K. R. Jaylin

Todestanz


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und jede Pein verblassen und die Welt um dich herum ins Nichts versinken.“

      Verwirrt und mit wild pochendem Herzen sah sie sich um.

      „Wer ist da? Hallo? Zeig dich mir!“

      Doch sie erhielt keine Antwort, und in diesem Moment trat ihre Amme zu ihr.

      „Kommen Sie endlich herein, Kind, Sie holen sich ja noch den Tod da draußen!“

      Celicia wollte etwas erwidern, da hörte sie ein gedämpftes Lachen und drehte sich wieder herum, um aufmerksam in die Finsternis zu spähen.

      „Hast du das gehört?“

      Fragend sah die ältere Frau sie an.

      „Was soll ich hören?“

      Celicia trat erneut an die Brüstung.

      „Da war eine Stimme, die mit mir sprach, sie klang so nah und irgendwie beruhigend; und dieses Lachen, gerade eben, als …“

      Mit wachsender Besorgnis musterte die Amme das Mädchen.

      „Sie sind übermüdet, mein armes Lämmchen. Zeit, dass wir Sie ins Bett stecken, es war ein aufregender Tag.“

      Nur widerwillig folgte Celicia ihr hinein und legte sich nieder. Kaum waren die Lichter erlöscht, hörte sie ein letztes Flüstern:

      „Träume süß, Celicia. Ich werde über dich wachen.“

      Zur selben Zeit lief Leonard rastlos in seinem Zimmer auf und ab. Seitdem er Celicias Gemach verlassen hatte, nahm die Unruhe in ihm mehr und mehr zu. Er wusste, es gab nur einen, der ihm Trost spenden konnte und so wartete er mit wachsender Verzweiflung auf seinen unheilvollen Freund. Als dieser gegen Mitternacht endlich durch die geöffnete Balkontür in sein Zimmer trat, rief Leonard erleichtert:

      „Du kommst, oh ich danke dir, du hast mich nicht vergessen!“

      Der Tod ließ den Jungen zu sich kommen und ergriff dann seinen Arm, um ihn zu seinem Bett zu führen. Dort wartete er, bis sein Schützling sich niedergelegt hatte, ehe er sich zu ihm setzte und ihn aufmerksam musterte.

      „Was bedrückt dich so sehr, dass es dich wach hält, mein Lieber? Du wirkst sehr verzweifelt, dabei hast du dich gerade mit einer schönen Frau verlobt und solltest himmelhoch jauchzend sein - stattdessen sehe ich dich sehr betrübt vor mir.“

      Leonard umklammerte seine Hand.

      „Ich weiß nicht, was mich so ängstigt; ich habe einfach das Gefühl, sie ins Unglück zu stürzen, oh Gott, ich darf nicht daran denken, was wird!“

      Er wandte sich ab und der Tod musterte ihn mit nachdenklichem Blick.

      „Mein armer Leonard, es quält dich zu wissen, wie deine Mutter zu dem Mädchen steht. Doch du weißt, sie wird sich nicht ändern. Sie ist eifersüchtig auf das Mädchen und will dich nicht an sie verlieren. Es liegt bei dir, mein Freund. Du musst entscheiden, wie du dich ihr entgegenstellst. Entweder du siehst sie weiter als deine Mutter und bemühst dich, sie zu besänftigen, oder du musst hart sein und sie dazu zwingen, deinem Glück nicht länger im Wege zu stehen.“

      Leonard schwieg hierauf und der Tod beugte sich langsam über ihn, um ihn tröstend in seine Umarmung zu ziehen.

      „Du weißt, ich bin dir nah. Ich werde bei dir sein, was immer du auch tust. Jedoch kann ich dich nicht davor bewahren, diese Entscheidung selbst fällen zu müssen. Nur du weißt, was dich glücklich macht. Ich kann dich begleiten, dich trösten, wenn deine Verzweiflung dich zu verschlingen droht, doch deinen Weg suchen musst du dir allein.“

      Leonard nickte und antwortete gepresst:

      „Ich kann mich nicht gegen die Königin stellen, auch wenn sie mir nie wirklich nahe war. Sie ist dennoch meine Mutter und ich möchte, dass sie meine Braut akzeptiert. Es muss möglich sein, sie zu besänftigen.“

      Der Tod zeigte keine sichtliche Reaktion darauf, doch seine Augen funkelten triumphierend.

      „Dann musst du dich bemühen, Leonard. Lass sie teilhaben an deinem Glück und versuche, ihr die Augen zu öffnen. Das ist alles, was du noch tun kannst.“

      Die nächsten Wochen waren eine harte Zeit für die Mitglieder des Königshauses, denn noch immer konnte Eleonore sich nicht dazu durchringen, das Mädchen als künftige Gemahlin ihres Sohnes zu akzeptieren und verhielt sich deshalb weiterhin abweisend. Die Warnung des Todes lag ihr darüber hinaus noch gut in den Ohren und dies trieb sie nur noch mehr in ihrem Widerstand an.

      Celicia selbst versuchte so gut es ging, tapfer zu sein und sich nicht durch ihre baldige Schwiegermutter einschüchtern zu lassen. Die Tatsache, dass König Albert ihr sehr zugetan war, machte es ihr einerseits leichter, andererseits schien dies Eleonores Abneigung noch zu verstärken. Ihr einziger Trost war Leonard und die Tatsache, dass sie nicht ewig unter der Königin stehen und so eines Tages nicht mehr auf deren Segen angewiesen sein würde.

      Allerdings betrübte es sie sehr, Leonard in einer solch verzwickten Lage zu sehen: er bemühte sich unermüdlich, ihr zur Seite zu stehen und gleichzeitig auch seine Mutter zu versöhnen. Diese ganzen Anstrengungen ließen ihn jedoch im Laufe der Wochen immer unglücklicher und deprimierter erscheinen, so dass Celicia begann, sich ernsthaft Sorgen um ihn zu machen. Deshalb sagte sie eines Morgens bei einem Spaziergang zu ihm:

      „Du solltest aufhören, es allen recht machen zu wollen, Leonard. Das brauchst du nicht. Ich finde es sehr mutig und hochanständig von dir, dass du deine Mutter umstimmen willst und dieses Bestreben solltest du auch nicht aufgeben. Doch macht es dich ganz krank, nebenbei auch mir ständig beistehen zu müssen, deshalb nimm meinen Rat an. Oder nein, es ist vielmehr eine Bitte: denke nicht an mich, ich komme zurecht. Ich werde die Launen der Königin ertragen, solange es nötig ist. Denn ich weiß, dass du mich liebst und dieses Wissen allein ist mir genug. Ich werde auch ohne dich gegen sie bestehen können, da bin ich sicher.“

      Er sah sie einen Moment schweigend an, ehe er sich abwandte.

      „Was für ein Mann wäre ich, wenn ich zu meiner Mutter stünde, aber nicht zu dir? Das kann ich dir nicht antun, Celicia.“

      Sie ergriff seine Hand und zog ihn zu sich.

      „Du bist sehr tapfer und es rührt mich zutiefst, dass du mich nicht im Stich lassen willst, Liebster. Aber ich sehe tagein, tagaus, wie dich diese Sache quält und das ertrage ich einfach nicht. Deshalb flehe ich dich an, lass mich außen vor. Ich habe keine Angst vor der Königin und werde mich nicht von ihr verjagen lassen. Doch wenn du mich halten willst, dann höre auf, dich selbst zu zerstören. Ich möchte mit dir leben und nicht all unsere Zeit damit verschwenden, gegen andere zu kämpfen.“

      Langsam legte er seine Arme um sie.

      „Also gut, ich werde darüber nachdenken. Aber ich bitte dich, mein Engel, lass es mich wissen, wenn du mich brauchst. Ich werde dich niemals im Stich lassen, wenn du mich an deiner Seite haben willst.“

      Damit küsste er zärtlich ihre Stirn und verließ sie nach einer knappen Verbeugung. Wehmütig sah Celicia ihm nach und fragte sich, wie sie Leonard nur davor bewahren sollte, sich selbst weiter zu verlieren.

      Es vergingen weitere drei Monate, in denen die Spannungen anhielten. Celicia wurde mittlerweile ständig von der Königin zu sich zitiert, wo diese voller Kritik über die Umgangsformen und Manieren des Mädchens war. Celicia ließ jeden Vortrag schweigend über sich ergehen und nahm auch die vielen Stunden hin, in denen sie nun von einer Gouvernante streng Eleonores Wünschen entsprechend erzogen werden sollte.

      Nach einem besonders schlimmen und demütigenden Nachmittag entfloh Celicia bei der Abenddämmerung weinend in den großen Park in der Nähe des Waldes, wo sie sich zwischen den Büschen zusammenkauerte und versuchte, ihre Tränenflut zu stoppen, für die sie sich schämte. Da fiel mit einem Mal ein Schatten über sie, und als sie aufsah, kniete ein junger Mann vor ihr und wischte mit sanfter Berührung ihre Tränen fort.

      „Sie ist so grausam zu dir, nicht wahr? Sie kann es nicht ertragen, dich in ihrer Nähe zu