eingesetzt werden können, um zwischen a) Wertesystemen, b) Bedeutungssystemen und c) Problemlösungssystemen zu vermitteln und zu schlichten.
Multiple Kulturen und kulturelle Dynamik
Seit langer Zeit äußern sowohl die Wissenschaftler der Interkulturalität als auch Sozial- und Geisteswissenschaftler Kritik an den in Forschung und Praxis verwendeten Kulturkonzepten, die sich vor allem auf Nationalkulturen beziehen (McSweeney 2009). Dabei wird vor allem kritisiert, dass sich Kulturkonzepte häufig auf eine mehr oder weniger homogene Gesellschaft beziehen und diese als ›autonome Insel‹ betrachten, die von äußeren Einflüssen nicht oder kaum tangiert werden. Metaphorisch ausgedrückt stellen viele Kulturbegriffe ›Korsette‹ dar, die von der Mannigfaltigkeit moderner kultureller Systeme gesprengt werden. Deshalb kritisieren einige wissenschaftliche Vertreter generell an interkultureller Praxis und Forschung die als zu homogen eingestuften Kulturbegriffe (Dahlén 1997; Moosmüller 2004). D’Iribarne unterstreicht, dass der Bezugspunkt der Nationalkultur nicht dazu dient, ihre Spezifika »nur« hervorzuheben, sondern dass es um die Analyse und das Verstehen von Besonderheiten geht:
»When national cultures are concerned, the aim is not to highlight the supposedly persisting characteristics of certain cultures. It is rather a matter of analysing how, within a given organisation, the encounter of people coming from different societies and with different habits leads to the emergence of a specific culture, understood as a common way of doing things.« (D’Iribarne 2009, 310–311)
Multiple Kulturen
Eine zentrale Frage ist, in welchem Ausmaß Individuen ihre kulturelle Prägung in Denken, Fühlen und Handeln auch leben, also inwiefern sie »typische« Repräsentanten ihrer Kultur sind – oder nicht. Brannen (1998) verweist darauf, dass nicht nur der Kontext zu beachten ist, in dem Interkulturalität stattfindet, sondern auch die kulturellen Charakteristika der Akteure. Zurecht wird der monolitisch-funktionalistische und nationale Kulturbegriff als zu deterministisch kritisiert. Akteure in interkulturellen Organisationen sind durch viele unterschiedliche kulturelle Einflüsse geprägt und weisen insofern viele pluralistische kulturelle und identitäre Bezugspunkte auf, die weit vielfältiger sind als nur die Prägung durch eine nationale Kultur. Diese Pluralität wird u. a. von verschiedenen Ansätzen thematisiert: multiple cultures (Sackmann/Phillips 2004), Fuzzy Diversity (Bolten 2010b) oder Fuzzy Cultures (Bolten 2011, 2014).
Entsprechend dem Ansatz der multiplen Kulturen beschäftigt sich die interkulturelle Forschung zunehmend nicht nur mit Nationalkultur, sondern auch mit anderen Kulturen wie Branchen-, Organisations-, Abteilungs- und Berufskulturen. In Organisationen betreffen sie die auch aus dem Diversity Management (Özbilgin/Tatli 2008; Genkova/Ringeisen 2016) bekannte Kategorien wie Geschlecht, Alter, soziale Klassen, hierarchische Position (Mitarbeiter, Führungskraft), Abteilung/Bereiche (Forschung, Marketing), Profession (Ingenieur, Jurist) sowie Organisationskulturen (flexibel, verschlossen). Solche kulturellen Gruppierungen werden auch als Stratifizierung subkultureller Merkmale (Zander/Romani 2004) bezeichnet oder als kulturelles Mosaik (Chao/Moon 2005). Von den vielen kulturellen Gruppierungen werden folgend drei genannt, die das Interkulturelle Management besonders betreffen:
Organisationskultur ist seit den 1980er Jahren ein vielbeachtetes Thema der (Interkulturellen) Managementforschung und -praxis (Schein 1986). Auch Hofstede (1980) initiierte seine große Studie Culture’s Consequences unter anderem, um das Einfluss- und Spannungsverhältnis zwischen Nationalkultur und Organisationskultur zu untersuchen. Ausgehend von den USA ist das Konzept der Organisationskultur zu einem breiten Forschungsfeld mit zahlreichen Publikationen geworden. Organisationskultur, zu verstehen als ein Subsystem von Kultur, erfüllt wichtige Funktionen in Organisationen: Sie konstituiert die gemeinsame Identität der Organisationsmitglieder, gibt Orientierung und Entscheidungshilfen und prägt das Handeln der Mitarbeiter (Scholz 2000). Somit zeigt sie Koordinations-, Integrations- und sogar Motivationsfunktionen auf (Brown 1998). Im Sinne der konstruktiven Interkulturalität kann Organisationskultur als eine Ressource verstanden werden, die zur Erhöhung der Wertschöpfung der Organisation und der Zufriedenheit der Mitarbeiter beiträgt. Dies kann durch eine »starke« Organisationskultur begünstigt werden, in der eine hohe Kohärenz gemeinsamer Orientierungsmuster existiert, die Transaktionskosten verringert (Schreyögg 2003). Insofern ist Organisationskultur ein zentrales Element des Konstruktiven Interkulturellen Managements.
Bereichskultur ist eine bisher wenig erforschte (Sub-)Kultur. Sie betrifft kollektive Grundannahmen innerhalb eines Bereichs (Abteilung) einer Organisation, die sich in bereichsspezifischen Werten, Praktiken und Artefakten niederschlagen (Zander/Romani 2004; Sachseneder 2013). Diese Grundannahmen betreffen z. B. spezifische Ziele, Verhaltensweisen oder Sprachen von Funktionsbereichen wie Marketing, Forschung & Entwicklung, Vertrieb oder IT. Bereichskultur kann eine identitätsstiftende Wirkung für das Kollektiv bewirken, so auch durch Abgrenzung: »Wir im Marketing gegen die in der Entwicklung«. Die bereichskulturelle Identität speist sich primär aus diesen Aufgaben und Zielen eines Bereichs (Sachseneder 2013). In einem konstruktiven Verständnis von Interkulturalität können sie jedoch auch positive Auswirkungen aufweisen: Eigenheiten der Bereiche und ihre unterschiedlichen Sichtweisen erzeugen durch gegenseitige Reibung auch ein fruchtbares Spannungsverhältnis. Gelingt es Organisationen, konstruktiv mit Bereichskulturen umzugehen, so entstehen positive Impulse und bereichernde Diskussionen.
Berufskultur ist zu verstehen als eine »spezifische und relativ stabile Merkmalskombination aus Selbstbild und Rollenverständnis, professionellem Wissen, Kompetenzen, Erfahrung und Praktiken einer Gruppe von Menschen bezüglich ihrer Arbeit, die sich in bestimmten Arbeitskontexten über einen gewissen Zeitraum herausgebildet hat und die identitätsbildend ist (›Wir Ingenieure‹; ›Wir Informatiker‹; ›Wir Journalisten‹).« (Barmeyer 2012a, 28). Wenig deutet darauf hin, auch wenn sich naturwissenschaftlich und technisch geprägte Berufskulturen (wie z. B. Ingenieure) landesübergreifend scheinbar ähnlicher sind als geistes- und sozialwissenschaftlich geprägte, dass die Berufskulturen länderübergreifend homogen sind (D’Iribarne 2001). Zu verschieden sind die – national geprägten – Institutionen beruflicher Sozialisation (Maurice et al. 1986), die ihrerseits Werte und Praktiken widerspiegeln (Pateau 1998). Trotzdem ist es möglich, dass Angehörige einer bestimmten Berufskultur, aufgrund einer gemeinsamen beruflichen Basis, implizit kommunizieren und effektiv kooperieren können (Malin 2000). Für das Konstruktive Interkulturelle Management ist es bedeutend, dass Berufskulturen nicht an Nationen, Branchen, Organisationen oder Personen gebunden sind und somit ein verbindendes Verstehenselement über »Kulturgrenzen« hinweg darstellen können (Mahadevan 2008, 2011). So zeigt Chevrier (2012) bezogen auf internationale Teams, dass, trotz kultureller Unterschiedlichkeit und dem Einsatz von Fremdsprachen, Berufskulturen – und damit verbundene spezifische geteilte Einstellungen, Interessen, Denkweisen, Kompetenzen, Erfahrungen, Verfahren und Fachausdrücke – ein verbindendes Element sind, um erfolgreich interkulturell zu kommunizieren und zu kooperieren.
Somit bilden Nationen nach einem postmodernen Verständnis kein monolithisches, sondern ein heterogenes soziales System, das vielfältigen kulturellen Einflüssen ausgesetzt ist und deshalb viele Kulturen, Identitäten oder »Kollektive« (Hansen 2009) vereint: »The multiple cultures perspective acknowledges that individuals may identify with and hold simultaneous membership in several cultural groups.« (Sackmann/Phillips 2004, 378). Eine Person kann weiblich, jung und sportlich sein, der gesellschaftlichen Oberschicht angehören, als Ingenieurin in einer Forschungsabteilung eines deutschen Großunternehmens in der Chemiebranche arbeiten, als Führungskraft ein Team führen und einen italienischen Pass besitzen. Dieses Individuum führt also viele verschiedene Rollen aus und fühlt sich mehreren kulturellen Gruppierungen, wie Ingenieuren, Forschern, Führungskräften etc. zugehörig.
In manchen Situationen spielt dann beispielsweise eher die Zugehörigkeit zu einer Landes- oder Regionalkultur eine größere Rolle, in anderen eher die Zugehörigkeit zum Geschlecht, zur Organisations-, Bereichs- oder Berufskultur. Je nach Art der Aufgabe, der bisherigen Erfahrungen, der Interaktionssituation und des Interaktionskontextes treten in sozialen Interaktionen bestimmte Eigenschaften der Teammitglieder stärker in den Vordergrund als andere: »Some differences may matter more than others« (Milliken et al. 2003, 37). Hinsichtlich der Dimensionen der Vielfalt kann