um die Ebenheit zu gewährleisten. Auch hier dürfen bei Streiflicht noch geringfügige Unebenheiten sichtbar sein, diese Putze bilden den Untergrund für fein strukturierte Tapeten und Anstriche.

      Um die höchste Qualitätsstufe Q4 zu erreichen, wird nach Aufbringen der Putzschicht gemäß Qualitätsstufe Q2 zusätzlich feinporiger Spachtel in einer Dicke von mindestens 1 und höchstens 3 mm abgezogen, geglättet oder gefilzt. Aufgrund der hohen Ebenheit können hier auch glänzende Tapeten oder Anstriche aufgebracht werden. Putze der Qualitätsstufen Q3 und Q4 können zusätzlich geschliffen werden, um eine absolut glatte Oberfläche zu erzielen.

Qualitätsstufe (abgezogen)PutzartAusführungEignung für nachfolgende Schichten
Q1Putze, Unterputzegeschlossene Putzfläche
Q2Putze, UnterputzeAbziehen bzw. Schneiden und Ausrichten der Oberfläche•Oberputz, Körnung ≥ 2 mm•Fliesen, keramische, Natur-, Betonsteinbeläge
Q3Putze, UnterputzeVerwendung von Unterputzprofilen, Putzleisten•Oberputz, Körnung > 1 mm•feinkeramische, Glas-,