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Handbuch Jüdische Studien


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S. 468.

      31MacRea, Duncan: Diligentissumus Investigator Antiquitatis? „Antiquarianism“ and Historical Evidence between Republican Rome and the Early Modern Republic of Letters, in: Smith, Christopher; Sandberg, Kaj (Hg.): Historical Evidence and Historiography in Republican Rome, im Erscheinen.

      32Lowe, Malcolm: Concepts and Words, in: Marginalia. The Los Angeles Review of Books (August 2014).

      33Goldstein: Maccabees, S. 302.

      34Amir: On the self-understanding of Hellenistic Judaism, S. 266.

      35Der Jüdische Krieg 2,119–166; Altertümer 13,171–173; 18,12–25; Autobiographie 10–12.

      36Dieses Argument wurde bereits vorgebracht, wenn auch etwas weniger pointiert. Siehe Flavius, Josephus: Judean War 2. Translation and Commentary by Steve Mason with Honora Chapman [De Bello Judaico. Liber 2.], Josephus Flavius: Works, 2000 1B, Leiden 2008, S. 96, Fn 734.

      37Himmelfarb: Judaism and Hellenism in 2 Maccabees, S. 201.

      38Josephus, Against Apion, hg. von Steve Mason, ins Englische übersetzt und kommentiert von John Barclay, Leiden 2007, S. 262, Fn. 638.

      39„Josephus fasst frühe Staats- und Rechtstheorie mit sozioreligiösen jüdischen Werten zu einem theokratischen Konzept als Alternative zu klassischen Staatsmodellen zusammen. Die Instabilität und tyrannische Tendenzen königlicher Herrschaft kritisierend legt Josephus dar, dass ein politisches System nur dann von Dauer sein kann, wenn es auf den Grundlagen des Gesetzes ruht. Indem es die Rolle der Menschen reduziert und sich an ihrer Stelle auf sakrale Gesetze stützt, bietet die Theokratie ein solches System. Ungeachtet der Verzerrungen, die dieser Begriff im Laufe der Zeit erfuhr, oder dessen späterer Transformation, repräsentiert die Theokratie für Josephus ein konstitutionelles Vorhaben, das sorgfältig darauf ausgelegt wurde, Freiheit und Recht zu erreichen.“ Vgl. Flatto, David C.: Theocracy and the Rule of Law: A Novel Josephan Doctrine and Its Modern Misconceptions, in: Dine Yisrael 28 (2011), S. 7. Zum Gedanken, dass theokratia heute das Gegenteil von dem bedeutet, was Josephus mit diesem Begriff vorschwebte, siehe ebd., S. 5.

      40Josephus: 267, Anm. 677, zitiert in: Altertümer 2,28.

      41Siehe zu dieser Verwendung Josephus Flavius: De Bello Judaico. Der jüdische Krieg, Bd. I u. II. Herausgegeben und mit einer Einleitung sowie mit Anmerkungen versehen von Otto Michel und Otto Bauernfeind, Darmstadt 2013, S. 116: „Nächst Gott ist bei ihnen der Name des Gesetzgebers der Gegenstand der größten Verehrung.“

      42Amir: On the self-understanding of Hellenistic Judaism, S. 264.

      43Vgl. die Diskussion zur Datierung bei Hengel, Martin: Die Synagogeninschrift von Stobi, in: Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 57/3 (1966), S. 147–159.

      44Ebd., S. 146.

      45Ebd., S. 178.

      46Siehe Hengels gesamte aufschlussreiche und wichtige Diskussion dieses Aspekts: ebd., S. 179 ff.

      47Das ist zweifellos auch der Grund, weshalb er die Inschriften ignoriert.

      Elisa Klapheck

      Schriftliche und mündliche Tora

      Die Rabbanan lehrten: Einst trat ein Nichtjude vor Schammai und sprach zu ihm: wie viele Torot [Plural von Tora] habt ihr? Dieser erwiderte: Zwei; eine schriftliche und eine mündliche. Da sprach jener: Die schriftliche glaube ich dir, die mündliche glaube ich dir nicht; mache mich zum Proselyten, unter der Bedingung, dass du mich nur die schriftliche Tora lehrst. Dieser schrie ihn an und entfernte ihn mit einem Verweise. Darauf trat er vor Hillel und dieser machte ihn zum Proselyten. Am ersten Tage lehrte er ihn Alef, Bet, Gimel, Dalet, am folgenden Tage aber lehrte er ihn umgekehrt. Das sprach jener: Gestern hast du mich ja anders gelehrt! Dieser erwiderte: Wenn du dich auf mich verlassest, so verlasse dich auch auf mich bezüglich der mündlichen Tora (siehe auch den Beitrag von Stefan Schreiner, S. 147).1

      Nach der rabbinischen Vorstellung gab es von Anfang an eine „schriftliche“ und eine „mündliche“ Tora.2 Die fünf Bücher Mose in der Bibel, d. h. die „Tora“, aus der Juden am Schabbat in der Synagoge lesen, bzw. der Pentateuch, ist nach dieser Vorstellung die „schriftliche Tora“ (tora schebichtav). Ihr zur Seite gestellt ist jedoch noch eine zusätzliche, eine „zweite Tora“ – die „mündliche Tora“ (tora scheba’al peh). Letztere ist die Mischna. Das Wort Mischna bildet sich aus dem Verbstamm sch–n–h für „wiederholen“, aber auch „verändern“.3 Das allein lässt schon die große Spannung zwischen der schriftlichen und der mündlichen Tora erahnen. Die mündliche Tora wiederholt die schriftliche Tora und verändert sie zugleich.

      Die schriftliche Tora wurde wahrscheinlich in der Zeit um Esra im 5. Jahrhundert v. u. Z. kanonisiert. Sie enthält die Bücher: 1. Genesis/Bereschit; 2. Exodus/Schemot; 3. Levitikus/Wajikra; 4. Numeri/Bemidbar und 5. Deuteronomium/Dewarim. Diese erzählen die Geschichte des Volkes Israel, beginnend mit der göttlichen Erschaffung der Welt, den Erzählungen über die ersten Generationen Adam, Noah bis hin zu Abraham, die Herausbildung der Kinder Israel, ihren Exodus aus Ägypten und die Gabe der Tora am Sinai, die Zehn Gebote sowie weitere Gesetze, etwa im Priesterkodex und im Heiligkeitskodex, außerdem Bestimmungen über das soziale Zusammenleben und den Umgang mit dem Land, ferner Geschichten während der 40-jährigen Wüstenwanderung und schließlich Moses große Reden an das Volk, bevor er selbst sterben sollte und das Volk in das von Gott versprochene Land ziehen würde.

      Die „mündliche Tora“, d. h. die Mischna, wurde im 2. Jahrhundert u. Z. unter der Redaktion des in Palästina lebenden rabbinischen Oberhauptes Jehuda ha-Nasi (ca. 165–217) kodifiziert. Gegenüber den fünf Büchern Mose besteht sie aus sechs Ordnungen. Diese erzählen jedoch keine Geschichten, sondern enthalten Gesetzessammlungen für das Leben im heiligen Land. Die Ordnungen sind nach sechs Oberthemen strukturiert: 1. Landwirtschaft (Sera’im/„Saaten“); 2. Feste (Mo’ed/„Feiertag“); 3. Eheleben (Naschim/„Frauen“); 4. Gesellschafts- und Arbeitsrecht (Nesikin/„Schäden“); 5. Heiligtum (Kodaschim/„heilige Dinge“); 6. Rituelle Reinheit (Taharot/„Reinigungen“).4 Jede dieser Ordnungen enthält mehrere Traktate zu Unterthemen, etwa die Ordnung Seraim („Saaten“) über den Umgang mit dem Land, das Stehenlassen der Ecken, die Abgaben der Zehnten, das Beschneiden der Bäume usw.; oder die Ordnung Mo’ed mit Traktaten, die detaillierte Bestimmungen zu den einzelnen jüdischen Festen enthalten; oder die Ordnung Naschim mit Traktaten über Ehegesetze, Scheidungen, Umgang mit Ehebruch usw. Im Unterschied zur Tora ist hier jedoch nicht von „Gesetzen und Satzungen“ (chukim u-mischpatim) die Rede, sondern von der Halacha, dem rabbinischen Begriff für das jüdische Recht (siehe hierzu auch den Beitrag von Walter Homolka, S. 227).

      Nur zu einem kleinen Teil decken sich die Gesetzessammlungen der Mischna mit den Gesetzen der schriftlichen Tora. In einem viel größeren Maß erweitern sie diese, erneuern sie und beziehen ganz neue Rechtsgebiete in den jüdischen Gesetzesradius ein. Anders als die Gesetze in der schriftlichen Tora sind die Bestimmungen in der Mischna nach dem rabbinischen Verständnis nicht unbedingt von Gott geoffenbart, sondern von den Rabbinen selbst formuliert und in Ansätzen auch schon in dem für den Talmud typischen, diskursiven Stil verfasst. So beginnt das erste Traktat in der Mischna, das Traktat Schabbat, mit einer Frage und mehreren möglichen Antworten:

      Von wann an liest man das Schema [‚Höre Israel‘] am Abend? – von der Stunde an, da die Priester [in das Heiligtum] eintreten, von ihrer Hebe zu essen, bis zum Schluss der ersten Nachtwache – so R. Elieser. Die Weisen sagen, bis Mitternacht; R. Gamliel sagt, bis die Morgenröte aufsteigt.5

      Der Talmud-Wissenschaftler Jacob Neusner bezeichnet die Beziehung zwischen der schriftlichen und der mündlichen Tora als das System der „dualen Tora“.6 Es entsteht aus einer Doppelspur, die die gesamte rabbinische Literatur durchzieht. Sie hat ein