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Wortbildung im Deutschen


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verschieben seien, oft dagegen argumentiert, dass diese Eigenschaft kriterial sei.

(18)a.weil in dieses Land dieses Jahr noch niemand gereist ist(Zeller 2002: 243)
b.*weil ein dieses Jahr noch niemand gereist ist
(19)a.weil auf diesen Wagen nichts geladen wurde(ibd.)
b.*weil auf noch nichts geladen wurde

      Dieses heterogene Verhalten führt z.B. Zeller (2002) dazu, V-Ptkn als hybride Kategorie zu identifizieren, die sich einmal wie Köpfe, ein anderes Mal wie Phrasen verhielten. Heine et al. (2010: 57–59) tendieren dazu, einen Status zwischen Wort und Phrase anzusetzen, ähnlich auch Ackermann/Webelhuth (1998). Stiebels/Wunderlich (1994:929) schlagen dagegen in einem lexikalistischen Ansatz vor, dass Pfx-Vn und Ptk-Vn beide auf die gleiche Weise lexikalisch gebildet würden, doch hätten Pfxe und Ptkn unterschiedliche inhärente Merkmale, die V-Ptkn syntaktisch transparent machen könnten:

(20)a.prefix verb: [ Y+min V ](⇒ Y cannot constitute a possible word)
b.particle verb: [ Y+max V ](⇒ Y enters the syntax as Y°)

      Das Merkmal [+max] werde nicht lexikalisch zugewiesen, sondern dann, wenn die Struktur [Y+max V] syntaktisch gebildet würde. Eines der Hauptargumente für die lexikalische Bildung stellt die Annahme dar, dass von Ptk-Vn Substantive abgeleitet werden könnten.

      Mit Ansätzen dieser Art mag die Separierbarkeit wie in (8), (9) und (10) erklärt werden können, selbst wenn man Ptk-Vn als lexikalische Bildungen ansehen möchte; das unterschiedliche Verhalten hinsichtlich der Verschiebung in Mittel- und Vorfeld sowie der Phrasenbildung bleibt jedoch ungeklärt. In verschiedenen Aufsätzen (z.B. Öhl 2013; Öhl/Falk 2011) argumentierte ich deshalb dafür, dass echte V-Ptkn stets als Köpfe im V-Komplex generiert werden; augenscheinliche Bewegungsoperationen sind m.E. entweder dadurch zu erklären, dass mit V-Ptkn homophone Phrasenköpfe vorliegen, oder dass Sprecher zu Konstituentenbewegungsstrukturen analoge, jedoch nicht regelbasierte Abfolgen bilden, die bei der Beurteilung stets Markiertheitswerte aufweisen.

      Im Folgenden werde ich zunächst dieses Modell skizzieren und dafür plädieren. Des Weiteren werde ich dafür argumentieren, dass die Annahme der lexikalischen Bildung von Ptk-V aufgrund der existierenden nominalen Wortbildungsprodukte nicht zwingend und somit eine syntaktische Rekategorisierung mithilfe eines Merkmals [+max] nicht notwendig ist.

      2.2 Kopfpositionen im Verbalkomplex

      Das hier verwendete Modell des V-Komplexes ist eng an solche wie z.B. von Haider (2010: 272f.) vorgeschlagen angelehnt:1Verbpartikel Sämtliche Verbformen (einschließlich des Finitums, wenn dieses sich in Basisposition befindet) bilden einen komplexen Kopf V°. Ein solches komplexes Prädikat kann sowohl die Inifinitivpartikel als auch die hier zur Diskussion stehenden V-Ptkn enthalten. Hierdurch ergibt sich eine bekannte Asymmetrie zwischen der DeutschenDeutsch und Englischen Partikelverbsyntax: Im Deutschen können nur ganze Verbalkomplexe inklusive Infinitivpartikel koordiniert werden, nicht, wie im Englischen, 2 Simplexverben, die durch eine adjungierte V-Ptk modifiziert werden, wo zudem die gesamte VP Komplement der Inifinitivpartikel in I° ist.

(21)a.Sie begannen [VP [ schön [ vor.zu.tanzen ] und [ *(vor.zu).singen] ] ].
b.They started [IP [I’ to [VP [V’ [V’ dance and sing ] up ] in a beautiful way ] ] ].

      Aus diesem Grund ist KOPFADJUNKTION der Partikel in einer höheren Position des komplexen Kopfes V° (bezeugt zumindest in manchen Mundarten) möglich, nicht jedoch in einer höheren Position der VP: Die Partikel ist eben keine Phrase und kann sich nicht in einer Phrasenposition im Mittelfeld befinden.

(22)a.%dass er das Licht schnell [ an hat schalten sollen]
b.*dass er das Licht [V’ an [V’ schnell [ hat schalten sollen] ] ]

      Es ist also ein zumindest nicht abwegiger Schluss, dass V-Ptkn Einträge als lexikalische Köpfe haben, die jedoch keine eigene Phrase projizieren, sondern, spezifiziert für bestimmte VerbenVerb, mit diesen syntaktisch ein komplexes Prädikat formen können.

      Was ist aber mit jenen Ptkn, die augenscheinlich doch in Form von Phrasen vorkommen und an anderen Stellen im Satz auftreten? Aus meiner Sicht ist anzunehmen, dass es sich hier um lexikalische Prädikate handelt, die zwar parallel zu homophonen Ptkn existieren, jedoch Phrasen projizieren, die dann resultative Interpretation haben. Sie sind separat modifizierbar, vorfeldfähig und, mit gewissen informationsstrukturellen Restriktionen, auch im Mittelfeld verschiebbar – wie andere Adverbiale gleicher Funktion.

(23)a.Ganz zu ist diese Tür noch nie gegangen.
b.Die Tür ist schon immer ganz zu nur mit Gewalt gegangen.
(24)a.weil in meinen Froschteich noch kein Stein gefallen ist
b.dass nämlich heraus noch nie ein Stein gefallen ist, hinein aber schon

      Auf diese Weise lassen sich auch Korpusbelege wie die von Müller (2002: 294) zitierten erklären, wo V-Ptkn augenscheinlich eine Phrase im Mittelfeld bilden.

(25)Andrew Halsey ist auf dem Weg von Kalifornien nach Australien [AdvP weit ab vom Kurs] gekommen.

      Dass die Wortstellung in dem Zeitungsbeleg (taz, 10.04.1999, S. 20) wohl nicht allen Lesern völlig unmarkiert vorkommt, liegt sicherlich daran, dass ab als Adverb in diesem Kontext etwas ungewöhnlich erscheint. Doch scheinen Sprecher eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Bereitschaft zu zeigen, auch nicht regulär generierbare Konstruktionen zu tolerieren, wenn sie sie zu dekodieren in der Lage sind. Auch in den folgenden Satzpaaren scheint die Akzeptanz der Sätze in (a) mit V-Ptkn im Vorfeld dadurch begründbar, dass diesen eine zumindest intuitiv plausible Interpretation gegeben werden kann, was in (b) nicht gut möglich ist.

(26)a.?Vor haben sie es nicht gehabt. (vs. Vorgehabt haben sie es nicht. ≈ etwas vor sich haben)2
b.*Auf ist ihm gar nichts gefallen. (vs. Aufgefallen ist ihm gar nichts. ≈ ?)
(27)a.?Ein haben sie das Heu geladen, aus das Stroh. (≈ das Heu ist darin)
b.*Ein haben sie die Banker geladen, aus die Linguisten. (≈ #die Banker sind darin)

      Zum Vergleich ein nicht grammatisch markierter Satz:

(28)Auf ging die Tür (, worauf sie (ganz) auf war).

      Besonders naheliegend scheint mir diese Art der Erklärung in Fällen, für die Heine et al. (2010: 41–46) eingeschränkte Vorfeldfähigkeit diagnostiziert haben. Folgende Korpusbelege zeigen V-Ptkn im Vorfeld von Sätzen mit dem Vollverb in der linken Klammer, die schlicht als ungrammatisch zu identifizieren sind, wenn sich dort stattdessen ein Auxiliar befindet.

(29)a.An fing alles am 2. Januar 1889, als …(Heine et al. 2010: 41f.)
b.Kennen lernten sich die beiden Mitte der 80er Jahre (…)
c.Richtig auf regt mich im Moment, wie der arme Gomez von den Medien fertig gemacht wird.
(30)a.*An hatte alles am 2. Januar 1889 gefangen, als …
b.*Kennen haben sich die beiden Mitte der 80er Jahre (…) gelernt.
c.*Richtig auf hat mich geregt, wie der arme Gomez von den Medien fertig gemacht wird.

      Ich habe deshalb vorgeschlagen (z.B. in Öhl 2013; Öhl/Falk 2011), dass Sprecher analog zu regelbasierten Strukturen lineare Abfolgen konstruieren können, die, obgleich sie markiert sind, doch akzeptiert werden, wenn Dekodierungskonflikte lokal, also dort, wo ein Regelverstoß vorliegt, ausgeglichen werden können. In den Beispielen in (29) ist dies die Abfolge Partikel>Vollverb, wo ja nur lineare Adjazenz vorliegt.

(31)Lizenzierung sprachlicher Strukturen(vgl. Öhl 2013: 349)
a.kompetenzbasiert, durch reguläre strukturbildende Operationen ODER
b.performanzbasiert, durch analogischen