K. R. Jaylin

Todestanz


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Dorn im Auge, nicht wahr? Was willst du nun tun, Eleonore? Du wirst sie nicht wieder los.“

      Die Königin fühlte sich erschöpft.

      „Verschwinde einfach, ich möchte mich ausruhen.“

      Langsam richtete der Tod sich auf und ergriff ihre rechte Hand. Widerwillig ließ sie sich zu ihm ziehen und sank kraftlos auf den Rand ihres Bettes.

      „Geh einfach, ich brauche dich nicht.“

      Doch seine schlanken Finger lösten bereits ihre langen, schwarzen Haare aus dem Knoten und scheinbar gedankenverloren berührte er die samtenen Strähnen.

      „Sie wird Leonard ins Unglück stürzen, und du weißt es. Und nichts ist schlimmer, als zu wissen, welch Unheil heraufzieht, jedoch hilflos zusehen zu müssen. Nichts tun zu können, um es zu verhindern. Ich verstehe deine Sorge, Eleonore. Und ich muss dir sagen, dass sie nicht unbegründet ist. Durch sie wird er mir zum Opfer fallen, früher als dir lieb ist. Sie wird ihn zu mir führen.“

      Verzweifelt flüsterte sie:

      „Warum quälst du mich? Hast du mich nicht schon genug durchleiden lassen?“

      Er war dicht hinter sie gerückt und ließ seine Hände beinahe zärtlich über ihre Arme, ihre Brüste und ihren Rücken wandern, so leicht, dass er sie kaum berührte; Eleonore erschauerte, während er antwortete:

      „Ich kann dich nicht ziehen lassen, solange dein Mann und dein Sohn noch am Leben sind. Du weißt, dass ich sie nicht verschonen kann.“

      Sie schloss die Augen, hin und her gerissen zwischen dem unwilligen Verlangen, das er durch seine Berührungen in ihr weckte und dem Wunsch, ihm endgültig zu entfliehen.

      „Du wirst uns alle ins Unglück stürzen, dafür verfluche ich dich …!“

      Er lachte leise und erwiderte nah an ihrem Ohr:

      „Und doch kannst du dich mir nicht entziehen; dein Leben ist so endlos und leer, dass du anfängst, dich nach mir zu sehnen. Und ich bin hier, Eleonore. Das sollte dir im Moment genügen.“

      Der Griff seiner Hände wurde stärker und er fügte wissend hinzu:

      „So sehr du dir auch wünschst, dich von mir abzuwenden, du wirst mir immer geweiht sein. Du kannst mir nicht entkommen, das hättest du dir von Anfang an bewusst machen müssen. Doch nun ist es für ein Zurück zu spät und du musst den von dir gewählten Weg allein bis zum Ende gehen. Wohl wissend, dass letztendlich ich gewinnen werde.“

      Mit diesen Worten löste er sich von ihr und stand auf.

      „Wenn du deinen Sohn schützen willst, wirst du dich anstrengen müssen. Auf meiner Seite ist die Zeit - ich kann warten.“

      Damit verschwand er in der Dunkelheit und Eleonore sank hilflos in die Kissen, nicht wissend, was sie nun tun sollte.

      Still standen sie beieinander und genossen es, einander einfach nur im Arm zu halten. Eine leichte Brise wehte über Celicias Balkon und bereitete ihr eine Gänsehaut. Schützend legten sich Leonards Arme enger um sie.

      „Frierst du, mein Engel?“

      Sie schüttelte den Kopf.

      „Nicht wirklich. Und außerdem wärmen mich deine Arme genug.“

      Sie sah lächelnd zu ihm auf und er seufzte wohlig.

      „So furchtbar die Auseinandersetzung mit meiner Mutter auch war, es hat sich gelohnt, standhaft zu bleiben. Doch muss ich zugeben, wäre mein Vater nicht dazugekommen und hätte mir zur Seite gestanden, hätte die Königin mich vielleicht doch bezwungen.“

      Celicias Blick wurde wehmütig.

      „Ich weiß nicht, was ich der Königin getan habe. Bei meiner Ankunft hat sie mich mit einer Kälte angesehen, dass mir richtig bange wurde.“

      Leonard meinte tröstlich:

      „Sie ist eben ein wenig schwierig, aber sei unbesorgt, ihre Ablehnung richtet sich nicht direkt gegen dich. Es sind die Umstände, welche sie so reizbar machen. Sie wollte nicht, dass ich mich verlobe. Ebenso wenig schmeckt es ihr, dass ich mich nicht einfach ihrer Anweisung gebeugt habe. Ich habe ihr widersprochen und am Ende sogar Erfolg damit gehabt. Es wird vermutlich eine ganze Weile dauern, bis sie mir das verziehen hat.“

      Celicia seufzte und löste sich von ihm, um sich umzudrehen. Sanft berührte sie sein Gesicht, woraufhin er die Augen schloss.

      „Ich weiß, es gehört sich nicht, über so etwas Intimes zu sprechen, ehe wir nicht verbunden sind. Aber ich möchte, dass es dir bewusst ist, Leonard: ich liebe wirklich dich als Mann und nicht deine Krone. Das klingt vielleicht albern, aber ich habe bereits erlebt, wie es Menschen erging, die aus materiellen Gründen zusammengefunden haben.“

      Leonard schluckte schwer und erwiderte ein wenig beschämt:

      „Ich freue mich über deine offenen Worte weit mehr als du ahnst, Celicia. Niemals hat mir bisher jemand gesagt, dass er mich liebt; umso glücklicher macht es mich, dir dasselbe sagen zu können. Ich liebe dich aus tiefstem Herzen und bin unendlich dankbar, dich an meiner Seite zu haben.“

      Plötzlich schmiegte sie sich an ihn, so dass ihm die Röte in die Wangen stieg. Ihre Stimme war nur ein Flüstern.

      „Das macht mich froh. Ich bin glücklich, bei dir und nicht von meinen Eltern mit diesem schrecklichen Grafen verlobt worden zu sein.“

      Er legte seine Arme eng um sie.

      „Und ich erst.“

      Darüber musste sie kichern.

      „Sie sollten nicht ein solch niederes Gefühl wie Eifersucht empfinden, Hoheit. Das passt nicht zum Sohn eines Königs.“

      Leonard erwiderte nachdenklich:

      „Vielleicht ist das wahr, jedoch habe ich mich nie als etwas Besonderes gesehen. Vielmehr gab man mir das Gefühl, unbeholfen und wehrlos zu sein und aus diesem Grund sehe ich mich immer wieder gezwungen, an mir selbst und meiner Bestimmung zu zweifeln.“

      Celicia sagte liebevoll:

      „Dann höre in Zukunft nur noch auf mich, mein Liebster. Ich sehe viel in dir, was der Welt vermutlich noch verborgen ist. Doch ich weiß, dass du eines Tages ein großer König sein wirst. Du wirst über dich selbst hinauswachsen, wenn du nur daran glaubst.“

      Er fand keine Worte, die er darauf erwidern konnte, und küsste deshalb ihre Stirn, ihre Wangen und murmelte ihren Namen, während er sie hielt. In diesem Moment war er sicher, mit ihr an seiner Seite doch noch glücklich werden zu können.

      Gedankenverloren stand Celicia ein wenig später allein auf dem Balkon und blickte zum sternenübersäten Himmel hinauf. Sie dachte über die überraschenden Entwicklungen in ihrem Leben nach und seufzte wohlig. Sie war sehr glücklich darüber, einen Mann wie Leonard zum Gemahl zu bekommen, jemanden, den sie wirklich lieben konnte. Der Kronprinz hatte sie vor einer lieblosen Ehe gerettet, deren Arrangement sich gerade anzubahnen drohte, als Leonard ihr auf dem Ball mit einem Mal den Hof gemacht hatte. Natürlich war es keine Frage gewesen, dass der künftige König einem einfachen Grafen vorzuziehen sei, nein, es wäre sogar vollkommen undenkbar gewesen, ihm einen Korb zu geben. Aber Celicia fügte sich gern in ihr Schicksal, denn sie war sicher, an Leonards Seite ein gutes Leben führen zu können.

      Allerdings hatte die offene Ablehnung durch die Königin sie ein wenig verschreckt. Langsam senkte sie nun den Blick auf ihren Verlobungsring.

      „Bin ich dem Ganzen denn wirklich gewachsen? Kann ich wirklich neben der Königin bestehen? Oh, ich ahne Schlimmes!“

      Wehmütig schaute sie in die dunklen Gärten hinab.

      „Ich weiß, dass Leonard mich glücklich machen kann, doch was soll ich tun, wenn seine Mutter ihre abweisende Haltung beibehält? Allein der Gedanke ist mir unerträglich.“

      Sie fröstelte, als sie mit einem Mal eine leise Stimme aus der Dunkelheit vernahm.