Vgl. Bauks, Michaela, Neuere Forschungen zum altorientalischen „Seele“begriff am Beispiel der Anthropogonien. In: Oorschot, Jürgen van/Wagner Andreas (Hg.), Anthropologien des Alten Testaments (VWGTH). Leipzig 2015, 91–116.
Vgl. Enki und Ninmach, Z. 10–30; Atr. I,170–195; En.el. VI,5–8. TUAT III/3 f.
Vgl. Keel/Schroer, 2002, 139.
Vgl. Petry, Sven, Art. Gott/Gottesbild (AT) § 3. In: WiBiLex (2012). [https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/20012/]; Zugriff am 26.09.2012.
Als vertiefender Literaturtipp bietet sich an: Lux, Rüdiger (Hg.), Erzählte Geschichte. Beiträge zur narrativen Kultur im alten Israel. BThSt 40. Neukirchen-Vluyn 2000; weitere konkrete Beispiele in Bauks, Michaela, Art. Chaos/Chaoskampf § 3.2. In: WiBiLex (2006). [https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/15897/], und Witte, Markus, Art. Geschichte/Geschichtsschreibung (AT) § 3.2f. In: WiBiLex (2006). [https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/19400/]; Zugriff jeweils am 26.09.2012.
Vgl. Bauks, Michaela, Art. Bilderverbot (AT) § 8. In: WiBiLex (2011). [https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/15357/]; Zugriff am 26.09.2012.
Vgl. Keel, 1996.
Vgl. dazu z.B. Lauber, Stephan, Art. Flügel, bes. § 2.3. In: WiBiLex (2011). [https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/18485/]; Zugriff am 26.09.2012; Leuenberger, 2012, mit Bildmaterial.
|38|Politische Geschichte und religiöser Kontext in griechisch-römischer Zeit
Susanne Luther
Die Bedeutung der Zeitgeschichte für das Verstehen des Neuen Testaments
Das Neue Testament ist fest in seinem historischen Kontext verankert – die ntl. Schriften sind an historische Ereignisse rückgebunden und können daher nur unter Einbezug der geographischen, politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Situation ihrer Zeit interpretiert und verstanden werden.[1] Die aktuelle Diskussion in den historischen Kulturwissenschaften beschäftigt sich mit der Frage nach der Relation zwischen den in antiken Texten gezeichneten und konstruierten Wirklichkeiten einerseits und den historischen Personen, Orten, materialen Zeugnissen und Ereignissen, auf die sie Bezug nehmen, andererseits. Obgleich Quellen verschiedener Art die „Faktizität“ der Geschichtserzählungen untermauern, bleibt die vergangene Wirklichkeit allein in Form selektiver und perspektivischer Darstellung und wertevermittelnder Deutung greifbar, die für die Rezipienten relevante Sinnzusammenhänge herstellt.[2] Dies ist selbst für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe keine selbstverständliche Einsicht.
Um diese Sinnzusammenhänge einordnen zu können, ist ein möglichst umfangreiches Wissen über den antiken Kontext hilfreich, denn in einem großen Teil der atl. und frühjüdischen Schriften kommt der Deutung des zeitgenössischen politischen und sozialen Kontexts eine große Rolle zu. In den prophetischen und apokalyptischen Schriften des ATs und des frühen Judentums wurden die Ereignisse der Gegenwart kritisiert und unter theologischem Interesse reflektiert. Dadurch entstanden Erklärungsmodelle für die aktuellen politischen und historischen Gegebenheiten.[3] Diese literarischen Traditionen spiegeln sich in den ntl. Texten, deren politische und sozialkritische Botschaft sowie deren historische Referenzialität nur durch Kenntnis der historischen Situation zu entschlüsseln ist.
Es ist der „Third Quest for the historical Jesus“ im Rahmen der Leben-Jesu-Forschung zu verdanken, dass die Rückfrage nach dem historischen Jesus |39|verstärkt den historischen Kontext einbezog. Der aktuelle fachwissenschaftliche Diskurs nimmt ausgehend vom „rhetorical criticism“ die sprachliche Bezugnahme auf die historische Realität in den ntl. Texten in den Blick: Die Rezeption ideologischer Konzepte und Machtstrukturen sowie der Sprache des Imperiums werden eruiert und zu den in den ntl. Texten sich spiegelnden Ansätzen eines subversiven Widerstands gegen die Besatzungsmacht in Beziehung gesetzt.[4]
Politische Zeitgeschichte in den neutestamentlichen Texten
Als Quellen der Zeitgeschichte dienen die Apokryphen und Pseudepigraphen des ATs, die frühjüdische Literatur, die Schriften des Philo von Alexandrien und des Flavius Josephus, die griechischen Historiker (v.a. Tacitus, Sueton und Cassius Dio) sowie die ntl. Schriften. Weiterhin kann auf nichtliterarische Zeugnisse zurückgegriffen werden, z.B. auf Papyri, Ostraka, Inschriften, Münzen oder materielle Relikte.[5]
Der für das NT relevante historische Zeitraum erstreckt sich über das 1. Jh. v. Chr. und das 1. Jh. n. Chr. und betrifft nicht nur das Gebiet des heutigen Israel, sondern den gesamten Mittelmeerraum, der den Entstehungskontext der ntl. Schriften und den Hintergrund für die Ausbreitung des Christentums in den ersten Jahrhunderten darstellt.[6] Aufgrund des großen Einflusses des Hellenismus auf die Geistesgeschichte und Kultur Palästinas ist auch die historische Situation der hellenistischen Staaten seit Alexander d. Gr. und die Ausbreitung des Hellenismus v.a. unter der Diadochenherrschaft der Ptolemäer und Seleukiden zu berücksichtigen (332–142 v. Chr.). Die für die ntl. Zeit direkt relevante Epoche ist die der Herrschaft Roms über Palästina, die mit der Eroberung Jerusalems durch Pompejus 63 v. Chr. eingeläutet wurde und die Herrschaft der Hasmonäer über ein unabhängiges Palästina (142–63 v. Chr.) beendete.
Die ersten Jahre der römischen Fremdherrschaft waren gezeichnet durch mehrere Aufstände prohasmonäischer Kreise, die dazu führten, dass der romfreundliche Herodes d. Gr. von Rom als König über Judäa eingesetzt wurde. In die letzten Jahre seiner Herrschaft (37–4 v. Chr.) fällt das Datum der Geburt Jesu (vgl. Lk 3,1Lk 3,1). Die Kämpfe um die Nachfolge des Herodes, die bereits vor dessen Tod Intrigen und Morde mit sich brachten (vgl. dazu die Legende vom Kindermord in Mt 2,16–18), führten nach seinem Tod zu einer Aufteilung des Reiches an Archelaos (vgl. Mt 2,22Mt 2,22), Philippos, Salome und Herodes Antipas, den Tetrarchen über Galiläa und somit Landesherrn Jesu (4 v. Chr.–39 n. Chr.; |40|vgl. Lk 3,1Lk 3,1). Das Gebiet des Archelaos (Judäa, Samaria und Idumäa) unterstand ab 6 n. Chr. wieder direkter römischer Herrschaft, infolge dessen wurde durch Quirinius, den Statthalter von Syrien, eine Steuerschätzung (Zensus) durchgeführt (vgl. den Verweis in Lk 2,1–4Lk 2,1–4). Lk 3,1Lk 3,1 zeichnet das Auftreten Johannes des Täufers in das 15. Jahr der Herrschaft des Tiberius ein, das wahrscheinlich auf 26/27 n. Chr. fällt,[7]Joh 2,20 die Evangelien berichten von seiner Hinrichtung unter Herodes Antipas (Mk 6,14–29Mk 6,14–29; vgl. auch Jos. Ant. 18,116–119Jos. Ant. 18,116–119); dessen Bauvorhaben in Sepphoris und Tiberias werden nicht erwähnt, obgleich angenommen werden kann, dass Josefs Zimmermannsbetrieb dort Aufträge bekommen hat. Die Verwaltung des Landes durch die Römer hatte nicht nur Folgen hinsichtlich der Steuerhoheit, sondern ebenso hinsichtlich der Verwaltung, des Militärs und der Gerichtsbarkeit, die im zweijährlichen Turnus wechselnden Statthaltern unterstellt waren. Jesus wurde nach den Evangelien (Mk 15 parMk 15 par..; vgl. Tac. Ann. 15,44Tac. Ann. 15,44; Jos. Ant. 18,63f.) unter dem Statthalter Pontius Pilatus hingerichtet (26–36 n. Chr.). Der Prozess nach römischem Strafrecht führte zu seiner Verurteilung wegen Aufruhrs (ca. 30 n. Chr.; vgl. Mk 15,1–47 parMk 15,1–47 par..; zu Pilatus auch Lk 13,1Lk 13,1).[8] Unter dem jüdischen Vasallenkönig Agrippa I. (37 bzw. 41–44 n. Chr.) führte die Durchsetzung der Religionspolitik des