K. R. Jaylin

Todestanz


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du dich so verzweifelt sehnst. Und nichts soll dich dann noch von mir trennen, Celicia. Wie sehr du dich jetzt auch sträuben magst, du wirst dich mir ergeben; am Ende wirst du von ganz allein zu mir kommen.“

      Es waren diese letzten Worte, welche sie in die Wirklichkeit zurückrissen und ihr bewusst machten, dass sie sich ein weiteres Mal von ihm umgarnen ließ. Ein Keuchen entwich ihr und sie riss sich von ihm los. Zitternd stand sie neben dem Bett und schüttelte heftig den Kopf.

      „Nein, ich will, dass du gehst! Ich brauche dich nicht! Ich bin stark genug, auch ohne dich!“

      Er erhob sich nun ebenso und musterte sie mit einem höhnischen Funkeln in den kalten Augen.

      „Wie du willst. Wir werden sehen, wer von uns beiden triumphieren wird, nicht wahr? Nur eines solltest du nie vergessen: ich mag im Moment sanft zu dir sein, doch ich kann auch anders. Denke immer daran.“

      Damit verließ er sie und kraftlos sank sie zurück auf ihr Bett. Ihr war unangenehm schwindelig und leicht übel.

      „Oh Gott, was geht nur vor sich? Ich habe Angst …!“

      Sie kauerte sich zusammen und versuchte, ein wenig Schlaf zu finden in der leisen Hoffnung, dies alles vielleicht nur geträumt zu haben.

      In den nächsten Tagen fiel jedem im Schloss auf, dass die junge Braut sich veränderte: sie war nachdenklich, schweigsam und sichtlich nervös. Leonard machte sich große Sorgen um sie und versuchte mehrmals, den Grund für ihr Verhalten zu erfahren, aber sie erwiderte nur, dass es ihr gut ginge und er sich keine Sorgen zu machen bräuchte. Hilflos musste er also zusehen, wie sie sich immer mehr von ihm zurückzog, und suchte verzweifelt nach einem Weg, sie aufzuheitern.

      Eines Morgens rief sein Vater ihn zu sich, und nachdem Leonard, aufs Schlimmste gefasst, zu ihm gekommen war, trat der König ans Fenster und sagte:

      „Mein Sohn, ich glaube, wir sollten mit deiner Hochzeit nicht länger warten. Die Königin ist nicht so schwer erkrankt, dass sie den Feierlichkeiten fernbleiben müsste; ich denke, sie muss sich nur an den Gedanken gewöhnen, dich aus den Händen zu geben. Du weißt, dass sie sich dein Leben lang sehr um dein Wohlergehen gesorgt hat und wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass sie ihre Fürsorge ein wenig übertrieben hat. Darum wäre es Unsinn, die ganze Angelegenheit nur wegen einer Laune deiner Mutter weiter aufzuschieben.“

      Leonard starrte seinen Vater verblüfft an.

      „Ich habe nicht erwartet, dass Sie sich gegen Mutter stellen würden, Vater. Es überrascht mich im gleichen Maße, wie es mich freut. Haben Sie denn schon entschieden, wann die Hochzeit stattfinden soll?“

      Albert trat an seinen Schreibtisch und reichte dem Prinzen ein Blatt Pergament.

      „Nimm dies und zeige es deiner Braut, Leonard. Ich denke, es wird sie aufheitern.“

      Leonard verneigte sich und eilte zur Tür, wo er noch einmal stehen blieb und sich zu seinem Vater umdrehte.

      „Ich danke Ihnen, Vater. Dies bedeutet mir sehr viel.“

      Albert nickte.

      „Ich weiß, mein Sohn. Und verzeih mir, dass ich nicht schon früher gehandelt habe.“

      Leonard lächelte nur und verließ dann das Zimmer. Albert sank in seinen Stuhl und blickte sorgenvoll zum Fenster. Nicht ohne Grund hatte er sich nun zum Handeln entschlossen: die Art, wie das Mädchen sich veränderte, hatte ihn sehr an die veränderte Gemütslage der Königin nach der Geburt ihres Sohnes erinnert und ihn erschreckt. Nur zu gut hatte er Eleonores jahrelangen Tiraden über den Tod noch in Erinnerung und fragte sich nun zum ersten Mal, ob in seinem Schloss vielleicht tatsächlich seit Jahren der Schwarze Prinz umherwanderte, ohne dass er es auch nur geahnt hatte. Langsam wandte er den Blick vom Fenster ab und versuchte sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, doch der Gedanke an die mögliche Gefahr für seine Familie spukte ihm dabei unaufhörlich im Kopf herum.

      Leonard fand seine Verlobte im Garten, wo sie gedankenverloren auf den kleinen See blickte. Als sie seine Schritte vernahm, hob sie überrascht den Blick.

      „Leonard! Was gibt es? Ist alles in Ordnung?“

      Sie wollte sich erheben, doch er war schneller und sank zu ihr auf die Bank. Er ergriff strahlend ihre Hände und antwortete:

      „Mir geht es bestens und ich denke, auch deine Stimmung wird sich gleich heben, mein Engel. Hier, lies dies.“

      Verwirrt nahm sie das Blatt entgegen und ihre Augen weiteten sich ungläubig.

      „Aber ...!“

      Sie sah auf und suchte fragend seinen Blick, als bräuchte sie Bestätigung für das, was sie da las. Als sie begriff, dass es kein Scherz war, stieß sie einen leisen Schrei aus und fiel ihm vor Freude weinend um den Hals.

      „Leonard! Oh, Leonard! Das ist wundervoll, ich kann es gar nicht glauben!“

      Er drückte sie eng an sein Herz und streichelte dabei sanft über ihr Haar.

      „Ich konnte es selbst kaum glauben, als mein Vater mich zu sich zitierte und mir dann dies eröffnete. Aber es ist seine Anordnung, Celicia, und damit gibt es nichts, was diesen Beschluss noch verhindern könnte. Noch ein Monat und wir werden endlich getraut.“

      Sie schmiegte sich an ihn und hatte das Gefühl, zu träumen.

      „Ich bin so glücklich! Ich dachte bereits, es würde nie dazu kommen, wo doch die Königin …“

      Sie brach ab und senkte ein wenig beschämt den Blick, doch Leonard meinte:

      „Es ist schon gut, du hast ja recht, mein Engel. Sie wollte es verhindern und hat sich deshalb darauf versteift, dass sie zu krank wäre. Es ist meine Schuld, dass es ihr überhaupt möglich war. Aber ich bin sicher, sobald wir beide erst einmal verheiratet sind, wird sie dich mit Sicherheit auch bald akzeptieren.“

      Sie seufzte wohlig.

      „Ich wünsche es mir sehr. Oh, ich könnte die ganze Welt umarmen!“

      Sie lächelte strahlend und er beugte sich vor, um sie auf die Stirn zu küssen. Als er sie anschließend erneut an sich drückte, fiel sein Blick auf die halb im Schatten verborgene Gestalt des Todes, welche auf der anderen Seite des Sees stand und zu ihnen blickte. Leonard löste sich deshalb von seiner Braut und machte ihr einen Vorschlag.

      „Vielleicht solltest du nun hineingehen und einen Boten entsenden, der es deiner Familie mitteilt; es wäre ihnen sicherlich lieber, wenn sie es vor der restlichen Bevölkerung erfahren.“

      Sie nickte und erhob sich sogleich, während ihre Wangen vor Aufregung glühten.

      „Ja, das ist eine gute Idee. Ich kann es nicht erwarten, es ihnen allen zu sagen!“

      Damit drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange und eilte fröhlich davon. Er sah ihr einen Moment mit einem warmen Gefühl im Herzen nach, ehe er sich erhob und über die Brücke des Sees auf seinen Freund zuging. Mit ausdrucksloser Miene sah der Tod ihm entgegen und lächelte kühl, als Leonard zu ihm trat.

      „Wie ich sehe, gibt es wohl Grund zur Freude.“

      Leonard nickte und drückte ihm das Pergament in die Hand. Während der Tod einen flüchtigen Blick darauf warf, meinte Leonard glücklich:

      „Ich fing schon an zu glauben, dass die ganze Angelegenheit zu keinem guten Ende mehr gebracht werden könne. Ich hätte nicht erwartet, dass mein Vater sich doch noch entschließt, einzuschreiten.“

      Die Miene des Todes blieb unergründlich, doch seine Haltung versteifte sich unmerklich.

      „Dies kommt in der Tat überraschend. Was mag ihn zu seinem plötzlichen Handeln bewogen haben?“

      Leonard ließ sich gegen den nächsten Baum sinken.

      „Was kümmert mich das? Was zählt ist nur, dass er es getan hat und meine Mutter nun aufhören muss mit ihren Versuchen, Celicia und mich zu entzweien.“

      Der Tod blieb ruhig, doch seine