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Handbuch Jüdische Studien


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und könnte somit leicht als Verwendung unter christlichem Vorzeichen gedeutet werden.

      Ähnliches wäre zur letzten – meines Wissens – noch erhaltenen Erwähnung in einer Inschrift zu sagen. Eine Inschrift in Porto enthält folgende Passage: καλῶς βιώσασα ἐν το Iουδϊσμῷ (sie führt ein geruhsames Leben [mit ihrem Ehemann], indem sie den jüdäischen Bräuchen nachgeht), also indem sie die Gebote beachtet/praktiziert (genau wie in der Inschrift von Stobi), aber nicht zwingend im Rahmen einer Institution, die in der Moderne „Judentum“ genannt wird. Es gilt zu beachten, dass diese beiden epigraphischen Erwähnungen sich nicht vollständig mit Masons Interpretation vereinbaren lassen, doch ich glaube, dass sie, gestützt auf meine Korrektur dieser Interpretation, sehr gut ins Bild passen und in keiner Weise die Art von semantischer Entwicklung nahelegen, die wir sonst nur in christlichen Quellen finden. Sollten die Inschriften einen christlichen Bezug haben, sind Masons Argumente allerdings völlig irrelevant.47 Jedenfalls handelt es sich um die einzigen jüdischen Verwendungen von Ioudaismos (sozusagen aus der inneren Perspektive), abgesehen von den Makkabäerbüchern.

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der überaus seltene Terminus Ioudaismos keine Bezeichnung für eine damit angeblich verbundene „Religion“ ist, sondern einen Lebenswandel benennt, der sich (mit Eifer) der Einhaltung der Gebote verschrieben hat. Er kann also genauso als „Judaisieren“ bezeichnet werden, wie etwa das fehlerfreie Schreiben der griechischen Sprache als „Hellenisieren“. Wie Amir mit Bezug auf Hellenismos bemerkt: „In diesem Sinne ist es ein ersehntes Ideal, dem der Mann des Geistes sein Leben lang nachstrebt, denn der linguistische ,Hellenismus‘ erfordert die genaue Einhaltung tausend kleiner und großer Regeln.“ Ersetzt man „linguistischer Hellenismus“ mit „die Lebensart der Vorväter (oder der Tora), dann erschließt sich der perfekte Sinn für Ioudaismos: „In diesem Sinne ist es ein ersehntes Ideal, dem der Mann des Geistes sein Leben lang nachstrebt, denn das Ausüben des ‚Judentums‘ erfordert die genaue Einhaltung tausend kleiner und großer Regeln.“ Diese Deutung passt sowohl in den paradigmatischen Kontext des grammatikalischen und lexikalischen Systems des Griechischen als auch zu den syntagmatischen Kontexten der Erwähnung des Begriffs im Jüdisch-Griechischen. Dieser Sinn erschließt sich auch, wenn wir dem Judäischen keine Sonderrolle einräumen. Nicht nur im Jüdisch-Griechischen, sondern auch im Hebräischen, im Jüdisch-Aramäischen und sogar im Jiddischen gab es jahrhundertelang keinen Ausdruck für die „jüdische Religion“.

      Ich hoffe, hier bewiesen oder zumindest plausibel dargelegt zu haben, dass es irreführend ist, die jüdische Kulturgeschichte der Antike vor dem Hintergrund einer Vermutung zu betrachten, es habe eine „Religion“ gegeben, die „Judentum“ genannt wurde und gesondert war vom säkularen Bereich und der Politik. Wir täten gut daran, die Kultur insgesamt zu betrachten, ohne sie in Kategorien zu zwingen, die von anderen Kulturen, besonders unserer christlich geprägten, übernommen wurden.

      Übersetzung aus dem Englischen: David Ajchenrand

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      1Dieser Beitrag ist eine leicht geänderte und gekürzte Version eines Kapitels in meiner sich in Arbeit befindenden Studie Judaism/Jewish Religion im Rahmen der Reihe „Key Words for Jewish Studies“, die demnächst in der Rutgers University Press erscheinen wird.

      2Davies, Philip R.: On the Origins of Judaism, Bible World, London; Oakville 2011.

      3Ebd., S. 1.

      4Ebd., S. 4.

      5Ebd., S. 9.

      6Ebd., S. 11.

      7Ebd., S. 12.

      8Thiessen, Matthew: Contesting Conversion: Genealogy, Circumcision and Identity in Ancient Judaism and Christianity, Oxford; New York 2001.

      9Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Aus dem Griechischen übersetzt von Dr. Philipp Kohout, Linz 1901, S. 488.

      10Schwartz, Daniel R.: Jewish Background of Christianity (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, Bd. 60), Tübingen 1992, S. 13.

      11Davies: Origins of Judaism, S. 13.

      12Batnitzky, Leora: How Judaism Became a Religion: An Introduction to Modern Jewish Thought, Princeton 2011.

      13Amir, Yehoshua: The Term Ιουδαϊσμός: On the self-understanding of Hellenistic Judaism, in: Peli, Pinchas (Hg.): Proceedings of the Fifth World Congress of Jewish Studies, the Hebrew University of Jerusalem, Mount Scopus-Givat Ram, Jerusalem 1969, S. 264.

      14Ebd., S. 265.

      15Ebd., S. 266. Vgl. Schwartz, Daniel R.: More on Schalit’s Changing Josephus: The Lost First Stage, in: Jewish History 9/2 (1995), S. 9–20.

      16Mason, Steve: Jews, Judaeans, Judaizing, Judaism: Problems of Categorization in Ancient History, in: Journal for the Study of Judaism xxxviii/4–5 (2007), S. 465.

      17Unter anderem in Boyarin, Daniel: Semantic Differences: Linguistics and „the Parting of the Ways“, in: Becker, Adam H.; Reed, Annette Yoshiko (Hg.): The Ways That Never Parted: Jews and Christians in Late Antiquity and the Early Middle Ages (= Texte und Studien zum antiken Judentum, Bd. 95), Tübingen 2003, S. 65–85. Diese Behauptung zu Ioudaismos findet sich zudem bereits bei Goldstein, Jonathan A. (Übers. und Hg.): II Maccabees: A New Translation with Introduction and Commentary, The Anchor Bible 41a, New York 1983. Mason hat das Argument aber zweifellos weiterentwickelt und es in seiner gründlichen Arbeit entscheidend gestärkt.

      18Vgl. Himmelfarb, Martha: Judaism and Hellenism in 2 Maccabees, in: Poetics Today 19 (1998), S. 196. Meines Erachtens versteht Himmelfarb diesen Sachverhalt genau verkehrt. Von Ioudaismos als gegeben ausgehend und es als „Judentum“ übersetzend geht sie davon aus, dass Hellenismos hier „Hellenismus“ und nicht „Hellenisieren“ bedeuten muss. Vgl. auch ihre meinen Thesen diametral entgegenlaufende Bemerkung, dass „‚Die Gesetze‘ (hoi nomoi), oder weniger häufig, ‚Das Gesetz‘ (ho nomos), im 2. Buch der Makkabäer als Bezeichnung für die jüdische Lebensart ist, die anderswo als Ioudaismos bezeichnet wird und den Gegensatz zu ‚Hellenismos‘ bildet“. (ebd., S. 196). Vgl. nachfolgend die Argumente bei Josephus, die u. a. gegen diese Interpretation sprechen.

      19Dover, Kenneth James: Aristophanic Comedy, Berkeley 1972, S. 214.

      20Schwartz, Daniel R.: 2 Maccabees: Commentaries on Early Jewish Literature, Berlin; New York 2008, S. 465.

      21Schwartz, Seth: How Many Judaisms Were There? A Critique of Neusner and Smith on Definition and Mason and Boyarin on Categorization, in: Journal of Ancient Judaism 2/2 (2011), S. 225.

      22Ebd., 226.

      23Vgl. „In der immer noch lebendigen Erinnerung der Griechen von den Perserkriegen des 6. und 5. Jahrhunderts v. u. Z. werden jene, die sich von den Griechen abwandten und mit ihren Feinden kollaborierten, ‚Medisierer‘ genannt, […] die implizierten Antonyme von ‚Medisierer‘ und ‚Medismus‘ wären ‚Hellenisierer‘ und ‚Hellenismus‘, was ‚der griechischen Sache loyal sein‘ bedeuten würde.“ Goldstein: Maccabees, S. 230, Fn 13. Ich erkenne bei Ioudaismos genau denselben Ursprung und dieselbe Semantik.

      24Mason: Jews, Judaeans, Judaizing, Judaism, S. 467.

      252. Buch der Makkabäer 2:21, Bibelübersetzung von Hermann Menge http://www.bibelwissenschaft.de/online-bibeln/menge-bibel/bibeltext/bibel/text/lesen/stelle/46/20001/29999/ch/bc17a5c06f734ff3a1b95350290ff329/, letzter Zugriff: 10. 01. 2017.

      26Goldstein stellt enthusiastisch fest: „Unser Vers enthält die früheste bekannte Erwähnung des griechischen Wortes Ioudaismos (‚Judentum‘). Der Autor benutzte vermutlich absichtlich ein Wort mit dieser Form im Sinne von ‚barbarisch‘, da er damit seinem gebildeten griechischen Publikum die Analogie zum Kampf der loyalen Hellenen gegen die ‚barbarischen‘ Perser und gegen den ‚Medismus‘ der griechischen Kollaborateure mit dem Perserreich nahelegen wollte.“ Goldstein: Maccabees, S. 192, Fn 21.

      27Mason: Jews,